Cotton Malone 04 - Antarctica
wie vor kurzem du.«
Dorothea wartete.
»Einem Amerikaner zu vertrauen.«
44
Aachen
Malone packte Christl und floh aus der Michaelskapelle ins äußere Polygon. Er wandte sich zur Eingangshalle mit dem Hauptportal.
Aus der Michaelskapelle drangen weitere Schläge.
Malone gelangte zum Hauptportal, das sich, wie er hoffte, vielleicht von innen würde öffnen lassen, hörte dort aber ein Geräusch: Jemand zwang von außen den Riegel auf. Offensichtlich arbeitete Beilgesicht nicht allein.
»Was ist los?«, fragte Christl leise.
»Unsere Freunde von gestern Nacht haben uns gefunden. Sie sind uns schon den ganzen Tag gefolgt.«
»Und das erwähnen Sie erst jetzt?«
Er floh aus der Eingangshalle und trat wieder ins Oktogon. Mit den Augen suchte er das Kircheninnere ab. »Ich dachte mir, dass Sie nicht mit Details belästigt werden wollten.«
»Details?«
Er hörte, wie die Tür in der Michaelskapelle nachgab. Hinter ihm machte das Quietschen alter Angeln klar, dass auch das Hauptportal geöffnet worden war. Er erspähte die Treppe, und sie stürzten sich die gewundenen Stufen hinauf, nicht mehr vorsichtig, sondern nur noch auf Schnelligkeit bedacht.
Von unten hörte er Stimmen und gab Christl ein Zeichen, sich still zu verhalten.
Er musste Christl an einem sicheren Ort unterbringen, sie konnten ja nicht einfach in der oberen Galerie herumspazieren. Vor ihm stand der Kaiserthron. Unter sechs Steinstufen und dem Thronaufsatz mit dem roh gefertigten Marmorsitz lag eine dunkle Öffnung, wo, so rief er sich die Erläuterungen der Führerin in Erinnerung, früher einmal Pilger hindurchgekrochen waren. Unter dem Altar, der hinter dem Thron herausragte, befand sich eine weitere Öffnung, die von einer Holztür mit Eisenklammern versperrt wurde. Er gab Christl einen Wink, unter den Thron zu kriechen. Sie reagierte mit einem fragenden Blick. Er war nicht in der Stimmung für Argumente, und so zerrte er sie zur Eisenkette und zeigte auf die Öffnung, unter die sie kriechen sollte.
Mund halten, zischte er ihr lautlos zu.
Auf der Wendeltreppe waren Schritte zu hören. Ihnen blieben nur noch einige wenige Sekunden. Christl schien die Notlage zu begreifen, gab nach und verschwand unter dem Thron.
Er musste die Angreifer weglocken. Als Christl und er selbst vorhin die obere Galerie in Augenschein genommen hatten, war ihm ein vorspringendes Gesims aufgefallen, das sich über den unteren Bögen entlangzog und das untere Geschoss vom oberen absetzte. Es war breit genug, um darauf zu stehen.
Vorsichtig kroch er am Thron vorbei, umrundete den Thronaufsatz und sprang über das hüfthohe Bronzegelände. Den Rücken aufrecht gegen einen der Pfeiler gedrückt, die die acht Bögen des inneren Oktogons trugen, hielt er auf dem Gesims das Gleichgewicht. Zum Glück handelte es sich um einen mehr als meterbreiten Doppelpfeiler, was bedeutete, dass er über einen Meter Marmor zwischen sich und den Angreifern hatte.
Gummisohlen auf dem Boden der oberen Galerie!
Nun fragte er sich doch, was er da eigentlich trieb, auf diesem gerade einmal zwei Dutzend Zentimeter breiten Band, eine Waffe mit nur fünf Schuss in der Hand und einen sechs Meter tiefen Abgrund unter sich. Er riskierte einen Blick und entdeckte zwei Gestalten auf der anderen Seite des Throns. Einer der Bewaffneten drang weiter vor, der andere bezog hinter dem Thron Posten – der eine machte einen Vorstoß, der andere gab ihm Deckung. Die Taktik zeigte, dass es sich um Profis handelte.
Malone drückte den Hinterkopf gegen den Marmor und sah über das Oktogon hinweg. Das Licht aus den Fenstern hinter dem Thron fiel auf die glänzenden Pfeiler der Seite gegenüber, und der Schatten des Kaiserthrons zeichnete sich verschwommen, aber deutlich genug ab. Nun bewegte sich ein weiterer Schatten hinter dem Thron vorbei und näherte sich der Seite, auf der Malone stand.
Er musste den Angreifer noch näher zu sich locken.
Vorsichtig steckte er die linke Hand in seine Jackentasche und fand eine Euromünze aus dem Restaurant. Er holte sie heraus, führte die Hand nach unten und warf die Münze sanft drei Meter weiter auf das Gesims vor dem Nachbarpfeiler. Die Münze traf klimpernd auf und fiel dann nach unten auf den Marmorboden, von wo ein Klirren durch die Stille hallte. Er hoffte, dass der Angreifer merken würde, wer das Geräusch verursacht hatte, hervorkommen und nach links schauen würde, während Malone von rechts zuschlug.
Aber das ließ die Frage offen, was der zweite Mann
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