Cotton Malone 05 - Der Korse
brachte einen Zeitungsausschnitt zum Vorschein. »Dann sollten Sie das hier sehen. Es stammt von Seite 12A. Die Spalte oben rechts.«
Sie überflog rasch die Zeilen, die von einem Diebstahl berichteten, der am Vortag im Musée de l’Armée des Hôtel des Invalides stattgefunden hatte. In einer der wegen Renovierungsarbeiten gesperrten Galerien hätten Diebe einen Gegenstand aus der Napoleonausstellung gestohlen.
Ein Buch.
Das Königreich der Merowinger 450 -751 n. Chr.
Bedeutsam sei das Objekt nur, weil es eigens im Testament von Kaiser Napoleon erwähnt worden sei, ansonsten sei es aber nicht besonders wertvoll und nur deshalb sei es überhaupt in der Galerie verblieben. Das Museumspersonal sei dabei, die verbliebenen Ausstellungsstücke durchzugehen, um sich zu vergewissern, ob sonst noch etwas gestohlen worden sei.
Sie starrte Thorvaldsen an. »Wie können Sie wissen, dass diese Information wichtig für mich ist?«
»Wie ich Ihnen bereits in Ihrem Château gesagt habe, habe ich Sie beide sehr genau beobachtet.«
Thorvaldsens Warnung vom Vortag klang ihr in den Ohren.
Wenn ich mich nicht in ihm irre, wird er Ihnen erklären, dass er das Gesuchte nicht finden konnte – dass es nicht da war oder eine andere derartige Entschuldigung.
Und genau das hatte Graham Ashby ihr gesagt.
50
Malone kletterte durch eine Bodenöffnung in die Laterne. Kalte Luft und Sonnenlicht begrüßten ihn, als er über der Kuppel der Kirche in den strahlend hellen Mittag hinaustrat. Der Ausblick war in alle Richtungen überwältigend. Im Norden wand die Seine sich durch die Stadt, im Nordosten erhob sich der Louvre, und der Eiffelturm ragte keine drei Kilometer südlich auf.
Stephanie folgte ihm nach oben. Der Mann vom Sicherheitsdienst kam als Letzter hoch, blieb aber auf der Leiter stehen und schaute nur mit Kopf und Schultern heraus.
»Ich hatte beschlossen, die Kuppel selbst zu untersuchen«, berichtete der Mann. »Dort habe ich nichts gefunden, aber ich wollte eine rauchen, und so bin ich hier hochgestiegen und habe das da gesehen.«
Malone folgte dem Fingerzeig des Mannes und erblickte ein blaues Kästchen von vielleicht zehn auf zehn Zentimetern, das an der Decke der Laterne befestigt war. Jeder der vier Fensterbögen der Laterne war mit einem dekorativen Messinggeländer versehen. Vorsichtig stieg Malone auf eines der Geländer und war nun nur noch wenige Zentimeter von dem Kästchen entfernt. Er erblickte einen dünnen Draht, vielleicht dreißig Zentimeter lang, der auf einer Seite in den Wind hinausbaumelte.
Er sah Stephanie an. »Das ist ein Transponder. Ein Funkfeuer, das dem Flugzeug den Weg weist.« Er riss das Gerät los, das mit starkem Klebeband befestigt war. »Es wird per Fernaktivierung gestartet. Das kann nicht anders sein. Aber es hier zu platzieren – alle Achtung, das war nicht leicht.«
»Für Peter Lyon ist das kein Problem. Er hat schon schwierigere Dinge bewerkstelligt.«
Noch immer den Transponder in der Hand, sprang Malone vom Geländer herunter und stellte das Gerät mit einem Schalter an der Seite aus. »Das sollte ihm die Sache erschweren.« Er reichte Stephanie das Kästchen. »Dir ist bewusst, dass das viel zu einfach läuft.«
Er sah, dass sie ihm zustimmte.
Malone trat zu einem anderen Fenster und blickte auf einen leeren Platz vor der Südfassade der Kirche hinunter, wo mehrere Straßen zusammenliefen. Wegen Weihnachten ruhte ein beträchtlicher Teil des Alltagsverkehrs. Um niemanden auf dem nahegelegenen Eiffelturm zu alarmieren, der ungehinderte Sicht auf Les Invalides bot, hatte die Polizei die Straßen nicht abgesperrt.
Er erblickte einen hellen Kleintransporter, der auf dem Boulevard des Invalides nordwärts fuhr. Und zwar ungewöhnlich schnell. Das Fahrzeug bog nach links ab und raste auf die Avenue de Tourville, die quer zum Haupteingang des Invalidendoms verlief.
Stephanie bemerkte, wo Malone hinsah.
Der Kleintransporter fuhr langsamer, schlug nach rechts ein, verließ die Straße und holperte einige wenige Steinstufen zum Haupteingang der Kirche hoch.
Stephanie griff nach ihrem Funkgerät.
Das Fahrzeug ließ die Stufen hinter sich und schoss auf einem Fußgängerweg zwischen Streifen von Wintergras vorwärts. Am Fuße weiterer Stufen bremste es quietschend ab.
Die Fahrertür ging auf.
Stephanie schaltete ihr Funkgerät ein und nahm Verbindung auf, doch bevor sie noch ein Wort sagen konnte, stürzte ein Mann aus dem Fahrzeug und rannte zu einem Wagen, der auf der
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