Cotton Malone 05 - Der Korse
Die Hakennase und das Kinn erinnerten sie an einen Habicht, und für Paolo Ambrosi schien das auch das angemessene Symbol zu sein.
Sie wurde nach drinnen gebeten.
»Was kann ich heute für Sie tun?«, fragte Ambrosi mit ruhiger Stimme.
»Immer direkt zur Sache.«
»Sie sind eine bedeutende Persönlichkeit. Zeit ist kostbar. Ich vermute, dass Sie nicht wegen Kleinkram an Weihnachten zu mir kommen.«
Sie hörte, was unausgesprochen mitschwang. »Und das Honorar bezahle, das Sie verlangen?«
Er nickte leicht mit dem Kopf, der mindestens eine Nummer zu klein für den restlichen Körper war.
»Diese Sache ist speziell«, sagte sie. »Sie muss schnell erledigt werden.«
»Definieren Sie schnell. «
»Noch heute.«
»Ich nehme an, Sie haben die Informationen, die ich für eine angemessene Vorbereitung brauche.«
»Ich führe Sie direkt zum Zielobjekt.«
Ambrosi trug einen schwarzen Rollkragenpullover, einen schwarzgrauen Tweedmantel und dunkle Cordhosen, Kleidung, die stark von seiner hellen Haut abstach. Sie fragte sich, was diesen grimmigen Mann antrieb, begriff aber, dass das wahrscheinlich eine lange Geschichte war.
»Bevorzugen Sie irgendeine Methode?«, fragte er.
»Ich will nur, dass es schmerzhaft ist und langsam geht.«
In seinen kühlen Augen stand kein Humor. »Sein Verrat muss unerwartet gekommen sein.«
Sie wusste seine Fähigkeit zu schätzen, ihre Gedanken zu erraten. »Um das Mindeste zu sagen.«
»Ist Ihr Bedürfnis nach Sühne so groß?«
»Maßlos.«
»Dann werden wir für eine vollständige Absolution sorgen.«
Sam griff nach seinem Handy und wählte. Sein Gegenüber nahm rasch ab.
»Was ist, Sam?«, fragte Stephanie.
»Ich habe Ashby.«
Er berichtete genau, was seit seinem Aufbruch vom Eiffelturm geschehen war.
»Sie hatten keinen Auftrag, Ashby zu folgen«, stellte Stephanie klar.
»Und es war auch nicht geplant, dass ein Flugzeug in den Turm fliegt.«
»Ich weiß Ihren Einfallsreichtum zu schätzen. Bleiben Sie, wo Sie sind …«
Henrik nahm Sam das Handy ab. Offensichtlich wollte sein Freund mit Stephanie Nelle sprechen, und da Sam wissen wollte, wieso, trat er zurück und hörte zu.
»Gut zu wissen, dass die amerikanische Regierung die Situation im Griff hat«, sagte Thorvaldsen.
»Und ich freue mich ebenfalls, mit Ihnen zu reden, Henrik«, antwortete Stephanie in einem Tonfall, der signalisierte, dass sie zum Kampf bereit war.
»Sie haben sich in meine Angelegenheiten gemischt«, sagte er.
»Ganz im Gegenteil. Sie haben sich in die unseren gemischt.«
»Wie kann das sein? Nichts von alledem betrifft die USA.«
»Seien Sie sich da nicht so sicher. Sie sind nicht der Einzige, der sich für Ashby interessiert.«
Das war ein Schlag. Er hatte so etwas zwar schon vermutet, aber gehofft, dass er sich irrte. »Er ist wertvoll für Sie?«
»Ihnen ist klar, dass ich das weder bestätigen noch abstreiten kann.«
Er brauchte gar kein Eingeständnis. Was gerade beim Eiffelturm geschehen war, erklärte alles. »Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, was hier vor sich geht.«
»Sagen wir einfach nur, dass hier mehr auf dem Spiel steht als Ihre Rache.«
»Nicht für mich.«
»Hilft es Ihnen, wenn ich Ihnen sage, dass ich Sie verstehe? Dass ich an Ihrer Stelle dasselbe tun würde?«
»Trotzdem haben Sie sich eingemischt.«
»Wir haben Ihnen das Leben gerettet.«
»Sie haben Ashby das Buch gegeben.«
»Was eine gute Idee war. Es hat ihn in Sicherheit gewiegt. Zu Ihrem Glück, wie ich hinzufügen könnte, sonst wären Sie jetzt tot.«
Er war nicht in der Stimmung, dankbar zu sein. »Cotton hat mich verraten. Ich habe im Moment nicht die Zeit, mich mit dieser Enttäuschung zu befassen. Aber ich werde es tun.«
»Cotton hat seinen Verstand benutzt. Das sollten Sie ebenfalls tun, Henrik.«
»Mein Sohn ist tot.«
»Daran brauchen Sie mich nicht zu erinnern.«
»Anscheinend doch.« Er machte eine Pause, holte tief Luft und versuchte, sich zu beruhigen. »Das ist meine Angelegenheit, nicht Ihre, nicht Cottons und nicht die der US-Regierung.«
»Henrik, hören Sie mir zu. Hier geht es nicht um Sie. Wir haben es hier mit einem Terroristen zu tun. Mit einem Mann namens Peter Lyon. Schon seit einem Jahrzehnt versuchen wir, ihn zu fassen zu bekommen. Jetzt ist er endlich aus seiner Deckung gekrochen. Sie müssen uns das zu Ende bringen lassen. Aber dafür brauchen wir Ashby.«
»Und wenn es vorbei ist? Was geschieht dann mit dem Mörder meines Sohnes?«
Am anderen Ende der
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