Cotton Malone 05 - Der Korse
schienen.
Sam schlich ebenfalls in diese Richtung …
Malone sah auf die Uhr. Wind rüttelte den Hubschrauber, und Regen strömte an den Scheiben herunter. Malone war ganz in das Heulen der Rotoren versunken. Unter ihnen zog Paris vorbei, während sie nordwärts zur Vorstadt Saint-Denis flogen.
So hilflos hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt.
Stephanie sah auf die Uhr und streckte vier Finger hoch. Keine fünf Minuten mehr.
Thorvaldsen wusste, dass er rasch handeln musste, aber er wollte, dass dieser Dreckskerl erfuhr, warum er sterben sollte.
»Vor zwei Jahren«, sagte er. »In Mexico City. Mein Sohn war einer der sieben Menschen, die an diesem Tag getötet wurden. Bei einer Schießerei, die Sie befohlen hatten. Amando Cabral führte den Auftrag aus. Für Sie. Ihn habe ich schon erledigt. Jetzt sind Sie an der Reihe.«
»Herr Thorvaldsen, Sie irren sich vollkommen …«
»Versuchen Sie es gar nicht erst«, sagte Thorvaldsen mit erhobener Stimme. »Beleidigen Sie mich oder das Gedächtnis meines einzigen Sohnes nicht mit Lügen. Ich weiß bis ins kleinste Detail, was damals passiert ist. Ich jage Sie seit zwei Jahren. Und jetzt habe ich Sie.«
»Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was Cabral tun würde. Das müssen Sie mir glauben. Ich wollte einfach nur die Staatsanwaltschaft einschüchtern.«
Thorvaldsen trat zurück, dichter an François’ Grabmonument heran, um dessen reich verzierte Säulen und Bögen als Deckung vor Lyon zu nutzen, der inzwischen hinter ihm lauern musste.
Bring das zu Ende, sagte er sich.
Jetzt.
Noch immer die Hand auf seinen verwundeten Arm gepresst, lief Sam weiter. Er hatte Lyon aus den Augen verloren. Zuletzt hatte er ihn gesehen, als er vielleicht fünfzehn Meter von Thorvaldsen und Ashby entfernt vor dem Hauptaltar vorbeigehuscht war.
Er musste seinen Freund warnen, und so ging er das Risiko ein.
»Henrik, Lyon ist auf dem Weg zu dir.«
Ashby war in Panik. Er musste aus dieser gottverdammten Kirche verschwinden.
»Thorvaldsen, hören Sie mir zu. Ich habe Ihren Sohn nicht ermordet.«
Ein Schuss hallte durch die Kirche und dröhnte ihm in den Ohren. Er sprang hoch und merkte, dass Thorvaldsen neben seinem linken Fuß auf den Boden geschossen hatte. Das Geräusch, mit dem die Kugel auf den Stein prallte, ließ ihn zum Ausgang zurücktaumeln. Aber er war zu klug, um die Flucht zu versuchen.
Nur ein Schritt, und er wäre tot.
Sam hörte einen Schuss.
»Bleiben Sie, wo Sie sind«, schrie Thorvaldsen über den Wind und den Regen hinweg. »Sie jämmerliches Schwein. Wissen Sie, was Sie getan haben? Er war der beste Sohn, den ein Mann nur haben konnte, und Sie haben ihn abgeknallt, als wäre er ein Nichts.«
Sam blieb stehen, um die Situation einzuschätzen. Verhalte dich klug. Tu, was Norstrum getan hätte. Der war immer klug.
Er schlich sich zu einer der Säulen und warf einen vorsichtigen Blick ins Hauptschiff.
Lyon stand rechts vom Altar bei einer Säule, beobachtete und lauschte.
»Ich hatte Ihnen befohlen, sich nicht zu rühren«, sagte Thorvaldsen. »Die nächste Kugel trifft nicht den Boden.«
Er hatte seit langem an diesen Moment gedacht und sich gefragt, was für ein Gefühl es sein würde, endlich Cais Mörder vor sich zu haben. Aber er hatte auch Sams Warnung gehört und machte sich Sorgen, dass Lyon vielleicht ganz in der Nähe war.
»Thorvaldsen«, sagte Ashby. »Sie müssen zur Vernunft kommen. Lyon wird uns beide töten.«
Thorvaldsen konnte nur hoffen, dass Sam und Meagan ihm den Rücken freihalten würden, auch wenn beide eigentlich gar nicht hier sein sollten. Merkwürdig. Er war ein Multimilliardär, und doch konnte keiner seiner vielen Euros ihm jetzt helfen. Er war an einen Ort gelangt, der nur von Rache regiert wurde. In der Dunkelheit sah er Bilder von Cai als Baby und dann als Jugendlichem vor sich. Er war es Lisette schuldig gewesen, dafür zu sorgen, dass der Junge zu einem Mann heranwuchs. Vier Jahrhunderte lang hatten Thorvaldsens in Dänemark gelebt. Die Nazis hatten getan, was sie konnten, um die Familie auszulöschen, aber sie hatte den Angriff überlebt. Um weiterzumachen. Ein Junge oder ein Mädchen. Das war ihm egal gewesen.
Einfach nur gesund. Darum hatte er gebetet.
Papa, pass auf dich auf. Wir sehen uns in ein paar Wochen.
Das waren die letzten Worte, die Cai bei ihrem letzten Telefongespräch zu ihm gesagt hatte.
Er hatte Cai tatsächlich ein paar Wochen später gesehen.
In einem Sarg.
Und alles wegen des
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