Cotton Reloaded - 12: Survival (German Edition)
zu urteilen, war das Tier bereits vor ein paar Tagen verendet. Davor bewegte sich ein massiger Schatten. Ein vier Zentner schwerer Grizzly machte sich über den Fleischberg her.
Cotton verharrte unschlüssig, ob er zurückgehen oder sich verstecken sollte.
In diesem Moment sah er im Augenwinkel etwas Weißes im Bach treiben. Es schien ein Stück Stoff zu sein. Vom Ufer aus fischte er es aus dem Wasser. Überrascht stellte er fest, dass es sich um einen BH handelte.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Unterwäsche von Decker stammte, erschien ihm groß genug, dass er sich augenblicklich Sorgen um sie machte. Er sah schreckliche Bilder eines Irren vor dem inneren Auge, der seine nackten weiblichen Opfer durch die Wälder hetzte.
Cotton wirbelte herum und rannte am Ufer entlang stromaufwärts. Er hoffte inständig, dass Decker unversehrt war. Doch eine innere Stimme flüsterte ihm zu, dass ihr irgendetwas zugestoßen sein musste.
*
Decker hatte ihr Minizelt eine Viertelstunde vor Cotton verlassen. Zu diesem Zeitpunkt schliefen der G-Man und Zeerookah noch.
Der Wald war in klares Morgenlicht getaucht, die Luft erfüllt von aromatischen Gerüchen. Statt das Heraufdämmern dieses wundervollen Morgens in freier Natur zu bewundern, schnappte sich die Agentin ein Handtuch und ein Stück Seife und machte sich damit auf den Weg zum Bach, um sich zu waschen.
Nachdem sie eine Weile stromaufwärts gelaufen war, hatte sie sich so weit vom Camp entfernt, dass sie die Zelte nicht mehr sehen konnte. Sie erreichte eine Stelle, an der sich das Bachbett auf gut acht Yards verbreiterte. Über dem Wasser hingen Nebelschleier, die die Vegetation auf der anderen Uferseite in eine mattgrüne Mauer verwandelten.
Decker trat an die Uferlinie, beugte sich zum Bach hinunter und tauchte eine Hand hinein. Das Wasser war kühl, aber nicht eiskalt.
Sie richtete sich wieder auf, schaute sich vorsichtig um. Niemand zu sehen. Nach kurzem Zögern zog sie ihr Shirt über den Kopf. Ihre nackten Arme wiesen Kratzer von den Dornenbüschen auf, durch die sie sich gestern geschlagen hatten. Als Nächstes schlüpfte sie aus der Hose. Beide Kleidungsstücke hängte sie über den Ast einer Douglastanne. Ihre Schuhe samt Socken ließ sie vor dem Baumstamm zurück. Sie nahm die Seife und watete nur mit ihrer Unterwäsche bekleidet in den Bach hinein. Dabei schöpfte sie mit den Händen Wasser und rieb sich damit über die Arme und den Oberkörper. Da der BH beim Waschen störte, zog sie ihn aus und legte ihn über die Schulter. Sie ging bis zur Mitte des Bachbetts, wo ihr das Wasser bis zu den Hüften reichte.
Am gegenüber liegenden Ufer schob sich lautlos der Lauf eines halbautomatischen Sturmgewehrs aus einem Gebüsch. Keine zehn Schritte von der Badenden entfernt richtete der Schütze seine Waffe auf sie.
Nicht ahnend, dass sie sich im Fadenkreuz eines Heckenschützen befand, beugte sich die Agentin zum Wasser hinunter. Kaum wahrnehmbar drang ein metallisches Klicken an ihr Ohr, als entsicherte jemand so leise wie möglich eine Waffe.
Ohne auch nur einen Augenblick darüber nachzudenken, reagierte Decker mit einem antrainierten Reflex. Sie hechtete ins Wasser und tauchte ab. Wobei ihr die Seife aus der Hand und der BH von der Schulter glitt. Die Seife versank, das Kleidungsstück wurde von der Strömung fortgetragen.
Das Rattern der Gewehrsalve war unter Wasser unnatürlich laut. Die Wasseroberfläche wurde von Kugeln durchschlagen. Aufgrund des reflektierenden Sonnenlichts auf den Wellen und der optischen Brechung des Wassers verfehlte der Schütze sein Ziel.
Decker tauchte mit kräftigen Schwimmstößen flussabwärts. Sie arbeitete sich dicht an die Uferseite heran, von der aus sie ins Wasser gestiegen war. Zum Rand hin wurde der Bach zunehmend flacher.
Nach fast dreißig Yards erreichte sie einen Uferabschnitt mit einer besonders üppigen Vegetation. Einige Büsche reckten ihre Äste weit über das Ufer hinaus, sodass das Blattwerk bis ins Wasser hinab wucherte.
Decker tauchte unter dem natürlichen Vorhang hindurch und dahinter auf. Vorsichtig schob sie den Kopf aus dem Wasser. Bis zur rechten Uferkante betrug die Distanz keine Armlänge. Dahinter ragte eine steile, aber nicht sehr hohe Böschung auf.
Langsam und vorsichtig, um keine unnötigen Geräusche zu verursachen, erhob sie sich aus dem Wasser. Es reichte ihr an dieser Stelle gerade mal bis über die Kniekehlen.
Geduckt drehte sie sich um und beobachtete das gegenüber liegende Ufer,
Weitere Kostenlose Bücher