Couchgeflüster
Kostümbildnerin.»
«Eine
Kostümbildnerin am Rande des Nervenzusammenbruchs
würde es genauer treffen.»
Jeanette hat die Anspielung auf den Film von Pedro Almodóvar offensichtlich verstanden, denn aufgeregt schüttelt sie Evas Hand.
«Tolles Styling!», bewundert sie Evas kunterbuntes Sommerkleid im Hippiestil.
«Gleichfalls! Ihres ist von Donna Karan, richtig? Die gehört ja zu meinen Lieblingsdesignerinnen … Und dazu diese Schuhe! Eine super Kombination. Ganz nach meinem Geschmack.»
Staunend vernehme ich, wie sich die beiden mit vielen Fachausdrücken über die neuesten Modetrends austauschen. Ich selbst verstehe kaum die Hälfte davon.
«Und Sie arbeiten also frei?», erkundigt sich Eva schließlich bei meiner Patientin, die nicht ganz sicher zu sein scheint, was «frei arbeiten» bedeutet. Doch ohne eine Antwort abzuwarten, sprudelt Eva schon weiter: «Ich meine, sind Sie als Stilistin momentan ausgebucht, oder hätten Sie vielleicht Zeit, für meine Assistentin einzuspringen?»
Jeanette bleibt die Spucke weg.
«Sie müssten mir am Set helfen», erklärt Eva weiter, «Sachen aus dem Fundus abholen, Accessoires besorgen … Na ja, was soll ich den Job lange schönreden: Hauptsächlich müssten Sie stundenlang durch die Läden laufen und einkaufen.»
«Einkaufen?!», quietscht Jeanette überdreht. An ihren glänzenden Augen ist deutlich zu sehen, dass sie sich nur mit Mühe zurückhalten kann, um Eva nicht vor Glück um den Hals zu fallen.
Auch ich würde Eva zu gerne abknutschen. Jeanette als ihre Assistentin, das ist doch
die
Lösung!
«Du hättest keine Bessere fragen können», bestätige ich Eva in ihrem Ansinnen. «Und sobald wir … ähm … ein Outfit für mich gefunden haben –» Ich blinzle Jeanette zu. «Hat sie Zeit für dich.»
15
Samstagnachmittag schaffe ich es endlich, Mama zu besuchen. Bis dahin war einfach zu viel los. Mein Job als Brittas private Trainerin, das Studio und der Telefondienst in der Praxis beanspruchen mich fast rund um die Uhr.
Phillip wollte eigentlich auch mitkommen, hat aber im letzten Moment abgesagt. Angeblich muss der Herr Pilot dringend für eine anstehende Prüfung lernen. Also mache ich mich mit einem großen bunten Strauß Sommerblumen alleine auf den Weg nach Dahlem ins Sanatorium.
Die Anlage hat absolut nichts mit einem Krankenhaus gemein. Und das liegt nicht nur an der strahlenden Nachmittagssonne, die alles noch viel freundlicher aussehen lässt. Wie ein kleines Landschloss aus einem Rosamunde-Pilcher-Film steht das Anwesen inmitten eines Parks mit großen Bäumen.
Hier lässt es sich gut krank sein, denke ich beim Betreten der Anlage. Und wer nicht bettlägerig ist, findet auf den Ruhebänken am Springbrunnen beim Wassergeplätscher idyllische Ruhe.
Über eine geschwungene Steintreppe und einen breiten Aufgang gelange ich ins Schlossinnere. Auch dort empfängt mich nicht die sonst übliche Kliniksterilität. In der imposanten Eingangshalle warten einige Besucher in kaffeebraunen Lederfauteuils auf ihre Angehörigen. Alles in allem herrscht hier eine sehr gepflegte Atmosphäre, die ganz nach dem exklusiven Geschmack meiner Mutter sein dürfte.
Am Empfang erfahre ich von einem freundlichen Concierge, dass «Frau Dr. Nitsche in einem Einzelzimmer in der Beletage residiert».
Sie residiert in der Beletage!?
Wenig später sehe ich, dass Mama tatsächlich in einem großzügigen Erkersalon untergebracht ist, durch dessen hohe Sprossenfenster viel Licht hereinfällt. Zum Königinnengemach gehören aber auch stilvolle Lampen und Bilder sowie ein imposantes Bett mit Rüschenkissen und eine Decke aus geblümtem Seidenstoff.
In einem vanillegelben Negligé liegt meine Mutter in gleichfarbigen Kissen. Sie liest in einem Buch, das sie ziemlich weit von sich weghält.
Als sie mich erblickt, mustert sie mich verwundert, obwohl ich mich doch angemeldet hatte. «Antonella!» Träge lässt sie ihr Buch sinken.
«Hallo, Mama, wie geht es dir?», begrüße ich sie mit einem Küsschen auf die Wange. «Du siehst schon wieder viel besser aus. Phillip lässt dich übrigens grüßen. Er wäre sehr gerne mitgekommen, muss aber leider lernen.»
«Hast du meine Brille mitgebracht?», fragt sie unumwunden und kneift demonstrativ die Augen zusammen.
Erleichtert atme ich aus: Das ist meine Mutter, wie ich sie kenne. Und da weitere Kommentare ausbleiben, scheint sogar mein Outfit okay zu sein – ich hab das T-Shirt vorsichtshalber gebügelt, weil
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