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du mir einen Film vor?«
»Darling, was regst du dich auf? Du hast
doch auch eine neue Flamme. Und eine gute
noch dazu. In diesem Fall kenne ich sie ja
sogar. Ich muss sagen, ich bin sehr froh über diesen Umstand! Wenn ihr euch gefunden
habt: na wunderbar! Ich werde dann bald
nach Chile fliegen und mit Alejandro
zusammenziehen.«
»Alejandro? Chile? Zusammenziehen?
Ich glaube, mir geht das ein bisschen zu
schnell!«
»Macht nichts, Darling, du hast ja die
nächsten Jahre, um darüber nachzudenken.«
Stanley baute sich vor Deborah auf. »Ver-
dammt, Debby, was soll das? Was tust du
denn da und vor allem: Was redest du denn
da?«
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»Ich blase gerade unsere Hochzeit ab.
Ups, Verzeihung, ich wollte euch nicht vor-
greifen, aber vielleicht seid ihr ja schon soweit gekommen!« Deborah brach wieder in
Gelächter aus.
Stanley und Carol blieben still, blickten
sie nur an, als hätte sie gerade den Verstand verloren.
»Debby, das kann doch nicht wahr sein!
Du hattest die ganzen fünf Monate eine
Affäre mit einem Mann aus Chile? Es gab
also gar keine Geschäftsreisen?«
»Oh, doch, die stimmten, aber die konnte
ich natürlich wunderbar kombinieren.«
»Das glaube ich nicht!« Stanley ließ sich
in einen Sessel fallen. »Du hast mich die
ganze Zeit betrogen. Deborah, wir wollten
heiraten! Wann hättest du mir es erzählen
wollen? In der Hochzeitsnacht?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß
es nicht. Wie gesagt: Ich bin ja froh, dass ihr euch auch gefunden habt, so macht die
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Trennung keinem von uns etwas aus.« Sie
strahlte übers ganze Gesicht.
Stanley schüttelte den Kopf. »Da irrst du
dich aber ganz gewaltig. Mir macht die Tren-
nung etwas aus. Sehr viel sogar! Debby ver-
dammt, ich liebe dich!«
»Und was war das dann mit Carol?«
»Ein Abend, eine Affäre …« Er blickte zu
Carol. Zwei Sekunden begegneten sich ihre
Augen. Dann riss er sich los. »Ich hätte nie gedacht, dass damit die Ehe gefährdet ist.
Mein Gott, Carol und ich hatten ja nicht mal richtigen Sex. Wir waren wirklich vernünftig.
Diese enge Bindung, die ich zu dir habe,
Debby, kann doch an einem Abend nicht
wachsen.«
»Tja, mein Lieber. Ich kann leider nur
sagen, dass ich sehr froh über diesen Wandel bin. Ich mag dich. Du bist ein netter Kerl,
aber mehr leider auch nicht. Ist doch gut,
wenn wir ehrlich sind, oder?«
***
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Carol blickte auf den See. Die Abend-
sonne spiegelte sich auf der glatten Wasser-
oberfläche und tauchte das sonst so kristallklare, blau schimmernde Wasser in ein
warmes Orange. Dahinter waren die Berge
tief verschneit, und auch der Schnee besaß
eine Färbung. Unwillkürlich landeten Carols
Gedanken bei dem Abend, an dem Deborah
und Stanley sich getrennt hatten – wie so oft in letzter Zeit. Nie würde sie Stanleys Abschied vergessen: Deborah hatte er mit den
Worten: »Mach’s gut«, die Hand gereicht
und Carol einen tiefen, wilden Zungenkuss
gegeben. Dem hatte er ein: »Wir sehen uns
noch!«, hinzugefügt und war gegangen.
Carol und Deborah hatten noch bis tief in
die Nacht geredet und sich unter anderem
über Affären ausgetauscht. Carol, die lange
Zeit angenommen hatte, der chilenische
Mann sei eine Noterfindung, stellte mit
Überraschung fest, dass es sich um einen tat-sächlichen Mann handelte, der gewillt war,
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Deborah in Chile zu heiraten. Heute Morgen
hatte Carol die Hochzeitsanzeige bekommen
und war wirklich erstaunt über die Wendung
der Ereignisse und auch, dass beide Fre-
undinnen im Guten auseinandergegangen
waren.
Carol seufzte und erhob sich. Langsam
kroch die Kälte durch ihre dicke Jacke und
Hose. Sie wickelte den Schal noch einmal
mehr um ihren Hals und stand auf. Im Auto
schaltete sie die Heizung auf volle Touren.
Sie hatte einfach die Zeit am See vergessen
und dort viel zu lange sinniert. Darüber är-
gerte sie sich, denn die kurze Strecke bis
nach Hause würde sie auch nicht so schnell
aufwärmen können.
Mit kalten, steifen Fingern suchte sie am
Schlüsselbund nach dem richtigen Schlüssel,
als sie plötzlich ein Geräusch hörte und
neben sich im schwachen Licht der Dämmer-
ung einen Mann erkannte. Carol stieß einen
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Schrei aus, und ihr Herz hämmerte bis zum
Hals.
»Hallo, Carol«, sagte er gelassen.
Sie war unfähig, Stanley zu antworten.
Groß und bedrohlich stand er vor ihr. Seine
seidigen
Haarsträhnen
fielen
ihm
ins
Gesicht.
Mit einer Mischung aus
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