Cowboy - Riskanter Einsatz
aus und schaute über das Wagendach zu den verräterischen Anhängern hinüber. Sie war blass, schüttelte aber abwehrend den Kopf. „Das muss noch gar nichts bedeuten.“
Melody zwinkerte Tränen zurück. „Doch, das tut es, und du weißt das auch.“
Brittany schlug die Wagentür zu und ließ ihr Auto einfach mitten auf der Straße stehen. Damit waren mindestens vier Autos blockiert. „Nein, tut es nicht.“ Verzweifelter Trotz lag in ihrer Stimme.
Mel folgte ihr den Pfad entlang, der zum Steinbruch führte.
Eine Menschenmenge hatte sich versammelt. Sie konnte Estelle Warner und Peggy Rogers sowie etliche andere Mitglieder des Ladies‘ Club sehen. Sie alle trugen Gummistiefel und Jeans. Tom Beatrice und fast alle Polizisten von Appleton standen mit mehreren Landespolizisten zusammen. Ganz in der Nähe kauerten Vince und Kirsty Romanella. Sogar Alex Parks war da; er hockte auf einem Felsen und sah ganz so aus, als hätte er geweint. Und überall standen Leute, die sich freiwillig gemeldet hatten, um bei der Suche nach Andy zu helfen. Die Menge war beinahe größer als beim Apfelpflücken auf der Hetterman-Plantage am letzten Wochenende. Die Leute unterhielten sich gedämpft, beobachteten ernst die Boote.
„Sie suchen das Wasser nicht ab.“ Brittany beschattete die Augen mit der Hand, geblendet von der tief stehenden Morgensonne. „Was machen die da?“
Jones war auf einem der Boote. Melody konnte ihn wegen der Entfernung zwar nicht deutlich sehen, aber sie erkannte ihn an seiner lässigen Haltung. Daran, an der Baseballkappe auf dem Kopf und an der Tatsache, dass er seine Jacke offen trug, obwohl gerade mal vier Grad herrschten.
Der Mann war völlig immun gegen Kälte.
„Das Wasser ist an vielen Stellen zu tief für die Netze.“ Melody drehte sich um. Estelle Warner stand hinter ihnen. „Sie benutzen eine Art Sonargerät. Das zeigt ihnen über Schallwellen alles an, was am Grund liegt. Wenn etwas einem menschlichen Körper ähnelt …“ Die ältere Frau stockte kurz. „Dieser alte Steinbruch ist an manchen Stellen über neunzig Meter tief. An anderen vielleicht sogar noch tiefer.“
„Sie können doch gar nicht sicher sein, dass er da drin liegt.“ Melody schnürte es die Kehle zu. „Suchen sie denn nirgendwo anders?“
„Es gibt einen Augenzeugen, der gesehen hat, wie der Junge ins Wasser gegangen ist. Und der Suchtrupp hat seine Kleidung genau an der Stelle gefunden, die der Augenzeuge benannt hat …“
„O nein …“ Brittany ergriff Melodys Hand.
Estelle wirkte noch verdrießlicher als sonst. „Ich fürchte doch. Sieht ganz so aus, als hätte der junge Parks Andy Marshall heute Nacht hier getroffen. Er behauptet, Andy wäre immer auf Krawall aus gewesen, auch dieses Mal. Andy hat den jungen Parks wohl herausgefordert, durch den Steinbruch zu schwimmen, aber der hat gekniffen. Andy hat daraufhin seine Sachen ausgezogen und ist ins Wasser gesprungen. Das Wasser kann kaum mehr als zwei, drei Grad haben, aber dieser wilde Bursche ist einfach hineingesprungen.“
Beide Boote näherten sich dem Ufer. Jones nahm seine Baseballkappe ab, strich sich die Haare aus dem Gesicht und band sie sich wieder im Nacken zusammen. Während Melody ihn noch beobachtete, setzte er seine Kappe wieder auf und rückte sie zurecht. Als er näher kam, konnte sie seinen ausgesprochen düsteren Gesichtsausdruck erkennen.
„Anscheinend hat der junge Parks Andy nicht wieder aus dem Wasser kommen sehen“, fuhr Estelle fort. „Er behauptet, er hätte eine Weile nach ihm gesucht und gerufen, aber keine Antwort bekommen. Natürlich war es dunkel, und er konnte kaum was sehen. Wahrscheinlich ist der Junge einfach an einer ungünstigen Stelle ins Wasser gesprungen und mit dem Kopf auf einen Felsen aufgeschlagen. Oder die Kälte hat ihn erledigt.“
Brittany drückte Melodys Finger. „Bitte, lass sie nichts gefunden haben“, flüsterte sie.
„Dein Lieutenant“, wandte Estelle sich an Melody, „hat einen Blick auf Andys Kleider geworfen – die genau da lagen, wo der junge Parks gesagt hatte – und ein paar Anrufe nach Boston gemacht. Und der andere da, der große Schwarze, kam ein paar Stunden später mit diesem Sonardingsbums. Er hat auch Tauchausrüstungen mitgebracht.“
Harvard. Harvard saß neben Jones in dem Boot! Jetzt erkannte Melody ihn. Er überragte alle anderen, sogar Jones. Sein rasierter Schädel glänzte im Sonnenlicht. Sein Gesichtsausdruck war, genau wie der von Jones, alles andere als
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