Cowboy - Riskanter Einsatz
vorsichtig“, flüsterte sie. Ein ortsansässiger Tauchverein hatte den Steinbruch vor einigen Jahren genutzt – bis jemand ums Leben gekommen war. Daraufhin war das Gewässer als zu gefährlich eingestuft und für Taucher gesperrt worden.
Jones Augen sagten nichts. Nichts, bis auf die Tatsache, dass sich unter seiner äußeren Kälte tiefer Schmerz verbarg. Er nickte und versuchte sogar zu lächeln. „Kinderspiel.“
„Wir werden eine Weile da unten sein“, erklärte ihr Harvard. „In diese Tiefe muss man sehr langsam runtergehen und regelmäßige Stopps einlegen. Das kostet Zeit. Es wird Ihnen wie eine Ewigkeit vorkommen, wenn Sie hier oben warten. Sie sollten vielleicht lieber nach Hause fahren und dort warten, bis er Sie anruft.“
„Jones weiß nicht, wie man ein Telefon benutzt“, gab Melody zurück und sah Cowboy dabei immer noch in die Augen.
„Es tut mir leid, dass ich nicht angerufen habe“, erwiderte er leise, „aber ich hätte nur schlechte Nachrichten gehabt.“ Widerstreitende Gefühle zeigten sich auf seinem Gesicht, und einen Augenblick lang dachte Melody, er würde unter seinem Schmerz zusammenbrechen und zu Boden sinken wie Brittany. Aber er tat es nicht. „Ich hielt es für sinnlos, euch in Unruhe zu versetzen, bevor ich sicher wusste, dass Andy tot ist.“ Tonlos und schroff brachte er das Wort über die Lippen, benutzte es, um seinen Zorn wieder anzufachen und seine Gefühle unter Kontrolle zu halten.
„Das wissen wir immer noch nicht sicher.“ Melody drückte seine Hand. Aber ihre Worte kamen nicht aus ihrem Herzen, und sie konnte Jones ansehen, dass er vom Gegenteil überzeugt war.
„Fahr nach Hause“, bat er sie.
„Nein“, gab sie zurück. Wenn er Andy dort unten fand, dann würde er sie hier brauchen. Genauso sehr, wie sie ihn brauchen würde. „Ich werde hier darauf warten, dass du wieder nach oben kommst. Wir können dann gemeinsam nach Hause fahren.“
Sie konnte kaum fassen, was sie gerade gesagt hatte. Gemeinsam nach Hause fahren …
Er ließ keine Reaktion erkennen. Einen Moment stand er völlig regungslos da. Aber dann riss er sie in einer blitzschnellen Bewegung in seine Arme und küsste sie heftig auf den Mund. Sie klammerte sich an ihn, erwiderte seinen Kuss mit der gleichen Wildheit. Sie wollte ihn, brauchte ihn – und er musste das erfahren.
Er löste sich aus ihren Armen, atmete heftig. Kein Wort verlor er über diesen unglaublichen Kuss. Stattdessen zog er einfach seine Jacke aus und gab sie ihr. „Breite sie auf dem Boden aus, damit du wenigstens trocken sitzt.“ Seine Stimme klang rau, in seinen Augen loderte immer noch heftiger Zorn, aber er berührte zärtlich mit einem Finger ihre Wange. „Ich will nicht, dass du dich verkühlst.“
Es war fast, als liebte er sie. Es war fast, als seien sie schon seit vielen Jahren ein Liebespaar.
„Sei vorsichtig“, wiederholte Melody.
Plötzlich wirkte er zutiefst niedergeschlagen. „Dafür ist es zu spät“, sagte er leise. „Ich war im Umgang mit Andy nicht vorsichtig genug, und jetzt ist es verdammt noch mal zu spät.“
Melody gab sich größte Mühe, nicht zu weinen, als er sich umdrehte und davonging.
12. KAPITEL
N ormalerweise tauchte Cowboy ausgesprochen gern, aber dieser Tauchgang war die Hölle. Er und Harvard ließen sich an einem in regelmäßigen Abständen markierten Seil senkrecht in die Tiefe sinken. Unterwegs hielten sie immer wieder an, damit ihr Körper sich langsam an den steigenden Wasserdruck gewöhnen konnte.
Die Zeit, die für die Stopps draufging, zog sich endlos in die Länge.
Trotzdem waren sie notwendig. Wenn sie bei einer Tiefe von mehr als dreißig Metern zu schnell ab- und aufstiegen, konnte – und würde – es zur Taucherkrankheit kommen.
Cowboy hatte erlebt, dass jemand diese Gefahr nicht ernst genommen hatte. Der leichtsinnige Idiot hatte Hirnschäden davongetragen; die Gasbläschen hatten irreparable Schäden in seinem Organismus angerichtet. Er konnte nicht mehr laufen.
Obwohl die SEALs dafür bekannt waren, dass sie sich nicht an Regeln hielten – für diese Regel galt das nie. Sie wurde penibelst eingehalten. Selbst wenn sie es so eilig hatten wie Cowboy im Moment.
Im Gegensatz zu dem, was er zu Melody gesagt hatte, war dieser Tauchgang alles andere als ein Kinderspiel. Die Tiefe, in die sie hinabsteigen mussten, machte es erforderlich, mit Mischgas zu tauchen, um eine Stickstoffnarkose – einen Tiefenrausch – zu vermeiden. Und als wäre das nicht
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