Cowgirl in Spitzenhöschen
Ruhe, und von Vergessen konnte bei ihr keine Rede sein. “Andere Jungen in seinem Alter wollen Feuerwehrmann oder Astronaut werden, aber deshalb schicken wir sie doch nicht gleich zu einem Praktikum. Und die wenigsten Leute werden einmal das, was sie sich als Kinder vorgestellt haben.”
“Aber manchmal schon”, beharrte Milly stur. “Deke zum Beispiel.”
“Hör auf mit Deke”, brüllte Dori die entsetzte Milly an. “Entschuldige, ich habe es nicht so gemeint.” Sie fuhr sich mit einer Hand durch das Haar und atmete tief durch. “Schön. Sie sind reiten gegangen. Wann wollten sie zurückkommen?”
“Rechtzeitig zum Schlafengehen, da bin ich sicher.” Kaum hatte sie das gesagt, wurde sie auch schon knallrot.
Dori konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. “Das glaube ich auch. Cash würde sich das bestimmt nicht entgehen lassen.”
“Ich wollte damit nicht …”
“Ich weiß.” Dori wusste genau, wie peinlich es Milly war. “Es wurde auch Zeit. Cash und du, ihr gehört zusammen. Ihr werdet bestimmt sehr glücklich miteinander.”
Milly zögerte für einen Moment und nickte dann. “Das glaube ich mittlerweile auch.”
Dori wusste, was ihre Schwester meinte. Es hatte jahrelang so ausgesehen, als ob die Beziehung zwischen Milly und Cash so enden würde wie ihre mit Chris. Einem ans Herumziehen gewöhnten Rodeoreiter wie Cash Callahan hatte man eine langfristige Beziehung einfach nicht zugetraut. Nachdem sie das vier Jahre ausgehalten hatte, wollte Milly nicht mehr. Also hatte sie sich einem anderen Mann zugewandt und sich mit ihm verlobt.
Als sie sich entschlossen hatte, Mike zu heiraten, war Cash bewusst geworden, was er alles aufgeben würde, aber dummerweise hatte er zu lange damit gewartet, ihr seine Gefühle zu offenbaren. Und er hatte sich bei Milly auch nicht gerade beliebt gemacht, als er ihre Hochzeit im letzten Winter platzen ließ.
“Ich liebe dich, und du liebst mich”, hatte er lautstark vor zweihundert Leuten verkündet.
Ob sie ihn nun liebte oder nicht, Milly hatte erst einmal den Kontakt zu ihm abgebrochen. Aber als sie sich gestern auf der Hochzeit von Poppy und Shane wiedergetroffen hatten, war ihr klar geworden, dass sich ihre Gefühle ihm gegenüber nicht geändert hatten - und dass Cash bereit war, sesshaft zu werden.
“Ich wusste nicht, ob ich ihm nach all dem, was passiert war, vertrauen konnte”, erklärte Milly nun. “Und ich war wütend. Aber ich liebe Cash. Das weiß ich jetzt. Und …”, Dori konnte die Begeisterung heraushören, “… ich weiß jetzt, dass auch er mich wirklich liebt.”
“Das tut er”, stimmte Dori zu. Anfangs war sie skeptisch gewesen, doch dann hatte sie sehen können, wie sich Cash in den letzten Monaten verändert hatte. Er hatte sich aufgerafft und sich eine feste Arbeit gesucht. Er hatte Milly kaum eine ruhige Minute gelassen und seine Versprechungen gehalten. “Ihr werdet es schon schaffen”, versicherte sie ihrer Schwester.
“Hoffentlich. Ich bin ein wenig ängstlich. Du warst immer die Mutigere von uns beiden.”
“Nur weil mich Dad so gereizt hat.”
“Ich glaube, dass du Dad dazu nicht brauchst.” Den Kopf in ihre Hände gestützt, betrachtete sie ihre Schwester. “Ich denke, du solltest vielleicht doch noch einmal über Jakes Ranch nachdenken.”
Nein. Das sagte sich Dori immer wieder, so wie sie es die ganze letzte Nacht getan hatte. Und an dieser Entscheidung hielt sie auch innerlich fest, als Jake schließlich mit wund gescheuerter Kehrseite, aber begeistert zurückkam.
“Es war toll, Mom”, erzählte er ihr, als er schon im Bett lag. “Cash hat gesagt, dass ich gut reiten kann. Er meint, ich würde einen guten Cowboy abgeben.”
Dori setzte sich auf das Bett und griff nach dem Buch, aus welchem sie ihm immer vorlas. Es war eines der Bücher, die sie selbst als Kind gelesen hatte.
“Lies mir bitte eine andere Geschichte vor”, bat Jake, und Dori schaute ihn überrascht an. “Ich möchte eine Stardust-Cowboy-Geschichte hören.”
“Jake …”
“Oder ich erzähle dir eine. Eine wahre Geschichte.” Er grinste sie an, sodass sie seine Zahnlücke sehen konnte. Diesem Anblick konnte Dori nie widerstehen.
“Ich glaube nicht …”, setzte sie an, aber als sie sein enttäuschtes Gesicht sah, verstummte sie. Er war doch nur ein kleiner Junge, und sie hatte kein Recht, ihm seine Träume zu nehmen. Das würde das Leben schon früh genug besorgen. “Na schön”, lenkte sie ein. “Also, es war einmal
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