CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition)
dass es so einfach ist?« Eigentlich hätte Alex Cherry gern nach dem Unterschied zwischen einer bewussten Entscheidung und einer instinktiven,
unbewussten
Tat gefragt. Ob es einen Unterschied zwischen dem Mord an einer Seele oder einem Körper gab. Aber wie sollte er sie das fragen?
Sie lehnte sich wieder zurück. Beagle wandte ihr den Kopf zu, als wollte er sagen:
Nicht aufhören!
»Die meisten Fragen sind nicht leicht zu beantworten, stimmt’s?«, sagte sie. »Jedenfalls nicht, wenn man länger darüber nachdenkt.«
Was für eine tiefgründige Unterhaltung für ein erstes Date! Das wurde Alex jetzt, ein bisschen spät, klar. War es überhaupt ein Date? Sie war hier, mit ihm – das musste doch etwas zu bedeuten haben.
»Hey«, sagte Cherry da fröhlich – anscheinend wollte sie das Thema wechseln. »Hast du das schon mal gemacht … wo man so Rücken an Rücken dasitzt und redet?«
Alex schüttelte den Kopf. Man müsse sich im Schneidersitz ins Gras setzen, erklärte sie, und die Rücken aneinanderlehnen.
»Mach einfach, es lässt sich einfacher zeigen als beschreiben.«
Sie setzten sich auf den Boden und rutschten rückwärts aneinander heran, bis ihre Wirbelsäulen sich von oben bis unten berührten. Beagle betrachtete ihr Treiben neugierig. Die Wärme von Cherrys Rücken sprang wie Glut auf Alex über.
»Und jetzt?«
»Jetzt unterhalten wir uns.«
»Worüber?«
»Das müssen wir herausfinden«, antwortete Cherry. »Was wir sagen, wenn wir dem anderen nicht ins Gesicht sehen können. Und wie sich die Worte
anfühlen,
klar? Die Schwingungen von meinem Rücken zu deinem und umgekehrt. Spürst du schon was?«
»Ja«, sagte er. »Ja, ich spüre was.« Es kam ihm vor, als pflanzten sich Cherrys Worte von ihr auf ihn fort, wie etwas Körperliches … sodass er sie ebenso sprechen spürte wie hörte, oder als könnte er die Bedeutung des Gesagten durch die Haut aufnehmen, selbst wenn er sich die Ohren zuhalten würde.
Da saßen sie also, Rücken an Rücken. Und redeten und redeten und redeten.
Irgendwann musste Cherry zum Bus. Alex und Beagle begleiteten sie am Ufer entlang in Richtung Stadt. Erst als sie sich der Treppe näherten, sah Alex das Auto, das auf der Brücke hielt. Der Fahrer schaute ihnen entgegen.
Es waren Rob und sein V W-Bus .
18
»Sag mal, wie viele Freundinnen hast du eigentlich?«
»Das war die, von der ich dir erzählt habe.«
»Die dir besser gefällt als Donna?«
Alex nickte. »Außerdem ist sie überhaupt nicht meine Fr…«
»Also echt, Alex, alter Schwede, eins muss man dir lassen – du verstehst es, den Tag zu nutzen.« Rob schlug Alex lachend auf die Schulter.
Beagle knurrte. Wollte der Hund ihn beschützen? Das kam Alex unwahrscheinlich vor, nachdem ihn Beags eben noch gezwickt hatte, als er den dicken alten Köter hinten in den Campingbus gehievt hatte. Rob hatte Tee aufgegossen und die Becher auf einen Klapptisch zwischen zwei schmale Sitze gestellt. Nachts ließen sich die Sitze, erzählte er, zu einem Bett zusammenschieben. Cherry hatte keinen Tee gewollt, sich aber ganz locker mit Rob unterhalten, ehe sie zur Bushaltestelle ging und Alex seinem »Cousin« überließ.
»Scheint ganz nett zu sein«, sagte Rob.
»Ist sie auch.« Alex nahm einen vorsichtigen Schluck. Der Beutel hing noch in der Tasse.
»Ich hab’s gleich an deiner Körpersprache gesehen, wie du zu ihr stehst.« Rob nickte zum Fenster hinaus inRichtung Flussufer. »So was kann man nicht verbergen.«
»Rob, du musst wirklich aufhören, mir nachzuspionieren.«
Alex sagte es im Spaß und Rob schien es auch so aufzunehmen. »Ich sehe mich als Mentor deiner post-evakuierten Existenz«, verkündete er wie ein absichtlich übertreibender Schauspieler. »Ich bin dein Schutzengel. Solange ich über dich wache, kann dir nichts …«
»Was soll ich damit machen?« Alex hielt den Teebeutel an einer Ecke in die Höhe.
Rob nahm ihm den Beutel ab und warf ihn in einen kleinen Mülleimer unter der Spüle. Als er wieder saß, sagte er: »Du wandelst also wieder unter den Lebenden?«
Nach der Krankheit, meinte er. Alex erzählte ihm davon und wie tief ihn die erzwungene Bettlägerigkeit runtergezogen hatte; das und überhaupt alles, was ihm in dieser Woche passiert war. Rob interpretierte Alex’ Niedergeschlagenheit als die typischen, allzu bekannten Stimmungsschwankungen eines P E-Neulings .
»Am einen Tag fühlt man sich toll und hat einen ganz neuen Blick auf das Leben und am
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