Crash: Thriller (German Edition)
konnte – wegen der Kapuze konnte der Mann gar nichts sehen. Dann warfen die Soldaten den Gefangenen in den Krater.
Michael konnte die Flammen immer noch sehen, aber er konnte den Mann nicht mehr sehen. Es war, als wäre das Computerspiel von einem Programmfehler befallen worden, der den Bildschirm einfrieren ließ und alle Daten löschte. Er hörte allerdings durch das Brausen der Flammen ein Geräusch, einen langen Schrei. Dann sah er einen mannshohen Feuer-Zylinder zwischen den kleineren Flammen auf dem Kraterboden zur Ruhe kommen.
»Vergib uns, Herr!«, rief Cyrus. »Wir kommen! Wir werden bald bei Dir sein!«
Michael wollte sich die Ohren zuhalten, aber das konnte er nicht – Tamara und Angel hielten ihn immer noch an den Armen fest. Sie zogen ihn zu Bruder Cyrus, der die rechte Hand auf Michaels Stirn legte. In der linken Hand hielt er ein silbernes Gerät, das ein bisschen wie ein iPod aussah. Cyrus knipste einen Schalter an dem Gerät an und hielt es Michael unters Kinn.
»Nenn uns den Code«, sagte er. Er kam so nahe an ihn heran, dass Michael die schwarzen Fäden in seinem Kopftuch erkennen konnte. »Sprich einfach in den Rekorder. Ich weiß, du kannst das Programm in deinem Kopf sehen. Der Herr hat dir den Schlüssel offenbart, und jetzt musst du ihn weitergeben.«
Das stimmte, Michael konnte das Programm sehen. Er musste nicht mal die Augen schließen, um es zu sehen. Die Zeilen des Codes blinkten in seinem Gesichtsfeld auf und rollten nach oben. Sie stiegen zwischen Michaels Gesicht und dem von Bruder Cyrus auf, wobei die Quantenvariablen und -operatoren vor dem schwarzen Kopftuch leuchteten. Aber Cyrus konnte sie nicht sehen. Nur Michael konnte das. Es war sein Geheimnis, sein Schatz.
»Alles hat seinen Zweck, Michael. Der Code wird uns sagen, wie wir Excalibur schwingen, wie wir mit Gottes Schwert auf den schwächsten Teil dieser kaputten Welt zielen sollen. Und dann werden wir ihr mit einem Schlag ein Ende machen, und das Himmelreich wird ihren Platz einnehmen. Genau, wie Gott es versprochen hat.«
Michael schüttelte den Kopf. Der Himmel interessierte ihn nicht. Er hatte selbst ein Versprechen abgelegt, sein Versprechen David Swift gegenüber. Und er würde es einhalten.
Cyrus sagte zunächst nichts. Er hielt Michael seinen Rekorder unters Kinn und wartete. Dann ließ er seine Hand sinken und trat zurück. »In Ordnung, ich werde keine weitere Zeit verschwenden.« Er wandte sich an Tamara. »Wirf ihn rein.«
Sie umklammerte Michaels rechten Arm fester. »Was?«
»Du hast mich verstanden, Schwester. Wirf den Jungen in den Krater.«
Sie winselte wie ein Hund, wenn er verletzt worden ist. Ihre Finger gruben sich in Michaels Bizeps. »Bruder, gib ihm noch etwas Zeit. Er wird es uns schon sagen, wenn wir …«
»Nein! Nicht noch mehr Zeit!« Cyrus’ Stimme war so laut, dass es wehtat. »Ich werde die Unverschämtheit des Jungen nicht mehr dulden. Seine Verstocktheit ist eine Beleidigung Gottes.«
»Aber wie sollen wir …?«
»Wir werden schon eine andere Möglichkeit finden, die Korrekturen an Excalibur vorzunehmen. Jetzt hör auf, mir zu widersprechen, und tu, was ich gesagt habe.«
Michael begriff nicht ganz, was los war, bis er spürte, wie Angel mit einem Ruck an seinem linken Arm zog. Das geschah so plötzlich, dass Michael das Gleichgewicht verlor. Angel zerrte ihn zum Rand des Kraters. Aber Tamara hielt ihn am rechten Arm fest und zog in die andere Richtung. »Nein, Bruder!«, schrie sie. »Tu das nicht!«
Michael schrie ebenfalls. Die Schmerzen in seinen Schultergelenken waren unerträglich und setzten sich in seiner Brust fort. Er hörte Rufe und schnelle Schritte, aber die Schmerzen waren so heftig, dass ihm alles vor den Augen verschwamm und er sie schließen musste, um zu verhindern, dass ihm übel wurde. Dann spürte er, wie sich der Griff um seinen rechten Arm löste. Als er die Augen aufschlug, sah er zwei Soldaten mit Tamara ringen. Einer von ihnen rammte ihr die Faust ins Gesicht, während der andere sie in den Magen schlug. Sie krümmte sich, und die Soldaten rissen ihr die Arme hinter den Rücken. Ihr Kopf hing schlaff auf einer Seite, als sie weggezogen wurde. Blut strömte ihr aus den Nasenlöchern und überzog ihre Lippen.
Dann packte ein anderer Soldat Michaels rechten Arm. Er sah fast genauso aus wie Angel und trug die gleiche Art Splitterschutzweste, deren Taschen sich gleichfalls unter der Last von Patronen und Granaten nach außen wölbten, nur dass auf dem
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