Crashkurs
Wirtschaftsmagazine weltweit, BusinessWeek, und trägt mit den Artikeln in diesem Blatt in großem Maße zur Meinungsbildung in der internationalen Finanzwelt bei. Darüber hinaus gehören noch einige Fernsehsender aus der ABC-Familie zum McGraw-Hill-Imperium. Und als wenn das nicht genügen würde, ist eines der Hauptstandbeine des Konzerns – Sie ahnen es bereits – die mächtige Ratingagentur Standard & Poor’s, eine hundertprozentige Tochter von McGraw-Hill. Ein Zitat aus der Mediendatenbank des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik rundet das Bild der totalen Machtfülle ab:
»Es ist kein Geheimnis, dass die Bush- und McGraw-Dynastien enge Verbindungen pflegen. Harold Mc-Graw III [ Anm. d. Autors: der momentane Vorstandsvorsitzende von McGraw-Hill] geht im Weißen Haus ein und aus und ist ein enger Vertrauter von George W. Bush, den er als Teil des ›transition teams‹ in Wirtschaftsfragen berät. Die Nichtregierungsorganisation CREW (›Citizens for Ethics and Responsibility in Washington‹) beklagte in einem Pressestatement, dass ›die Bush-Administration die Bildung von Kindern opfert, um eine erlesene Gruppe von Loyalisten und Parteispendern finanziell profitieren zu lassen‹.«
Diese »unabhängigen« Ratingagenturen entscheiden also darüber, wer auf dieser Welt Kredit bekommt und wer nicht. Sie entscheiden, wer wirtschaftlich erfolgreich ist und wer zugrunde geht. Der Kolumnist Thomas Friedman schrieb bereits vor zehn Jahren in der New York Times, es gebe seiner Meinung nach heute nur zwei Supermächte. Zum einen die Vereinigten Staaten von Amerika, zum anderen die Ratingagenturen: »Und glauben Sie mir, es ist keinesfalls sicher, wer der Mächtigere von beiden ist.«
Hierzu passt eine kleine Zufälligkeit am Rande: Am 21. September 2005 drohte S&P der Bundesrepublik offiziell, ihr möglicherweise das AAA-Rating zu entziehen. Im Managermagazin vom 21. September 2005 hieß es dazu:
»Es muss rasch durchgreifende Reformen in Deutschland geben, oder die Bonität des Landes gerät ins Wanken. Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) weist in ihrer aktuellen Länderanalyse darauf hin, dass das Programm der kommenden Regierung entscheidend dafür sein wird, ob Deutschland seine Triple-A-Note behält. Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat die große Bedeutung des künftigen wirtschaftspolitischen Programms einer neuen Bundesregierung betont. Zwar habe das Wahlergebnis keine unmittelbaren Folgen für die Bonitätsnoten Deutschlands, erklärte S&P in London. ›Das Programm der neuen Regierung wird jedoch wesentlich sein‹, teilte das Unternehmen mit. S&P verwies darauf, dass die politische Konstellation ein Hemmnis für eine auf Konsolidierung ausgerichtete Finanzpolitik sein könnte. Auch die weiter notwendigen Wirtschaftsreformen könnten erschwert werden, hieß es. Gegenwärtig genießt Deutschland für langfristige Schulden das bestmögliche ›AAA‹-Rating und gilt damit als vertrauenswürdiger Schuldner. Für kurzfristige Verbindlichkeiten lautet die Bonitätsnote ›A-1+‹. Die Ratingaussichten gibt S&P mit ›stabil‹ an. Die Ratingagentur verwies darauf, dass Deutschland zuletzt, gemessen an wachstums- und finanzpolitischen Kennziffern, hinter andere ›AAA‹-Schuldner zurückgefallen sei. Das Verhältnis der gesamten öffentlichen Verschuldung zum Bruttoinlandsprodukt sei in diesem Jahr mit 67,6 Prozent das höchste in der Gruppe der ›AAA‹-Schuldner.«
In demselben Artikel schrillen für Hans-Olaf Henkel die Alarmglocken:
»Der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft und frühere BDI-Chef Hans-Olaf Henkel hat vor dramatischen Konsequenzen gewarnt, sollte S&P Deutschlands Kreditwürdigkeit herabstufen. ›Die Warnung von S&P sollte die Alarmglocken in allen Parteizentralen schrillen len lassen‹, sagte Henkel der Rheinischen Post. ›Wird diese Drohung wahr, würde das zu einer dramatischen Anhebung der Zinszahlungen der öffentlichen Hand führen.‹ Noch profitiere Deutschland von einem niedrigen Zinsniveau, sagte Henkel weiter. ›Aber wenn eine Rating-Agentur Deutschland jetzt herabstuft, bekämen wir ein Haushaltsproblem in den Ländern und Kommunen, das kaum noch beherrschbar wäre.‹«
Exakt eine Woche später – am 28. September 2005 – stand im Bundestag die umstrittene Entscheidung über eine Verlängerung und Ausweitung des Afghanistanmandats der Bundeswehr zur Entscheidung an. Wegen des in diese Zeit fallenden Machtwechsels zwischen der alten
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