Crashkurs
Regierung Schröder und der neuen Regierung Merkel war diese Entscheidung von vielen Unsicherheiten begleitet. Besondere Bedeutung erhielt diese Abstimmung durch die Tatsache, dass hier die Grundlage für den Tornado-Einsatz der Bundeswehr in ganz Afghanistan – eines der Hauptanliegen der Amerikaner – geschaffen wurde.
Nachdem der Beschluss im Bundestag mit breiter Mehrheit zugunsten des Bundeswehrmandats gefasst wurde, war von S&P zum Thema Ratingüberprüfung der Bundesrepublik nicht mehr viel zu hören … Zufälle gibt’s! Ich behaupte keinesfalls, dass hier ein Zusammenhang besteht, es ist lediglich ein interessantes Zusammentreffen von Ereignissen.
Die Kriterien, nach denen die Ratingagenturen ihre Urteile fällen, gelten als Firmengeheimnis und somit als streng geheim. Man könnte denken, der eine wird abgestraft, der andere belohnt oder geschützt, ganz so, wie es den Mächtigen hinter den Ratingagenturen gefällt, ohne dass sie dafür zur Rechenschaft gezogen würden. Zu diesem Thema lassen sich viele Beispiele aus den vergangenen Jahren finden. So gehörte Enron bis 2001 zu den zehn größten Unternehmen der USA. Durch fortgesetzte Bilanzfälschungen hat das Unternehmen für den größten Betrugsskandal der USA gesorgt. Enron legte eine 70-Milliarden-Dollar-Pleite aufs Parkett. Einer der beiden Vorstandsvorsitzenden wurde zu vierundzwanzig Jahren Haft verurteilt, der andere starb kurz vor der Urteilsverkündung an Herzversagen. Noch fünf Tage vor der Insolvenz bescheinigten Standard & Poor’s und Moody’s dem Konzern jedoch ungerührt eine gute Bonität.
Spezialeinheit: das Plunge Protection Team
Die amerikanischen Aktienmärkte sind alles andere als freie Märkte. Wer sich wundert, warum – wenn doch die Krise angeblich so schlimm ist – die Aktienmärkte nicht schon viel tiefer stehen, findet eine Antwort unter dem Stichwort »Plunge Protection Team«. Seit vielen Jahren kursieren an den Finanzmärkten immer wieder Gerüchte über die Existenz eines solchen Teams. Diese wirtschaftliche »Spezialeinheit« soll im Falle größerer Verwerfungen an den Finanzmärkten in den Handel eingreifen und die Kurse der diversen Finanzinstrumente in ihrem Sinne beeinflussen.
Ich bin immer wieder fasziniert, mit welcher Inbrunst mir vermeintliche Finanzmarktexperten entgegenhalten, das PPT sei nur eine Verschwörungstheorie und hätte nie existiert. Für alle Zweifler hier die Fakten: Am 18. März 1988 unterzeichnet US-Präsident Ronald Reagan die Executive Order Nummer 12631 zur Gründung der »Working Group on Financial Markets«, also der Arbeitsgruppe für Finanzmärkte. Klingt harmlos, aber im weiteren Text dieses Erlasses liegt tonnenweise Sprengstoff. Die Washington Post hat dieser Arbeitsgruppe 1997 den Spitznamen »Plunge Protection Team« gegeben – ein Team, das vor Kurseinbrüchen schützen soll.
Der Arbeitsgruppe sollen angehören: der Finanzminister, der Vorsitzende des Fed sowie die Vorsitzenden der Börsen. Diese sollen im Krisenfall mit den »großen Marktteilnehmern« – also den großen amerikanischen Banken – zusammenarbeiten und alles unternehmen, um die Integrität und Wettbewerbsfähigkeit des amerikanischen (!) Finanzsystems aufrechtzuerhalten.
An der Börse beobachteten wir im Jahr 2007 mit schöner Regelmäßigkeit, wie an Tagen mit besonders großen Kursverlusten in den USA exakt eine Stunde vor Handelsschluss scheinbar aus heiterem Himmel großangelegte Käufe an den amerikanischen Terminmärkten die Situation retteten. Eben noch einstürzende Aktienmärkte wurden in nur einer Stunde um mehrere hundert Punkte nach oben gezogen. Dazu muss man wissen, dass der Weg über die Terminmärkte der einfachste und »kostengünstigste« ist. Die Aktienmärkte, Rentenmärkte und auch die Rohstoffmärkte orientieren sich in ihrer großen Mehrheit an den jeweiligen Terminkontrakten. Am besten lässt sich das anhand des Dax erklären: Der Dax errechnet sich aus den Kursen der dreißig wichtigsten deutschen Aktien. Hierzu werden diejenigen Aktiengesellschaften ausgewählt, die die höchste Marktkapitalisierung haben (das heißt, wie viel all ihre Aktien zusammen wert sind) und deren Aktien am häufigsten gehandelt werden.
Darüber hinaus gibt es noch den Terminmarkt. Hier wird unter anderem der sogenannte Dax-Future gehandelt. Das ist wie eine Wette zu verstehen. Man wettet beispielsweise darauf, dass der Dax in drei Monaten – am sogenannten Verfallstermin – höher oder tiefer
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