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Crashkurs

Crashkurs

Titel: Crashkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Müller
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lassen sich so auf dem internationalen Gemüsemarkt viel besser verkaufen. Wer will schon gutschmeckende, aber fleckige Auberginen? Wir sind schließlich die wässrige, aber gutaussehende Ware gewohnt. Bis hierher ist das ärgerlich, aber noch lange kein Aufreger. Wenn da nicht noch eine andere Eigenschaft in das Saatgut eingebaut wäre, denn dieses sogenannte Hybrid-Saatgut ist leider ein Einweg-Saatgut: Aus den aus ihm hervorgegangenen Pflanzen lassen sich keine Samen gewinnen, die im nächsten Jahr wieder ausgesät werden könnten. Das hat zur Folge, dass der Landwirt von nun an jedes Jahr das teure Saatgut vom Hersteller kaufen muss. Zu dessen Konditionen. Im ersten Jahr bekommt er das Saatgut von korrupten staatlichen Stellen mit Subventionen aufgedrängt. Ab dem zweiten Jahr muss er die Zeche selbst bezahlen. Jahr für Jahr. So wird aus einem wunderbar funktionierenden und natürlichen System durch Habgier und List eine immerwährende Konsumnachfrage geschaffen. Der Konsument – hier der Landwirt – wird erst süchtig gemacht und dann, wenn er gar nicht mehr anders kann, gemolken bis zum Exitus.
    Das ist ein sehr plastisches Beispiel, wie Konsum nur zum Selbstzweck des Konsums erzwungen wird. So oder so ähnlich geht es uns in vielen Belangen des täglichen Lebens. Meist passiert das jedoch wesentlich geschickter und verdeckter. Ständig wird uns ein Konsumbedürfnis eingeimpft, das wir von alleine gar nicht hätten. Wenn Sie das System des Zinseszinses und des Josefspfennigs verstanden haben, ist Ihnen aber auch klar, dass diese Kreditinfusion keine langfristige Rettung bringen kann. Das System wird nur kurzfristig über die nächste Runde gerettet. Der Teich ist mit Algen fast zugewachsen. Es muss rein mathematisch bald zum Kollaps kommen. Das bedeutet den Zusammenbruch des Zins- und Wirtschaftssystems – und was dann geschieht, dazu siehe das Horrorszenario (S. 96 ff.).

    Die Freiwirtschaft

    Aber wie sieht die Alternative aus? Der Kommunismus ist doch auch gescheitert. Stimmt. Aber dennoch gibt es Alternativen zu unserem Zinseszinssystem. Die sogenannte Freiwirtschaft ist ein Wirtschaftsmodell, das Anfang des 20. Jahrhunderts durch den belgischen Kaufmann und Finanztheoretiker Silvio Gesell großes Ansehen erlangte. Es beruht im Wesentlichen auf der Zinslosigkeit. Dieser Gedanke ist keineswegs neu, alle großen Religionen dieser Erde verbieten die Zinsnahme. Die Religionsgründer wussten nämlich ganz genau, welch verheerende Wirkung Zins und Zinseszins in einem Wirtschaftssystem haben. So verbietet das Alte Testament die Zinsnahme gegenüber Glaubensbrüdern und Mitgliedern des eigenen Volkes. Nur gegenüber Andersgläubigen durfte man Zinsen nehmen.
    Das Verbot der Zinsnahme ist auch ein elementarer Bestandteil des Islam. Zwar sind Gewinne aus Handelsgeschäften erlaubt, nicht jedoch etwas, was dem Zinseszins entspricht, Geld also, das sich aus sich selbst heraus vermehrt wie ein Krebsgeschwür. Wer Geld in ein Unternehmen investiert, beispielsweise durch eine Aktie, darf auch am Erfolg des Unternehmens in Form einer Dividende teilhaben.
    Da auch das Christentum auf dem Alten Testament fußt, war gläubigen Christen die Zinsnahme ebenfalls untersagt. 1139 wurde die Zinsnahme seitens der katholischen Kirche nochmals ausdrücklich verboten, und in den folgenden Jahren wurde dieses Verbot mit besonderem Nachdruck umgesetzt, was zuvor nicht immer der Fall war. Daraus resultierte eine der erfolgreichsten und längsten Blütephasen, die das Gebiet Deutschlands je erfahren hat: die Blütezeit des Mittelalters von 1140 bis etwa 1500, eine Epoche, die identisch ist mit der Gotik. Es war die Zeit, als ein bis dahin nie gekannter Wohlstand entstand. Handwerker waren gutbezahlte und angesehene Leute, Bauern hatten ihr Auskommen. Überall entstanden die Bürgerstädte. Es war das Zeitalter der Stadtgründungen. Die Kathedralen und Dome entstanden. Aber nicht auf Kredit, sondern durch freiwillige Spenden. Klöster und Burgen wurden gegründet. Natürlich gab es auch damals den einen oder anderen Trick, Zinszahlungen vorzunehmen und zu verschleiern. Im großen Stil war das jedoch aufgrund der strikten Regelung der Kirche nicht möglich. Zinsnahme und Wucher waren eine Sünde und wurden schwer bestraft. Ein groß-flächiges Zinseszinssystem war unmöglich. Doch der Aufstieg war auch ohne die angeblich lebensnotwendigen Zinseszinszahlungen möglich. Hansestädte wie Lübeck, Bremen und Hamburg blühten auf. Die Kultur

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