Crashkurs
entwickelte neue Dimensionen. Es wurde der freie Montag eingeführt. Handwerker arbeiteten nur noch vier Tage pro Woche.
Wie war all das möglich, wenn man den Erläuterungen der heutigen Wirtschaftswissenschaftler Glauben schenkt, die uns erklären, dass eine Wirtschaft ohne Zinseszins nicht funktioniert? 350 Jahre Wohlstand für die größten Teile der Bevölkerung, und das sogar trotz unvorstellbarer Katastrophen wie der Entvölkerung halb Europas durch die Pest. Gab es je eine solche erfolgreiche Zeitspanne mit Zinseszins?
Etwa um 1500 wurde das Zinsverbot immer aggressiver umgangen. Antreiber waren die reichen Kaufmannsfamilien, die ihren Wohlstand bis dato aus Handel und Dienstleistung oder auch Handwerkskunst erworben hatten. Sie verliehen immer mehr überschüssiges Geld an Fürsten und Könige oder auch an Handwerker. In der Wiedereinführung des Zinses sahen sie eine große Gelegenheit, ihren Reichtum noch schneller zu mehren. Durch politische Kniffe gelang schließlich eine weitestgehende Abschaffung des Zinsverbots, wenn auch zunächst nicht im Kirchenrecht, so doch unter Duldung der Kirche in der täglichen Praxis. Zu den führenden Kräften gehörte die berühmte Kaufmannsfamilie der Fugger. Geld wurde immer öfter zu sehr hohen Zinsen verliehen. Es kam zu einer dramatischen Umverteilung des Wohlstands. Die Masse der Menschen verlor, und wenige profitierten. So stiegen die Fugger durch ihre Zinsgeschäfte zu einer der wohlhabendsten Familien der damaligen Welt auf. Die Umverteilung des Wohlstands war so stark, dass der Bau der Kathedralen und Dome aus Geldmangel endete und die drastische Verarmung der Bevölkerung nur wenige Jahrzehnte später zu den blutigen Bauernkriegen führte.
Auch Martin Luther hat sich immer wieder vehement gegen die Zinsnahme ausgesprochen: »Es gebührt Christenmenschen nichts anderes, denn Geben und Leihen umsonst.« Erst 1822 wurde das Verbot der Zinsnahme durch die katholische Kirche offiziell aufgehoben.
Ein Wirtschaftssystem ohne Zinseszins ist ein ausgesprochen komplexes Thema, das heutzutage sehr kontrovers diskutiert wird. Sicherlich müssen viele Details durchdacht und diskutiert werden. Aber ist es nicht eine Überlegung wert, einmal über Alternativen nachzudenken? Unser jetziges System erweist sich ja, wie man in den letzten Monaten nur zu genau studieren konnte, anscheinend doch nicht als der Stein der Weisen, als der er uns seit Jahrzehnten verkauft wird. Also sollte man doch frei von jeder Ideologie darüber nachdenken, ob es nicht Alternativen gibt. Ob es die Freiwirtschaft ist, vermag ich nicht zu sagen. Sie hat sicherlich bestechende Vorteile. Vielleicht gibt es aber auch ganz andere Varianten. Ich bin nur von einem überzeugt: Unser aktuelles Zinseszinssystem ist nicht die beste aller Welten. Wenn am Ende wenige Menschen alles besitzen, und der Rest nur noch für die Zinsen arbeitet – und das ist nun mal die logische mathematische Konsequenz, kann das nicht richtig sein.
Ich bin weit entfernt von jeder verblendeten Ideologie. Aber ich sehe, wenn der Kaiser keine Kleider anhat, und nehme mir das Recht und die Freiheit, das zu sagen. Ich fordere alle auf, gemeinsam nach besseren Wegen zu suchen. Ich kenne auch nicht die absolute Wahrheit, doch es sei erlaubt, über neue Möglichkeiten nachzudenken.
China: boomender Wirtschaftspartner oder gelbe Gefahr?
In wenigen Jahren wird China die Weltwirtschaft dominieren. Das amerikanische Militär- und Wirtschaftsimperium hat den Zenit seiner Macht längst überschritten und befindet sich im Endstadium wie einst das Römische Reich. In der Geschichte der großen Imperien der letzten 3000 Jahre ist immer wieder der gleiche Ablauf zu beobachten: Zunächst erhebt sich ein Volk durch ungeheure Anstrengungen, Disziplin, Schaffenskraft und den unbedingten Willen zu Wohlstand und Macht über seine Nachbarn. Das galt für das ägyptische Reich genauso wie für das Osmanische Reich oder das britische Empire. Das beeindruckendste Beispiel war das Römische Reich, das sich aus kleinen, aber ehrgeizigen Stadtstaaten in Mittelitalien zu einem der größten Weltreiche der Geschichte entwickelte.
Wesentliche Triebfeder dafür war die Bereitschaft seiner Soldaten und seiner gesamten Bevölkerung zu Entbehrungen, harter Arbeit und Disziplin. Je größer das Reich wurde, und je wohlhabender seine Bevölkerung, umso größer wurden auch die Probleme. Die Bevölkerung wurde immer träger, man genoss die Annehmlichkeiten des
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