CRAZY LOVE - verrückt verliebt (Einführungspreis bis 15.08.12) (German Edition)
schwarze Sachen, manchmal auch blaue, weil das meine Lieblingsfarbe ist. Meine Mom ist auch schon verzweifelt, lässt mich aber inzwischen in Ruhe, was Anziehen angeht.“
„Aha, na dann muss ich dir wohl damit auf die Nerven gehen. Wie alt bist du? Siebzehn?“
„Mhm, fast.“
„Na also, höchste Zeit für ein bisschen modisches Bewusstsein. Wenn du mich mal besuchen kommst, dann gehen wir meine ganzen Sachen durch und schauen, was dir davon so passt, ja?“
Ich hob skeptisch die Augenbrauen. Wir hatten nicht unbedingt identische Figuren. Bestimmt war ich fast zehn Zentimeter kleiner und hatte weniger Kurven, doch ich nickte zustimmend. Bei dem Gedanken, Adriana zuhause zu besuchen, wo auch Sergio sein würde, wurde mir mulmig. In Sergios Nähe kam ich mir zunehmend wie ein hässliches Entlein vor. Außerdem war er ein furchtbarer Draufgänger, mit dem ich absolut nichts gemeinsam hatte.
Den Samstag verbrachte ich mit Sortieren meiner Schulsachen und dem Auspacken eines letzten Kartons. Darin befanden sich meine Zeichnungen und Aquarelle, die ich sorgfältig in Bildermappen gesammelt hatte. Jede Mappe stand für eine bestimmte Jahreszeit. Ich liebte meine Bilder, hatte aber große Hemmungen, sie anderen zu zeigen. Selbst meiner Mutter hatte ich nur ein paar wenige gezeigt. Die Werke behandelten stets den Ausblick aus dem Fenster meines jeweiligen Zimmers während unterschiedlicher Jahreszeiten und intensiver Gefühlszustände.
Ich legte die Bildermappen in die abschließbare große Schublade unter meinem Schreibtisch und trat ans Fenster. Auch diesen Ausblick in den grünen Hinterhof mit der prächtigen Eiche mittendrin würde ich bald zeichnen und in die Bildermappe mit der Aufschrift ‚Sommer’ legen.
Meine Augen tränten auf einmal, als ich daran dachte, wie oft ich schon so aus meinem Fenster geschaut und mir gewünscht hatte, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Dann würden meine Eltern noch zusammen sein, meine Mutter hätte keine schwarzen Ringe unter den Augen, und ich würde mich nicht ständig fragen, wie meine Zukunft wohl aussehen werde. Denn das tat ich leider viel zu oft, und das Gefühl, das ich dabei hatte, war kein gutes. Ich wollte auf keinen Fall das gleiche Schicksal erleiden wie meine Mutter. Ich wollte nicht rastlos und traurig einem Leben hinterher jagen, das nicht möglich war. Ich wollte mich niemals so abhängig machen wie sie es mit meinem Vater gemacht hatte.
Am Sonntag hatte meine Mutter frei. Ich hatte sie ausdrücklich gebeten, auszuschlafen und mich das Frühstück machen zu lassen. Erstaunlicherweise war sie meinem Wunsch nachgekommen und war nicht wie üblich viel zu früh aus dem Bett gefallen, nur um mir ein „Boogiewoogiesonntagsfrühstück“ - das war ihre Wortschöpfung - vorzubereiten.
Am späten Nachmittag erkundeten wir gemeinsam unseren Kreuzberger Grafekiez, und als wir Hunger bekamen, kehrten wir in einer sehr lebhaften Dönerbude namens ‚Bülent Bey’ ein. Dort bekamen wir einen wirklich köstlichen Döner Sandwich serviert. Mitten beim Essen erhielt ich einen Anruf von Adriana. Sie wollte wissen, was ich gerade machte, und ich erzählte ihr, dass ich mit meiner Mom unterwegs sei und wir uns den Bauch voll schlugen. Adriana sagte, sie kenne den Laden, der sei echt gut. Dann verriet sie mir mit einem fröhlichen Singsang in der Stimme, dass sie schon ihre ganzen Kleider für mich raussortiert habe und sich auf unsere Modenschau freue. Oh Gott , dachte ich bloß, was hatte sie sich da in den Kopf gesetzt? Ich musste ihr das ganz schnell wieder ausreden.
Am Montagmorgen sah Adriana aus, als hätte sie die ganze Nacht wach gelegen. Sie gähnte alle paar Minuten und stützte den Kopf auf dem Ellbogen ab.
„Müde?“, fragte ich verwundert über ihren Zustand, denn sie war die erste Woche immer frisch und ausgeruht zum Unterricht erschienen.
„Mhm“, machte sie und gähnte schon wieder.
„Warst du auf einer Party, oder warum bist du so müde?“
„Ach, das ist kompliziert, Lexi. Machst du heute Notizen für uns beide, bitte? Ich wäre dir dankbar bis an mein Lebensende!“
„Kein Problem. Und du brauchst deswegen nicht bis an dein Lebensende dankbar zu sein. Das ist doch wirklich kein Ding!“
Adriana seufzte leise. Sie trug heute ein seidenes, gelbes Trägerkleid und hatte die Haare hochsteckt. Damit die Frisur nicht zu streng aussah, hatte sie an den Seiten jeweils eine dünne Haarsträhne herausgezogen. Ich fand, dass sie, mal
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