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Crazy Moon

Crazy Moon

Titel: Crazy Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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schlimmsten Jahre,
sagte ich mir selbst vor und dachte dabei an Caroline Dawes und Chase Mercer und das ›Loch für alle Fälle‹ und meine Musik, die alles andere in Grund und Boden hämmerte, zumindest beinahe. Ich fuhr mit der Zunge über mein Piercing und hoffte, dass sie Recht hatte.
     
    Morgan saß am Steuer, Isabel auf dem Beifahrersitz und ich hinten, gemeinsam mit CDs, Zeitschriften und einer Haarbürste, die bei jeder Kurve quer über meinen Schoß hüpfte. Das Radio dröhnte wie üblich in voller Lautstärke. Dennoch gelang es Morgan und Isabel, sich die ganze Zeit über zu unterhalten. Allerdings verstand ich kein einziges Wort, erhaschte nur hin und wieder im Scheinwerferlicht der entgegenkommenden Fahrzeuge einen Blick auf ihre ausgelassenen Gesichter, auf Morgan, die vergnügt die Augen verdrehte, auf Isabel, die ihre Füße auf das Armaturenbrett legte und jedes Lied mitsang.
    Jedes Mal, wenn der Rückspiegel von einem Scheinwerfer flüchtig beleuchtet wurde, versuchte ich mein Spiegelbild zu erkennen. Jedes Mal war ich überzeugt mein altes Selbst im Spiegel wiederzufinden, meine struppigen schwarzen Haare, meinen Lippenring, der im Scheinwerferlicht aufblitzte. Stattdessen sah ich jedes Mal das hübsche Mädchen, das Isabel erschaffen |194| hatte. Und war jedes Mal von neuem überrascht, weil ich felsenfest geglaubt hatte, dass es nicht wirklich existierte.
    Manchmal schien in Colby ja doch was los zu sein, zumindest heute sah es ganz danach aus; und der Ort, an dem es abging, war anscheinend der Strand. Als wir hinter den Dünen parkten, stand dort bereits eine endlose Schlange von Autos. Das Feuerwerk zum Nationalfeiertag war offenbar das Ereignis des Jahres.
    Morgan öffnete die Fahrertür. Die Innenbeleuchtung des Käfers schaltete sich ein. Isabel zog die Sichtblende herunter und betrachtete sich im Spiegel: »Nasentest.«
    Morgan reckte den Hals, um in den Rückspiegel schauen zu können, und überprüfte ebenfalls ihre Nasenlöcher. »Alles klar.«
    »Bei ihr auch.« Isabel checkte auch mein Aussehen, im Rückspiegel, ohne sich umzudrehen.
    »Mein Lippenstift?«, fragte Morgan.
    Isabel musterte sie prüfend. »Ist okay. Und meiner?«
    »Okay.«
    Falls das die Dinge waren, die normale Mädchen so machten, war ich mir plötzlich gar nicht mehr sicher, ob ich ein normales Mädchen sein wollte.
    Jetzt drehte Isabel sich zu mir um. »Fertig?«
    »Ja.« Es ist leichter, sich auf etwas einzulassen, wenn man keine Ahnung hat worauf.
    »Also gut, auf geht’s!«
    Sie angelte sich eine Sechserpackung Bier vom Rücksitz und stieß die Tür mit dem Fuß zu. Morgan hielt den Fahrersitz, damit ich aussteigen konnte, zerrte eine Decke von der Rückbank, legte sie sich ordentlich zusammengefaltet über den Arm und schloss die Fahrertür |195| ab. Isabel war zu diesem Zeitpunkt schon halb über die Dünen gelaufen.
    »Was trödelt ihr denn so lange rum? Morgan, jetzt lass das doch mit dem Abschließen.«
    »Das ist mein Auto.« Das sagte Morgan allerdings so leise, dass Isabel sie nicht hören konnte. Was ihr entging, war das runtergekurbelte Fenster auf der Beifahrerseite.
    Wir folgten Isabel über die Dünen. Sie dachte nicht daran, auf uns zu warten. Typisch. Nachdem meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich erkennen, dass viele Menschen in kleinen Gruppen am Strand saßen. Isabel lächelte einigen Leuten grüßend zu. Eine Bierflasche baumelte mittlerweile lässig in ihrer rechten Hand, den Karton hatte sie unter den Arm geklemmt. Langsam holten wir Isabel ein. Mir fiel auf, dass jedes Mal, wenn sie irgendwelchen Paaren zulächelte, der Typ zurücklächelte, während das Mädchen angesäuert hinter ihr herblickte. Doch das schien Isabel nicht zu stören, sie lief und lächelte ungerührt weiter.
    Den ganzen Strand entlang brannten kleine Lagerfeuer. Endlich fand Isabel eine freie Stelle und ließ den Bierkarton in den Sand fallen.
    »Lasst uns hier bleiben.« Sie setzte sich, noch während Morgan die Decke ausbreitete. »Ist echt schwer war los in Colby heute Abend.«
    »Allerdings.« Morgan nickte und nahm sich ebenfalls ein Bier. An meinem Kopf vorbei entdeckte sie jemanden, den sie zu kennen glaubte, und kniff prüfend die Augen zusammen: »Ist das nicht Norman?«
    Es war Norman. Er hockte mit ein paar anderen um ein Feuerchen und trug natürlich eine Sonnenbrille. Als er uns sah, winkte er grinsend herüber.
    |196| »Okay«, flüsterte Morgan. »Einmarsch der

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