Credo - Das letzte Geheimnis
»Ich glaube, es wäre besser, wenn Sie jetzt gehen und uns in Ruhe lassen.«
Ford nickte, wandte sich ab und ging auf den Bunker zu.
»Ja, Mann, verpiss dich!«, brüllte Becenti ihm nach. »Bevor ich dir eine Kugel in deinen Bilagaana-Arsch jage!«
Als Ford sich dem Sicherheitstor zu Isabella näherte, wurde das Knistern und Summen der Leitungen immer lauter, und das unheimliche Geräusch, das beinahe von einem Lebewesen zu kommen schien, jagte ihm einen Schauer über den Rücken.
40
Um fünf Minuten vor acht machte Booker Crawley es sich im Sessel in seinem gemütlichen, mit Kirschholz vertäfelten Fernsehzimmer seines Hauses in der Dumbarton Street, Georgetown, gemütlich. Er bebte vor gespannter Erwartung. Als Spates ihm versprochen hatte, er werde für sein Geld eine Menge bekommen, hatte der Mann nicht gelogen. Die Predigt am Sonntag war ein wahrer Kanonenschlag gewesen. Und jetzt würde die Talkshow,
Roundtable America,
das zweite schwere Geschütz abfeuern. Erstaunlich, dass es dazu nicht mehr gebraucht hatte als einen einzigen Anruf und ein paar Barzahlungen. Das Ganze war nicht einmal illegal, nur eine wohltätige Spende an eine anerkanntermaßen gemeinnützige, kirchliche Organisation – steuerlich absetzbar.
Der Lobbyist umfing mit einer Hand einen Cognacschwenker, wärmte das Glas und gönnte sich dann einen Schluck seines allabendlichen Calvados. Untermalt von pompöser, patriotischer Musik, wurde das Logo von
Roundtable America
in einem digitalen Wirbel amerikanischer Flaggen, Adler und anderer patriotischer Embleme eingeblendet. Dann kam ein runder Tisch aus Kirschholz ins Bild, mit einem Foto des Kapitols in Washington im Hintergrund. An dem Tisch saß Spates mit einem ernsthaften, besorgten Gesichtsausdruck. Sein Gast saß ihm gegenüber, ein weißhäuptiger Mann im Anzug mit eingefallenenWangen und buschigen Augenbrauen, der die Lippen schürzte, als versuche er das Geheimnis des Lebens selbst zu ergründen.
Die Musik verebbte, und Spates blickte in die Kamera.
Crawley fand es erstaunlich, dass dieser Mann, der ein Volltrottel war, ein alter Sack von einem Hinterwäldler, wenn man ihm persönlich gegenübersaß, im Fernsehen eine solche Präsenz hatte. Sogar das orangerote Haar sah jetzt achtbar aus, irgendwie gedämpft. Wieder einmal gratulierte Crawley sich selbst. Welch ein Geniestreich von ihm, den Prediger ins Boot zu holen.
»Guten Abend, meine Damen und Herren, willkommen zu
Roundtable America
. Ich bin Reverend Don T. Spates, und es freut mich, Ihnen als meinen heutigen Gast Dr. Henderson Crocker vorstellen zu dürfen, den berühmten Professor für Physik von der Liberty University in Lynchburg, Virginia.«
Der Professor nickte weise in die Kamera, sein Gesicht eine Studie gelehrsamen Ernstes.
»Ich habe Dr. Crocker heute Abend hierhergebeten, damit er uns mehr über das Isabella-Projekt erzählt – das Thema unserer heutigen Sendung. Für diejenigen unter Ihnen, die noch nichts von Isabella wissen: Das ist ein wissenschaftlicher Apparat. Die Regierung hat ihn für vierzig Milliarden Dollar, Steuergelder, wohlgemerkt, in der Wüste von Arizona bauen lassen. Vielen Leuten bereitet dieses Projekt Sorgen. Deshalb haben wir Dr. Crocker eingeladen, damit er uns normalen Menschen erklären kann, worum genau es dabei eigentlich geht.« Er wandte sich seinem Gast zu. »Dr. Crocker, Sie sind Physiker und lehren an der Universität. Könnten Sie uns bitte erzählen, was Isabella ist?«
»Danke, Reverend Spates. Selbstverständlich kann ich das. Im Grunde ist Isabella ein Teilchenbeschleuniger – ein Atomzertrümmerer sozusagen. Man lässt Atome bei hoher Geschwindigkeitgegeneinanderprallen und zertrümmert sie, um zu sehen, woraus sie bestehen.«
»Klingt beängstigend.«
»Ganz und gar nicht. Es gibt mehrere solcher Anlagen auf der ganzen Welt. Sie haben beispielsweise dazu beigetragen, dass wir in Amerika Atomwaffen entwerfen und bauen konnten. Und sie haben das theoretische Fundament für die Nutzung der Atomenergie durch unsere moderne Industrie geschaffen.«
»Sehen Sie denn bei dieser bestimmten Anlage überhaupt ein Problem?«
Eine dramatische Pause. »Ja.«
»Und welches wäre das?«
»Isabella ist nicht wie andere Teilchenbeschleuniger. Sie wird nicht als wissenschaftliches Instrument benutzt. Sie wird
missbraucht,
um Propaganda zu betreiben und eine bestimmte Theorie der Schöpfung zu verbreiten, die von einem knallharten Kader atheistischer und
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