CREEKERS - Thriller (German Edition)
kurz wie erstarrt. Das Wort hatte ihn regelrecht festgenagelt. Er ging zu Wanst in seiner Zelle zurück.
»Was bedeutet dieses Wort?«, fragte er sehr langsam.
»So nenn’ die ihren Dämon«, sagte Wanst. »Ich glaub, das is’ wie ’n Spitzname, denn er hat noch ’n ander’n Namen.«
»Welchen denn?«
»Ona«, verriet Wanst.
ACHTUNDZWANZIG
FRES-HAUTER , DACHTE PHIL. ONA .
Er steuerte den Malibu die Route entlang. Die Worte hingen wie hartnäckige Nebelschwaden, die sich partout nicht auflösen mochten, in seinem Kopf fest.
Ein Dämon.
Phil glaubte nicht an Dämonen, aber er war fest davon überzeugt, dass es viele Menschen gab, bei denen es sich anders verhielt. Im Land wimmelte es von abgedrehten Kulten, die den Teufel anbeteten – man las jeden Tag in der Zeitung von ihnen. Und diese setzten bei ihren Riten häufig Drogen ein oder verkauften sie, um ihre Aktivitäten gegenzufinanzieren.
Bevor er dem Gefängnis der Polizeistation den Rücken kehrte, hatte er Wanst noch zu den anderen Worten befragt, die ihm in Erinnerung geblieben waren. Mannona. Onaman. Prei-se. Was Sullivan als ›Creekersprech‹ abgetan hatte, identifizierte Wanst tatsächlich als weitere Bezeichnungen aus der religiösen Sprache der Creeker …
Möglicherweise war das alles nicht von Bedeutung, doch andererseits trug alles, was Phil über Natter und seine Creeker herausfand, dazu bei, sie besser zu verstehen. Und je besser er durchschaute, was sie taten, desto leichter würde es ihm gelingen, in den inneren Zirkel vorzudringen.
Wenn man außer Acht lässt, dass all meine Informanten entweder verrückt sind, die Klappe halten oder tot sind , ermahnte er sich. Noch einmal von vorne anzufangen, schien nervtötend, aber es gab keine wirkliche Alternative. Er würde ins Sallee’s zurückgehen und versuchen, sich weiteren Abschaum als Unterstützung heranzuzüchten, wieder tiefer in die Szene einzutauchen. Ist aber noch zu früh , dachte er mit einem Blick auf seine Uhr. Die Bewohner von Crick City ließen sich normalerweise nicht vor Mitternacht blicken.
Um Zeit totzuschlagen, kehrte er in seine Bleibe zurück und studierte weiter die Bücher aus der Bibliothek. Einer der Texte setzte sich tatsächlich mit dem Umstand auseinander, dass inzüchtige Gemeinschaften überdurchschnittlich häufig Gottheiten abseits des traditionellen jüdisch-christlichen Glaubens verehrten. Dies war durchaus naheliegend: In ihrer völligen Isolation kamen solche Gemeinden und Siedlungen nur selten in Kontakt mit verbreiteteren Formen der Religion. Sie lebten und entwickelten sich in einem eigenen Mikrokosmos, von daher lag es auf der Hand, dass ihre theologischen Ansichten ebenfalls nicht durch vorgegebene gesellschaftliche Muster geprägt wurden.
Die meisten dieser Religionen waren dabei tief in der Natur verwurzelt oder gründeten auf sehr spezifischem Aberglauben. Viele davon griffen das Motiv der Ursünde auf. Mit anderen Worten, die Inzüchtigen glaubten, dass ihre ›Götter‹ sie in Form der Missgeburten für ihre Sünden bestraften. Jene ohne genetische Mutationen erhob man häufig in einen höheren sozialen Status. Manchmal verehrte man sie sogar selbst als Halbgötter, als fleischgewordenes Sinnbild der Vergebung. Das Buch ging allerdings mit keiner Silbe auf dämonologische Ausprägungen des Glaubens ein.
Nach einer Weile lenkte Phils Neugier seine Aufmerksamkeit wieder auf den deutlich fachtheoretischeren Band mit seinen umfassenden Bildbeispielen. Diese nahm er sich zuerst vor und verglich die extremeren Darstellungen inzestuöser Entstellungen mit seinen eigenen Beobachtungen bei Natters Creekern. Die vergrößerten Köpfe (Hydrocephalus, im Volksmund besser als ›Wasserkopf‹ bekannt), verlängerten Knochenstrukturen (Endo-Akromegalie) und gespaltenen Schädel (kranialer Bivalvismus oder ›Gespaltener-Kopf-Syndrom‹) galten als typische Merkmale für Geburtsfehler, die durch Inzucht hervorgerufen wurden, allesamt verursacht durch einen übermäßigen Ausstoß hypophysärer Wachstumshormone. Ebenso verbreitet waren rote Iriden, zusätzliche oder fehlende Finger und Zehen, sogar zusätzliche Gliedmaßen (verfälschter mehrgliedriger Appendagalus). Doch es war das Ausmaß dieser Extreme, das Phil ins Auge fiel.
Die Abbildungen in dem Buch waren vergleichsweise harmlos. Er verstand, dass die Defekte umso ausgeprägter wurden, je aktiver eine Gemeinde sich untereinander vermehrte. Das ließ den Schluss zu, dass Inzucht unter Natters
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