CREEKERS - Thriller (German Edition)
möchte mich wirklich dafür entschuldigen, wie ich Sie heute Morgen behandelt habe. Ich hatte kein Recht, so mit Ihnen zu reden.«
»Machen Sie sich keinen Kopf«, antwortete Phil. Eigentlich fand er es inzwischen ganz witzig. Vor ein paar Stunden hat sie mich praktisch des Mordes bezichtigt und jetzt lädt sie mich zum Hackbraten ein. »Ich schätze, wir erwischen alle mal einen schlechten Tag.« Doch er wechselte lieber schnell das Thema. »Was hat es mit den Büchern auf sich, die Sie immer lesen? Gehen Sie aufs College?«
Sie nickte. »Ja. Es geht langsam, aber beständig voran. Mein Hauptfach ist Kriminologie, mein Nebenfach Geschichte. Ich bin jetzt im letzten Semester, Gott sei Dank. Ein paar Abendkurse jede Woche.«
»Das ist großartig«, sagte Phil anerkennend. »Was wollen Sie danach machen? Weiter für Mullins arbeiten?«
»Nicht in diesem Leben. Ich will zur Drogenfahndung oder vielleicht auch zum Zoll. Und es gibt immer noch die County-Abteilungen im Norden. Das Letzte, das ich sein will, ist ein Cop in Crick City …« Sie unterbrach sich und hielt sich erschrocken eine Hand vor den Mund. »Entschuldigung. Es war nicht böse gemeint.«
»Schon in Ordnung«, lachte Phil. »Es ist auch das Letzte, das ich sein wollte, aber ich habe im Moment keine große Auswahl.«
Ihr Blick schweifte abwesend zum Fenster. »Es ist diese Stadt, wissen Sie? Sie ist so langsam, so verzweifelt und rückständig. Es ist deprimierend. In derselben Minute, in der ich einen vernünftigen Job gefunden habe, bin ich hier weg.«
»Ich weiß genau, wovon Sie reden, glauben Sie mir«, sagte Phil und er spürte, wie ihm die Kehle trocken wurde. Das Gleiche hatte er zu Vicki gesagt, oder nicht? Niemals würde er in einem solchen Niemandsland arbeiten. Er war zu gut für Crick City. Und nun war Vicki eine Nutte und Phil war –
Er musste den Gedanken nicht mal zu Ende denken.
»Wie lange arbeiten Sie schon für Mullins?«
»Etwas unter einem Jahr«, antwortete sie. »Er ist ein anständiger Kerl, wenn auch etwas grantig, und er hat mir den Job in der Leitstelle angeboten, als er hörte, dass ich was suche, um mir die Abendschule zu finanzieren. Er kannte meine Eltern, als sie noch lebten.«
Frag besser nicht nach , befand Phil, obwohl er die Gemeinsamkeit registrierte. »Sie sind also auch hier aufgewachsen?«
»Ja«, antwortete sie bedrückt. »Mein Vater wurde nach seiner Schussverletzung in Vietnam arbeitsunfähig. Meine Mutter übernahm verschiedene Aushilfsjobs, um uns durchzubringen, doch je mehr sie schuftete, desto schwieriger schien es zu werden.«
Die Geschichte spielte sich so oder ähnlich bei praktisch jeder Familie in dieser Gegend ab. Arme Leute, die sich abmühten, nur um irgendwie über die Runden zu kommen, es aber doch nie ganz schafften. Phil war zu jung gewesen, um sich wirklich an seine Eltern erinnern zu können, aber bei ihnen war es fast genauso gelaufen. Er konnte sehen, dass das Thema Susan zu schaffen machte. Das Strahlen war aus ihrem Gesicht verschwunden, die leuchtend blauen Augen nicht mehr ganz so hell. Er forschte angestrengt nach optimistischerem Gesprächsstoff, doch ihm fiel auf die Schnelle nichts ein. Dann erinnerte er sich, dass sie begeistert von Waffen und Polizeiarbeit im Allgemeinen war.
»Was wissen Sie über Cody Natter?«, fragte er.
Sie schob ihren Teller zur Seite. Die Fritten hatte sie kaum angerührt. »Nicht viel. Der einzige Ort, an dem man ihn halbwegs regelmäßig sieht, ist das Sallee’s. Der Laden gehört ihm jetzt, wie Sie sicher wissen.«
»Ja, Mullins erwähnte das. Halten Sie das nicht für seltsam?«
»Natürlich ist das seltsam. Ein Typ wie Natter? Kein erkennbares Einkommen, nicht mal ein eigenes Bankkonto. Ich glaube nicht, dass der Kaufpreis für Sallee’s besonders hoch war, aber trotzdem fragt man sich, wie er das notwendige Geld zusammengekratzt hat.«
»Ich frage mich noch mehr, warum er das Ding überhaupt gekauft hat.«
»Ich stimme Mullins zu«, meinte Susan. »Ein abgelegener Stripclub wie dieser ist der perfekte Treffpunkt, wenn man Drogen unters Volk bringen will. Letztes Jahr hat Mullins die Rechnungsprüfer auf ihn angesetzt, doch seine Bücher waren astrein. Keine Chance, ihn wegen der Steuern dranzukriegen. Ich hab keine Ahnung, wie er das angestellt hat.«
Phil war das egal. »Ich will ihn nicht wegen Steuerhinterziehung oder unrechtmäßiger Bereicherung festnageln. Ich will den Kerl wegen Herstellung und Verkauf von Drogen
Weitere Kostenlose Bücher