Creepers - Der Fluch der Hexe
unseren abendlichen Probelauf und ging zum Fenster, um das Plakat an einen sicheren Ort zu bringen. Überrascht schnappte ich nach Luft, als ich sie plötzlich erblickte.
Katzen. Ein kleines Rudel, das auf unserem Rasen zwischen Veranda und Schuppen geschäftig umherstreifte. Ich versuchte, die Getigerten, Roten, Gescheckten und die eine schwarze Katze zu zählen. Sie umkreisten einander mit erhobenen Schwänzen und miauten, als würden sie gerade eine Versammlung abhalten. Ich kam insgesamt auf zehn Katzen. Was machten sie wohl hier? Ich hatte noch nie eine Katze in unserem Garten entdeckt. Waren das die wilden Katzen, die Margaret und Mr. Geyer fütterten?
Ich schlüpfte durch die Hintertür auf die Veranda, um sie zu beobachten. Ich spürte die stechenden Sonnenstrahlen in meinem Nacken, schmeckte das feine Aroma der Kiefern in der Luft, roch den süßen Duft des trockenen Grases und hörteden Ruf der Stärlinge, die sich im Wald versammelten. Ich sah, wie die Katzen in ihren kreisenden Bewegungen innehielten und plötzlich kollektiv den Kopf hoben, so als würden sie auf irgendetwas lauschen. Langsam setzten sie sich in Bewegung, in diesem typisch selbstsicheren, gemessenen Gang, zu dem anscheinend nur Katzen fähig sind. Sie steuerten auf den Wald zu, der sich an unseren Garten anschloss. Zielstrebig schritten sie weiter, bis sie schließlich das dichte Unterholz des Kiefernwaldes erreichten und darin verschwanden.
Ich blinzelte die Stelle an, an der sie sich in den Wald geschlichen hatten, und bemerkte einige große Steine. Als ich zwei Tage zuvor dort Unkraut gejätet hatte, waren sie mir nicht aufgefallen. Geh hin, und sieh sie dir an , murmelte ich vor mich hin, bevor ich den Schutz der Veranda verließ. Die ganze Zeit über lauschte ich angestrengt auf das Geräusch, das die Katzen anscheinend vom Wald her vernommen hatten. Aber ich hörte nichts außer dem Ruf der Vögel.
Obwohl sie zum Teil von wucherndem Unkraut überdeckt waren, glänzten die Steine in der Sonne, als ich mich ihnen näherte. Ich trat vorsichtig gegen einen. Es waren gar keine Steine, sondern offene Dosen Katzenfutter – die gleichen, die auch vor Margarets und Mr. Geyers Haus standen. Mom und Dad hatten sie garantiert nicht hierhin gestellt. Die beiden hatten kaum Zeit, sich überhaupt mal im Garten aufzuhalten. Stellten Margaret und Mr. Geyer womöglich überallam Waldrand Katzenfutter auf? Mein Herz schlug plötzlich schneller.
Ich spähte nervös in das Labyrinth von Bäumen. Es gab keinerlei Wege, die zu unserem Garten führten, zumindest keine offensichtlichen . Wenn ich ganz genau hinsah, konnte ich die Überreste eines Pfads erkennen, der geradewegs ins Innere des Waldes führte, wo das Unterholz und die Bäume eins zu werden schienen. Ich blinzelte in die schattige Dunkelheit des Waldes. Es war früher Nachmittag, und die Sonne brannte. Doch in dem dichten Wald wirkte das Licht stark gedämpft. Ich wagte mich einige Schritte hinein und lauschte dem kratzenden Laut der Zikaden und dem Schrei eines einsamen Vogels.
Und dann sah ich sie – ihr Gesicht –, bleich wie der Mond vor einem schwarzen Himmel. Sie kniete bei einer Gruppe von Bäumen, etwa zweihundert Meter von mir entfernt. Ich hielt den Atem an, während ich ihr beim Graben zusah. Ihre Schultern zitterten, als sie die Erde zerteilte. Ich war wie gebannt. Sie stand auf und steckte irgendetwas in die Tasche ihres Umhangs, dann drehte sie sich um und begab sich noch tiefer in den Wald.
Mein Herz klopfte so heftig, dass ich nichts anderes hören konnte als meinen eigenen Pulsschlag. Konnte ich ihr wohl folgen, ohne dass sie etwas bemerkte? Hatten Hexen nicht außergewöhnlich scharfe Sinne?
Ich duckte mich instinktiv, während ich mich vorsichtig durch das Gewirr von Ästen und Ranken schlängelte, um möglichst keine Zweige zu zertreten oder mit trockenem Laub zu rascheln. Wie ein Indianer schleichen , sagte ich ununterbrochen zu mir selbst, ohne eine Ahnung zu haben, wie Indianer es schafften, sich so leise zu bewegen.
Ich war schon zu weit gegangen, um noch umzukehren. Meine Augen brannten vom Schweiß, und gelegentlich kam mir der Gedanke von Zecken in den Sinn, doch kurz darauf blieb ich wie erstarrt stehen. Ich entdeckte die Hexe etwa hundert Meter vor mir auf einer kleinen Lichtung, in deren Mitte sich eine Ansammlung von Bäumen befand. Ich hielt den Atem an.
Die Hexe legte irgendetwas vor einen Baum, dessen Stamm wohl einen Durchmesser von einem Meter
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