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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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sein.«
    »Sie haben mein Funkgerät«, murmelte sie so leise wie möglich, damit der Junge nichts verstand. Der geriet allmählich in Panik. Seine Augen huschten von einer Seite zur anderen, als würde er krampfhaft überlegen, wie und wann er am besten angreifen sollte.
    »Schnauze, ihr Bullen.« Der Junge kam einen Schritt näher. Adrenalin rauschte Nightingale durch den Körper. Ob halbes Kind oder nicht, der Bursche war imstande, sie beide zu töten.
    Hinter ihnen ertönten Stimmen. Sechs Beamte kamen um die Ecke des Blocks gestürmt, der am weitesten entfernt war. Der Junge sah sie und drehte durch. Statt wegzulaufen, sprang er vor und stieß mit dem Messer nach Richard. Die Klinge rutschte von der Schutzweste ab, erwischte ihn aber am Unterarm. Augenblicklich wurde das Hemd rot. Beim Anblick des Blutes rastete der Junge vollends aus. Er stach wie wild drauf los und schnitt Richard, der den Angriff abwehren wollte, die Handflächen auf.
    Überall war Blut, pumpte hellrot aus der Schlagader. Nigh tingale versuchte, die Aufmerksamkeit des Jungen auf sich zu lenken, indem sie ihn anschrie, zum Angriff herausforderte, doch der Junge hatte nur Augen für den Mann. Sie sah, wie Richard stolperte, das Gesicht kalkweiß, und sie griff nach ihm, um ihn zu stützen. Sie presste eine Hand mit aller Kraft auf die stark blutende Wunde, und sie wichen beide vor dem Jungen zurück, der prompt wieder aufschloss. Wie ein wildes Tier, dessen Killerinstinkt durch den Geruch und den Anblick von Blut geweckt worden war, ließ er nicht von seiner Beute ab.
    Sie sah Leute über den Platz rennen, aber sie waren zu weit weg. Der Junge hechtete wieder nach vorn, zielte auf Richards Hals, die Augen rot und schwarz vor Hass. Die Klinge kratzte die Haut an, und Blutstropfen kamen zum Vorschein. Nightingale versuchte, Richard hinter sich zu bugsieren, aus dem Gesichtsfeld des Jungen heraus, um so vielleicht den Aggressionsbann zu brechen, der sie miteinander verband. Der Junge stieß einen Zornesschrei aus und sprang, riss sie beide zu Boden.
    »Jetzt seid ihr dran!«, schrie er und stach auf sie ein.
    Nightingale spürte, wie die Klinge über ihren geschützten Rücken glitt und ihr den Arm aufschnitt, bevor sie auf Richard zuglitt, knapp sein Auge verfehlte und ihm ein schmales Stück oben vom Ohr abrasierte. Er hob abwehrend die blutverschmierten Hände, als das Messer wieder zustach.
    »Hilf mir. Um Himmels willen!«
    Nightingale hörte die Angst in seiner Stimme. Mit übermenschlicher Anstrengung wuchtete sie ihn hoch und rollte sich mit ihm weg. Ihr Angreifer war jetzt auf allen vieren und bleckte fauchend die Zähne. Nightingale stemmte sich hoch und zog Richard weiter weg, als die ersten der zu Hilfe eilenden Kollegen gegen den Jungen krachten, ihn zu Boden schleuderten und ihm das Messer entrissen. Ein ziemlich schwerer und fuchsteufelswilder Polizist drückte ihn mit seinem ganzen Gewicht nach unten, riss ihm die Arme auf den Rücken und legte die Handschellen so eng an, dass die Haut weiß wurde.
    Während zwei Beamte den spuckenden, fluchenden Jungen festhielten, kümmerten die übrigen sich um Richard und Nightingale und redeten beruhigend auf sie ein. In der Ferne hörte Nightingale die Sirene eines Rettungswagens und drückte noch fester auf die blutende Wunde ihres Partners.

Kapitel neun
    »Kommen Sie rein, Louise.« Superintendent Quinlan blickte auf und lächelte sie an. »Nehmen Sie Platz. Wie geht es Ihnen?«
    »Gut, danke.« Sie setzte sich gehorsam, das Gesicht ausdruckslos.
    »Ah, Andrew. Schön.«
    Nightingale fuhr zusammen, hielt aber das Gesicht nach vorn gerichtet. Sie war über eine Woche krankgeschrieben gewesen, und eine diskrete interne Untersuchung hatte sie inzwischen vollständig entlastet. Die Schuld war eindeutig dort abgeladen worden, wo sie hingehörte, nämlich auf den »grippegeplagten Schultern von Inspector Blite«. Er hatte seine krasse Fehleinschätzung der Erkrankung zugeschrieben, und der Assistant Chief Constable war geneigt, das zu akzeptieren. Quinlan hatte sich in diplomatischer Zurückhaltung geübt, doch in den Umkleideräumen und an Kantinentischen, wo niemand ein Blatt vor den Mund nehmen musste, herrschte Einigkeit, dass Blites kleinkarierte Erbsenzählerei nun endlich ans Licht gekommen war.
    D.C. Richard Rike würde mindestens einen Monat arbeitsunfähig sein, vielleicht noch länger, falls die durchtrennte Sehne an seinem Handgelenk ein zweites Mal operiert werden musste.

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