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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: corley
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kaufte sich ein Sandwich und spazierte aus der Stadt heraus zu einem ruhigen Fleck-chen oben auf den Klippen, wo er bis zum Abend etwas Schlaf nachholte. Um sechs Uhr wurde er von selbst wach.
    Auf dem Weg zurück in den Ort bewegten sich seine Beine mit gewohnter, alter Kraft, aber die Wunde am Hals tat wieder heftiger weh. Er holte eine Salbe und frisches Verbandszeug aus dem Rucksack und verschwand auf der Herrentoi-lette des Pubs, um sich die Wunden anzusehen. Wie er vermutet hatte, waren die langen, gezackten Schnitte entzündet und eiterten. Er bestrich sie mit der Salbe, drückte frischen Mull auf und klebte neue Pflaster darüber. Als er fast fertig 559

    war, kam jemand herein und musterte ihn befremdet, aber er achtete nicht darauf.
    Im Laufe des Tages hatte er sich allmählich daran ge-wöhnt, jemand zu sein, nach dem gefahndet wurde. Trotz seines Konterfeis in Millionen Zeitungen und im Fernsehen hatte ihn niemand erkannt, und er war noch immer ein freier Mann. Je mehr Stunden vergingen, desto zuversichtlicher wurde er. Falls nötig, würde er die Nacht bei Frank verbrin-gen und darauf warten, dass die Frau wieder im Ort auftauchte. Dann würde er sie töten und das Land verlassen.
    Im Pub bestellte er sich ein Bier und eine Käseplatte. Er trank genüsslich und behielt die anderen Gäste im Auge, um zu sehen, ob sie sich besonders für ihn interessierten. Im Gegenteil, man ignorierte ihn, und er entspannte sich etwas, blieb an der Bar stehen, halb verdeckt durch einen Stützbal-ken aus Eichenholz. Es war fast sieben Uhr, und der abendli-che Andrang setzte ein. Als der Mann hinter der Bar mal verschnaufen konnte und Zeit hatte, Gläser zu spülen, sah er zu Smith hoch, der vorsichtig seine Käseplatte mit Brot verspeis-te.
    »Neu hier?«
    »Heute angekommen. Aber wahrscheinlich hätte ich mir die Reise sparen können.«
    »Wieso das?«
    »Ich suche jemanden. Eine Frau, die … Na ja, sagen wir, sie hat sich was von mir geliehen und unabsichtlich vergessen, es zurückzuzahlen.« Sein Tonfall machte deutlich, dass diese Darstellung sehr nachsichtig war.
    »Ach so, alles klar. So Frauen gibt’s. Pech.«
    Er wandte sich wieder seiner Arbeit zu und hielt die Augen auf das Glas gerichtet, das er gründlich polierte, nicht auf Smiths Gesicht.

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    »Vielleicht ist sie schon mal hier gewesen. Groß, dunkelhaarig, manche würden sagen gut aussehend. Nicht aus der Gegend.«
    »Davon gibt’s viele, Mister. Wenn Sie ein Foto hätten, könnte ich Ihnen vielleicht helfen.«
    »Klar.« Er zog sein Portemonnaie hervor und faltete den Zeitungsausschnitt auseinander. »Das ist ein gutes Bild. Besser als jeder Schnappschuss, den ich je gemacht hab.«
    Der Wirt nahm es und erstarrte. Smith versuchte, seine leicht verärgerte Miene beizubehalten, aber es fiel ihm schwer, den Bissen hinunterzuschlucken, den er gerade im Mund hatte.
    »Schon mal gesehen?«
    »Ja. Sie hat die Haare jetzt länger, aber das Gesicht ist unverwechselbar. Sie war einmal hier, vor einem Monat oder so.«
    »Und trotzdem erinnern Sie sich noch an sie?«
    Der Wirt antwortete nicht gleich. Smith hätte ihn am liebsten angeschrieen und geschüttelt, doch stattdessen trank er einen kleinen Schluck Bier.
    »Wer hier im Ort würde das nicht?«
    »Was hat sie denn angestellt?«
    »Nicht sie, die Nightingales. Guter Name, ein Jammer, was aus der Familie geworden ist.«
    Der Wirt hielt inne, hatte anscheinend das Gefühl, schon genug gesagt zu haben. Smith zuckte die Achseln und hoffte, dass seine vermeintliche Gleichgültigkeit Ansporn genug war.
    Es klappte. Nach einer Weile konnte der Mann sich nicht mehr beherrschen und erklärte: »Die Nightingales haben seit Generationen hier gelebt. Sie hatten Landbesitz und betrieben die Mühle, aber dann ging’s bergab. In den Siebzigern wurde viel gemunkelt, was da auf der Farm so alles vor sich ging, 561

    Sachen, die Sie bestimmt nicht Ihrer Mutter erzählen würden.« Smith dachte an seine tote Mutter und lächelte zustimmend. »Jedenfalls, als Mr und Mrs Nightingale weggingen, sind ihr Sohn und ihre Tochter auf der Farm geblieben, bis zu seiner Heirat. Und die beiden haben sich mit den falschen Leuten eingelassen.«
    Smith konnte nicht länger warten: »Und diese Frau?«
    »Tochter von einer von Nightingales Affären. Keine Frage. Sie trägt seinen Namen, aber sie ist ihrer verlotterten Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten.«
    Smith überging diese Neuigkeit. Ihn interessierte nur die Adresse. »Und die

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