Crime - Kriminalromane und Thriller schreiben
Beobachters: Wir hören, was gesagt wird, wir sehen nur, was geschieht. Zusätzliche Hinweise – Entwicklungen, Lebenswege, Hintergründe, Humor, Kommentare – werden nur durch die Figur, wenn sie etwas darüber sagt, bekannt. Das ist der Stil, in dem Dashiell Hammett Der gläserne Schlüssel und Der Malteser Falke schrieb. In beiden Romanen geschieht nichts, ohne dass der Held anwesend ist. Interessanterweise ist die Kameraposition in John Hustons Kinoversion des Malteser Falken ein filmisches Äquivalent zu der Erzählerposition im Roman: Augenhöhe, mittlere Brennweite, keine schrägen Winkel.
Natürlich kann man mit der Kamera-Erzähltechnik auch von Figur zu Figur schwenken, ohne sich auf den Helden zu beschränken. Drehbücher werden fast ausschließlich in diesem Stil geschrieben. George Higgins hat einige seiner Bücher ebenfalls auf diese Weise verfasst.
Ich persönlich schreibe am liebsten in der ersten Person, weil es sich um meine natürliche Erzählstimme handelt. Mit den anderen Perspektiven tue ich mich schwerer.
In einer Geschichte mit einem Ich-Erzähler sieht der Leser nur das, was der Erzähler sieht. Das hat den Vorteil, dass schon dadurch Spannung erzeugt wird – es ist, als ob man nachts mit einer Taschenlampe durch eine dunkle Gegend geht: Alles ist schwarz bis auf das, was im schmalen Lichtkegel liegt. Es ist etwa so wie unser Leben – begrenzt und eingeschlossen in einem Körper.
Die Ich-Perspektive ist insofern sehr nützlich, als sie die Auswahl dessen, was geschehen kann, einschränkt. Als allwissender Autor habe ich oft das Gefühl, dass ich zu viele Möglichkeiten habe, die Geschichte zu erzählen, zu viele Informationen, für deren Verteilung ich verantwortlich bin. Wenn ich mich dagegen auf eine Person beschränke, kann ich mich nur so weit und so schnell vorwärts bewegen wie diese Person.
Ich muss auch nicht alles wissen. Das spielt keine große Rolle, wenn ich über New York schreibe, wo ich mich auskenne wie in meiner Westentasche. Aber den Mut, Priester waschen weißer in Österreich und der Tschechoslowakei anzusiedeln, konnte ich nur deshalb aufbringen, weil ich mich hinter dem Erzähler versteckte, der – genau wie ich – Amerikaner ist. Meine Unwissenheit und meine Fehler wurden damit getarnt und entschuldbar. Ich meine damit weniger Fehler bei geografischen Bezeichnungen oder Speisekarten, sondern Dinge, die beispielsweise mit der Kultur oder mit dem Alltagsleben zusammenhängen.
Als ich ein Buch schrieb, das in England spielte, wählte ich dafür die dritte Person. Kein Kinderspiel für mich. Jedes Mal, wenn ich auf meinen Bildschirm sah, fühlte ich mich unwohl bei dem Gedanken, dass ich nicht weiß, wie sich das Leben dort wirklich abspielt und wie es ist, wenn man als Engländer dort aufwächst.
Andererseits können die Einschränkungen der Ich-Erzählperspektive auch nachteilig sein. Man darf beispielsweise keine Informationen verwenden, die der Erzähler nicht wissen kann. Und da der Erzähler nicht bei jedem Ereignis anwesend sein kann, muss er vieles erst aus zweiter Hand erfahren. Dadurch können dramatische Ereignisse an Spannung verlieren. Deshalb beginnen viele Krimis mit Ich-Erzähler mit einem Prolog aus der Sicht eines Dritte-Person-Erzählers – so erfährt der Leser von dem alles weitere auslösenden Verbrechen aus erster Hand.
Hinzu kommt, dass Sie mit einem Ich-Erzähler keine Möglichkeit haben, dem Leser zu zeigen, was andere Personen fühlen und denken. Der Leser erfährt nur, was der Erzähler sieht und hört. Die anderen Figuren können dem Erzähler sagen, was sie denken und fühlen, aber oftmals werden sie lügen, etwas verschleiern oder verzerrt darstellen. Der Ich-Erzähler kann erraten, was sie denken und fühlen, aber anders als der Autor, der die Entwicklung bestimmt, hat die Hauptperson als Ich-Erzähler eigene Interessen, eine beschränkte Sicht der Dinge und natürlich auch charakter liche Schwächen. Er wird sich selbst belügen – und den Leser.
Wenn Sie einen Augenblick über das wirkliche Leben nachdenken, erkennen Sie, dass es viele Dinge gibt, die ein Ich-Erzähler nie erfahren und nie herausfinden kann. Das ist der Grund für all die nicht besonders glaubhaften und albernen Auflösungen, in denen der Antagonist langatmig über sein Verbrechen spricht und dem Protagonisten erklärt, wie und warum es begangen wurde. Eine solche Auflösung wirkt platt, konstruiert und ist für den Leser unbefriedigend.
Das muss aber nicht
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