Crime Machine: Thriller (German Edition)
kaltließ. Ich wusste, was Sharp beunruhigte. Trotz des Schadens, den die Ratten in Geordies Gesicht angerichtet hatten, war die Todesursache eindeutig erkennbar. Mitten auf seiner Stirn prangte ein Einschussloch. Die Kugel war, wenn man so will, sauber eingetreten, und es sah nach professioneller Arbeit aus. Wahrscheinlich war es die Austrittswunde gewesen, die die Ratten angelockt hatte. Die Hälfte von Geordies Schädel war weggesprengt, und überall auf dem Betonboden hinter ihm klebten Blut und Hirnmasse.
Eine Hinrichtung, ein ganz klarer Fall. Sie hatten den armen Geordie Cartwright hier an diesen kalten und einsamen Flecken gebracht, ihn wahrscheinlich niederknien lassen, ihm die Knarre vor das Gesicht gehalten, damit er sie sehen konnte, und abgedrückt. Er muss schon auf der Fahrt hierher gemerkt haben, was ihm bevorstand. Ich konnte mir kaum vorstellen, wie viel Angst er gehabt haben oder was ihm zum Schluss durch den Kopf gegangen sein musste. Ich fragte mich, ob er um sein Leben gefleht hatte.
»Ja«, sagte ich, »mir geht’s gut.« Und plötzlich merkte ich, wie sich meine Traurigkeit in Wut verwandelte. Diese unglaubliche Dreistigkeit raubte mir den Atem, und die Gnadenlosigkeit, mit der Geordie Cartwright ausgeschaltet worden war, festigte meinen Entschluss, ebenso unbarmherzig vorzugehen, sollte ich jemals in die Position gelangen, Finney von der Leine zu lassen. »Scheiße!«
»Das ist heftig«, murmelte Sharp überflüssigerweise, »echt heftig. Gibt’s jetzt Krieg? Kein Mensch braucht Krieg. Wir brauchen keinen verfluchten Revierkampf.«
»Ich weiß es nicht, woher denn auch? Kommt darauf an, wer es war. Ob’s ein Einzelner war oder ein paar Unabhängige, dann werden wir sie finden und …« Ich musste den Satz nicht beenden.
»Und wenn nicht? Was, wenn jemand glaubt, dass man Bobby einfach so ausnehmen kann? Jemand, der selbst der neue Mann an der Spitze werden will, was dann?«
»Dann ist er tot. Mit Bobby Mahoney legt man sich nicht ungestraft an, das weißt du. Wie oft hat er das schon bewiesen? Immer und immer wieder, über fünfundzwanzig Jahre lang.«
»Ich weiß«, sagte er traurig.
»Aber was?«
»Aber das kommt mir hier irgendwie anders vor, professioneller.«
»Was ist professionell daran, jemandem eine Kugel in den Kopf zu jagen«, fragte ich, obwohl ich dasselbe dachte, »das kann jeder. Die haben nicht mal die Leiche ordentlich entsorgt. Du hast sie innerhalb von vierundzwanzig Stunden gefunden.«
»Ich hab darüber nachgedacht«, sagte er, »warum lässt man eine Leiche hier so offen liegen, in einer Gegend, in der sich die Polizei nicht blicken lässt und wo es vor Gangs nur so wimmelt, wenn man nicht will, dass sie gefunden wird?«
Auch das hatte ich mir schon gedacht. Jemand wollte uns eine Botschaft senden.
»Draußen auf der Straße wird erzählt, Cartwright sei mit Bobbys Geld abgehauen«, sagte er, »mit einer Menge Geld.«
»So was spricht sich schnell herum«, sagte ich gereizt, weil offenbar die ganze verfluchte Stadt wusste, was los war, nur ich nicht. »Gut.«
»Was?«
»Klingt, als hätte jemand den Mund zu weit aufgerissen, damit geprahlt, sich mit Bobby anlegen zu wollen, ihn zu beklauen und damit durchzukommen, was bedeutet, dass wir bald erfahren werden, wer’s war, und ihn uns vorknöpfen können. Problem gelöst.«
»Vielleicht.«
»Auf die Art geht’s der Hälfte aller jungen Gangster in Tyneside an den Kragen. Die können es alle nicht lassen und posaunen in die Welt hinaus, was sie gemacht haben. Die glauben, damit verschaffen sie sich Respekt.«
»Ja, du hast recht.«
»Ich weiß, dass ich recht habe«, fuhr ich ihn an. Ich brauchte ihn nicht, damit er mir das sagte. Ich ließ Cartwrights Leiche liegen und ging weg. Sharp folgte mir über den rissigen Betonboden des Fabrikgebäudes, stieg über die Pfütze. Der Großteil des Dachs war schon vor Jahren eingestürzt, lieferte das Innere schutzlos den Elementen aus, und ich zitterte vor Kälte.
»Wie hast du ihn gefunden?«, fragte ich.
»Hab durchblicken lassen, dass ich George Cartwright suche, sozusagen inoffiziell. Hab gesagt, da wären zwei Riesen drin, wenn er gefunden wird, tot oder lebendig. Ich hoffe, das war okay.«
»Kein Problem.« In unserer Branche waren das Pfennigbeträge.
»Ein paar Stunden später bekam ich einen Anruf. Anscheinend haben ihn die Western Boyz entdeckt, als sie ihr Revier abgelaufen sind.«
»Scheiß Name für eine Gang. Klingt nach einem Haufen
Weitere Kostenlose Bücher