Crime Machine: Thriller (German Edition)
nachvollziehbar. Auch Bobby war einst so zur Nummer eins geworden – indem er skrupelloser vorging als der Typ, der ihm im Weg stand. Es muss einen Tag gegeben haben, an dem sich Bobby umgesehen und plötzlich gedacht hat: »Ich will an die Spitze. Ich bin gut genug, hart genug, und ich zieh das durch. Dabei werden Menschen sterben, aber ich bin bereit, diesen Preis zu bezahlen.« Und den Preis hat er gezahlt, hat den Kerl an der Spitze ersetzt, indem er ihn und die wichtigsten seiner Männer umgebracht hat, natürlich mit Finneys Hilfe. Aber das war vor über zwanzig Jahren gewesen, und die Welt hat sich seitdem verändert. Um heutzutage mit dem Leben ganz oben klarzukommen, musste man ziemlich politisch sein. Genau darum ging’s ja schließlich bei der Übergabe. Man musste eine Ahnung von Politik haben, vom großen Geschäft, von der Rechtslage ebenso wie von der kriminellen Szene, man musste seine Schäfchen ins Trockene bringen und dafür sorgen, dass der Geldfluss nicht abriss, man brauchte korrupte Polizisten und zwielichtige Politiker, windige Journalisten und bestechliche Buchhalter. Man musste wissen, wann man Leuten Angst einjagen und wann man ihnen Geld zustecken sollte. Ein Imperium zu leiten war ein harter Job, und ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass einer der einheimischen Ganoven die grauen Zellen besaß, um es auch nur zu versuchen.
Aber wer dann?
In jener Nacht lag ich neben Laura im Bett und konnte nicht schlafen, als ich plötzlich eine Eingebung hatte – der Grund, weshalb mir Bobby vertrauen konnte. Es war riskant, ihn mitten in der Nacht anzurufen und um ein Treffen zu bitten, aber mein Instinkt sagte mir, dass es das einzig Richtige war. Es war zwar spät, aber er würde noch nicht schlafen. Dafür kannte ich ihn zu gut. Er würde auf und ab gehen und wie ich dieselben Gedanken in seinem Kopf hin und her wälzen.
Prompt ging er nach dem ersten Klingeln ans Telefon. Er klang zurückhaltend, defensiv.
»Ja«, sagte er ungeduldig.
»Ich möchte dich sprechen«, sagte ich.
»Was? Jetzt?«
»Nein, nicht jetzt«, sagte ich. »Morgen, sobald du kannst. Ich muss dir was sagen.«
Vorübergehend herrschte Schweigen in der Leitung, während er die Mitteilung verdaute.
»Gut«, sagte er, »wir treffen uns morgen früh bei Frank.« Wir verabredeten eine Uhrzeit, und ich legte auf. Dann ging ich wieder ins Bett und schlief wie ein Baby.
10
W ir waren beide nackt, lagen mit den Gesichtern nach unten auf zwei Massageliegen, weiche weiße Handtücher über den Ärschen bedeckten unsere Blöße. Tina und Susan, die beiden hübschesten Mädchen in dem Laden, was selbstverständlich kein Zufall war, kneteten uns fachmännisch mit ihren sanften, öligen Händen die Anspannung aus dem Nacken, und es fühlte sich gut an, richtig gut.
Bobby war den Umständen entsprechend gut gelaunt. Möglicherweise hatte er mich jetzt nicht mehr in dem Verdacht, ihn übers Ohr gehauen zu haben, jetzt, wo ich Cartwrights Leiche gefunden hatte, aber wahrscheinlich machte er mir was vor. Und hatte deshalb so viel Spaß mit den Mädchen. Wenn die Geschäfte schlecht liefen, tat man am besten einfach so, als sehe die Zukunft rosig aus. Manche nennen das fröhlich fiedeln, während Rom schon brennt. Ich nenne das gesunden Menschenverstand, denn wenn die Leute das Vertrauen in Bobbys Fähigkeiten verlieren würden, wäre er längst so gut wie tot.
»Weißt du, das ist so ziemlich der einzige legale Massagesalon, an dem ich Anteile habe«, erklärte er Tina, die darüber schmunzelte.
Sie war Mitte zwanzig und ausgebildete Therapeutin, Masseuse und holistische weiße Hexe, oder wie auch immer die sich heutzutage nennen, wenn sie einen Abschluss in Heilkunde oder so einem Scheiß haben.
»Da hast du recht, mein Lieber«, sagte sie im Brustton der Überzeugung, »hier holt dir keine einen runter.« Das andere Mädchen lachte und setzte kokett hinzu: »Na ja, vielleicht, wenn du Geburtstag hast.« Daraufhin mussten wir alle lachen.
»Zufällig wird er heute neunundzwanzig Jahre alt«, sagte ich, was zu noch mehr Gelächter führte. Aber Tina ließ sich keine Pointe nehmen.
»Dann hast du gewonnen«, sagte sie. Sie machte eine kleine wirkungsvolle Kunstpause und fuhr fort: »Ich geh und hol Gary. Der ist bei uns der Experte fürs Runterholen.«
»Verpiss dich«, sagte Bobby, lachte dabei aber immer noch. Ich hatte Gary gesehen, unseren Spitzenmasseur. Wenn der nicht schwul war, dann hätte er es werden sollen.
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