Crime Machine: Thriller (German Edition)
Übergabe ging’s um eine beträchtliche Summe, die aber, gemessen an unserem Jahresprofit, verschwindend gering war. Wäre das anders, würden wir es nicht bezahlen, so einfach ist das. Wir würden es darauf ankommen lassen, aber wir würden wissen, dass da draußen eine große Organisation ist, die viel Zeit und Energie darauf verwendet, uns zur Strecke zu bringen, und wir kamen ganz gut ohne derartige Konflikte aus.
Aber das Arrangement war nicht rein negativ. Wir hatten eine Menge von der Übergabe, unter anderem unbezahlbare Informationen. Amreins Leute hatten ein schon fast unheimliches Gespür dafür, Sachen herauszufinden, wie zum Beispiel den Namen und die Adresse eines wichtigen Zeugen der Staatsanwaltschaft. Sie konnten uns sagen, ob wir bei irgendeiner Behörde auf der schwarzen Liste standen oder ob wir uns unterhalb ihres Radars bewegten, ob die Polizei gerade umfassende Ermittlungen durchführte, die unsere Geschäfte betrafen, oder ob sie es gut sein ließen, weil wir das kleinere, ihnen bekannte Übel waren. Die meisten Leute machen sich nicht bewusst, dass organisiertes Verbrechen oft geduldet wird, weil die Alternative unorganisiertes Verbrechen wäre – auch bekannt als totale Anarchie. Die Polizei steht nicht auf Amateurgangster, die sich jede zweite Woche wegen eines Tütchens Heroin abknallen. Ihr Revier wirkt dann wie eine gesetzesfreie Zone, und die Verbrechensstatistiken schießen ins Kraut, was zur Folge hat, dass der Revierleiter niemals Chef von Scotland Yard wird. Stattdessen erlauben sie lieber jemandem, der sich damit auskennt, den illegalen Handel zu kontrollieren und zu regulieren. Auf die Art wird niemand verletzt, schon gar keine unschuldigen Passanten. Die Polizei hasst es, wenn einer Hausfrau oder einem harmlosen Geschäftsführer die Rübe weggeblasen wird, weil jemand aus einem fahrenden Wagen heraus in die falsche Richtung ballert. Es macht ihnen weniger aus, wenn ein stadtbekannter Heroindealer mit dem Gesicht nach unten im Tyne gefunden wird und dadurch der Frieden gewahrt bleibt. Der Polizei geht es eigentlich wie den meisten Menschen. In erster Linie wollen sie ein ruhiges Leben, und wir tun unser Möglichstes, damit sie es bekommen.
Was haben wir sonst noch von der Übergabe? Einfluss, politisch und auch sonst. Ich sage nicht, dass jemand mit unserem Geld Kabinettsmitglieder besticht, damit sie das Gesetz zu unseren Gunsten ändern. Das will ich nicht behaupten. Es ist sehr viel komplizierter, läuft aber im Prinzip auf dasselbe raus.
Und das funktioniert so: Amreins Leute nehmen eine Menge Geld ein, und ein Teil davon wird den großen Parteien gespendet. Das Geld kommt aber nicht direkt von Amrein. Es wird vielmehr über legale Organisationen umgeleitet, die von profilierten Geschäftsleuten geführt werden. Leute, von denen Sie wahrscheinlich auch schon mal gehört haben. Diese machen so viel Umsatz, dass sie bei den Männern in der Regierung auf offene Ohren stoßen; Mittagessen mit dem Parteivorsitzenden, eine Einladung nach Chequers, so was in der Art. Im Verlauf der Unterhaltung lässt man durchblicken, dass man bereit wäre, die Fördergelder zu erhöhen; sagen wir mal, aus hunderttausend Pfund pro Jahr könnte eine Viertelmillion werden, vorausgesetzt, die Regierung könnte sich der Prioritätensetzung dieses bestimmten Geschäftsmannes anschließen, was die Gegend angeht, in der er wohnt. Das ist der Punkt, an dem die gierigen Äuglein des Parteivorsitzenden zu leuchten beginnen, er beugt sich über sein Glas Chassagne Montrachet und fragt ganz im Vertrauen, wie diese Prioritäten wohl aussehen. Daraufhin bekommt er einen leidenschaftlichen Vortrag darüber gehalten, dass die Polizei im Nordosten Englands Zeit und Ressourcen verschwendet. Warum ist man auf der Jagd nach einigen wenigen großen Nummern, die sich allem Anschein nach bloß gegenseitig bekämpfen? Stattdessen könnte man sich doch auf ernstere Angelegenheiten konzentrieren, wie zum Beispiel Menschenhandel, an dem wir keinerlei Anteil haben, oder darauf, Heroindealer in Problemvierteln und Einbrecher dingfest zu machen – mit beiden haben wir nichts zu tun.
Wenn man es richtig macht, geht der Trottel, der die Kohle kassiert, zum Schluss in der Überzeugung aus dem Gespräch, dass der rechtschaffene Geschäftsmann, der selbstverständlich bereits im Vorfeld gründlich unter die Lupe genommen wurde, der gleichermaßen rührenden wie exzentrischen Ansicht ist, es sollten mehr freundliche Bobbys
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