Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Crime Machine: Thriller (German Edition)

Crime Machine: Thriller (German Edition)

Titel: Crime Machine: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Linskey
Vom Netzwerk:
war verschwunden, nur dass sie gar nicht wegging. Stattdessen sah ich sie vorn um den Wagen huschen, und plötzlich stand sie an meinem Fenster. Ich ließ die Scheibe herunter, und sie sagte noch einmal »danke« und breitete die Arme aus, um sich noch mal umarmen zu lassen. Als ich nicht darauf reagierte, sagte sie mit falschem amerikanischen Akzent: »Ach komm schon, Baby, gib mir Zucker.«
    Ich streckte einen Arm durchs offene Fenster, sie schlang die Arme um mich, und dieses Mal war es eine echte Umarmung. Gott, sie roch so gut, und ich wusste, dass ich sie loslassen musste, aber dafür war es viel zu schön.
    Ihre Stimme an meiner Schulter klang gedämpft, aber ich konnte trotzdem jedes Wort verstehen. Sie wiederholte meinen Spruch: »Man wird nicht jeden Tag einundzwanzig Jahre alt.« Dann zögerte sie einen Augenblick und fügte hinzu: »Ich hab noch nicht mal einen Geburtstagskuss bekommen … von niemandem.«
    »Geburtstagskuss?«, fragte ich wie ein Trottel.
    »Ja.«
    »Na gut«, sagte ich, und bevor mir etwas Cooles oder Abfälliges oder weniger Riskantes einfiel, hob sie ihren Kopf von meiner Schulter, legte mir ihre kühlen Handflächen sanft auf die Wangen und sagte leise: »Nur einen.« Dann drückte sie ihre Lippen sachte auf meine und küsste mich lange und langsam. Und ich tat nichts dagegen, obwohl ich wusste, dass es wahrscheinlich das Dümmste und Gefährlichste war, das ich in meinem ganzen Leben gemacht hatte. Ich ließ einfach zu, dass sie mich küsste, und auch, dass sie mir ihre Zunge in den Mund schob. Genau genommen küsste ich sie sogar selbst, bis ich alles um mich herum vergaß; wer ich war, wer sie war, wer ihr Dad war, eine gewisse Laura, alles. Und gerade, als es mir am allerbesten gefiel, hörte sie auf.
    »Puh«, sagte sie, als hätte es ihr auch Spaß gemacht, »dann sag ich mal gute Nacht.«
    »Gute Nacht, Sarah«, bekam ich gerade noch heraus.
    »Das stimmte übrigens«, fügte sie hinzu, als sie sich langsam vom Wagen entfernte, »was Jo gesagt hat.« Und sie lachte, laut und verlegen, als könnte sie kaum glauben, dass sie es vor mir zugegeben hatte. Dann verschwand sie, ging die Kiesauffahrt hoch – aber vorher drehte sie sich noch mal um und rief: »Denk auf der Fahrt zu deiner Frau darüber nach!«
    Und das tat ich. Natürlich tat ich das, wenn ich ehrlich bin, hab ich über nichts anderes nachgedacht, und genau das hatte sie gewollt, das unverschämte kleine Luder.

    Als ich nach Hause kam, war Laura noch wach. Sie saß allein auf dem Sofa, und ihre Augen waren tränenverschmiert. Sofort fing ich an zu überlegen, was ich falsch gemacht hatte, oder besser gesagt, ich überlegte, was sie davon wissen konnte.
    »Was ist denn los?«, fragte ich in Panik, während mich meine innere Stimme ermahnte, kein Idiot zu sein. Sie konnte sich schlecht draußen vor Bobbys Haus im Gebüsch versteckt haben. Und Wanzen hatte sie auch keine in meinem Wagen installiert. Oder doch?
    »Ist wegen Mum«, sagte sie leise, »sie ist tot.«

22
    D ie Beerdigung war ziemlich trostlos, selbst gemessen am ohnehin schon trostlosen Standard. Ich hasse Beerdigungen, aber Laura und ihre Schwester konkurrierten auf dem Wasserwerk-Sektor, und ich musste pflichtschuldigst den Partner der trauernden Tochter mimen, weshalb ich mir wie ein echter Heuchler vorkam, da ich die Alte nicht mal hatte leiden können. Auch sie hatte sich keine Mühe gegeben, zu verschleiern, dass die Abneigung auf Gegenseitigkeit beruhte.
    Der Gottesdienst zog sich ewig hin, und ich bekam allmählich das Gefühl, in der Falle zu sitzen. Beerdigungen haben etwas an sich, das ich nicht ausstehen kann. Vielleicht liegt es auf der Hand, aber irgendwie erinnern sie einen immer an die Unausweichlichkeit des eigenen Todes. Es handelt sich um scheinbar sinnlose Übungen. Die Person, die das Sterben übernommen hat, ist weg vom Fenster, und das ist sehr traurig, aber sie wird nicht wieder zurückkommen, und wir müssen trotzdem weitermachen. Also bringt es nichts, Trübsal zu blasen. Manche Leute finden Beerdigungen tröstlich, aber ich glaube, das ist ein Haufen Blödsinn. Die Verwandten, zu denen man längst keinen Kontakt mehr hat, kommen plötzlich aus ihren Löchern gekrochen, und für die Älteren ist es wie ein Ausflug. Sie können kaum ihre Freude darüber verbergen, dass sie selbst noch da sind und den oder die andere überlebt haben. Dann das ganze blöde Gequatsche darüber, wie gut doch alles gegangen sei, und über das schöne

Weitere Kostenlose Bücher