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Crime

Crime

Titel: Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh , Pößneck GGP Media GmbH
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boshafter Genugtuung in das luxuriöse Sofa zurücksinken.
    Dolores ist von Trudi offenbar hingerissen.– Nein, was für ein hübsches Ding, schwärmt sie und mustert Trudi wohlwollend. Trudi bringt es sichtlich in Verlegenheit, denn ihre Hand fasst automatisch an ihr Haar. Dann erstarrt ihre Miene bei dem Gedanken, dass die Liste der Hochzeitsgäste nun noch länger wird.
    Dolores ergreift die Tasche, die sie umhängen hat, und tänzelt damit elegant durch den Küchenbereich. Ginger hat erzählt, sie sei von Beruf Tanzlehrerin gewesen. Lennox sieht selbst, dass sie graziös und ausgezeichnet in Form ist, abgesehen von einem kleinen Bäuchlein vielleicht. Wie Ginger hat auch sie unter ihrem toupierten Haar ein Funkeln in den Augen, das Lennox und ein paar der anderen Jungs von der Truppe für gewöhnlich als »Fickglitzern« bezeichneten. Die beiden würden sich nicht kampflos dem Alter ergeben.
    Dolores und Ginger geben Trudi und Lennox separate Wohnungsführungen. Alles in der Wohnung ist neu: untadelig, hochglanzpoliert und ohne ein Staubkorn. Lennox registriert den Geruch, diesen leicht verbrannten Geruch, der in den USA so verbreitet zu sein scheint. Musste wohl an den Putzmitteln liegen, die sie benutzten. Er fragt sich, ob England für amerikanische Besucher auch einen charakteristischen Geruch hat, und versucht, ihn sich vorzustellen. Im ehelichen Schlafzimmer führt Ginger seinen elektronischen Münzensortierter vor.– Du legst einfach dein Kleingeld rein, und er sortiert es, bis zu zwanzig gleichzeitig. Es wird automatisch gestapelt und in Papier gewickelt. Toll, was?
    – Wenn du so viel Münzgeld ansammelst, warum bringst du’s nicht einfach so zur Bank?
    – Die Scheißbanken. Ginger senkt die Stimme, tippt sich an den Kopf und zwinkert.– Die Fotzen zocken dich doch nur ab.
    Im Nebenzimmer erwärmt sich Trudi ganz gegen ihre Natur für den derben Charme dieser amerikanischen Frau, die älter ist als ihre eigene Mutter.– Meine Mom hat einen Cop geheiratet und mir immer geraten, nicht den gleichen Fehler zu begehen, lamentiert Dolores.– Ich hab’s trotzdem getan, zweimal. Kleiner Ratschlag: immer schön an die Kandare nehmen.
    – Das merk ich mir.
    Ginger, der das Gerede von Hochzeiten, Kleidern und Festsälen durch die Wand hört, flüstert Lennox zu:– Die Mädchen scheinen sich ja angefreundet zu haben. Was hältste davon, wenn wir unsere Beschatter abschütteln und ich dir was Ausgefalleneres zeige?
    – Okay, stimmt Lennox zögernd zu und fragt sich, wie er das Trudi beibringen soll. Dass es ihm so schwerfällt, sich in die Diagnose Depression, beziehungsweise deren gesellschaftsfähigerer Schwester, »Stress«, zu fügen, rührt daher, dass es de facto die Aberkennung seiner moralischen Kompetenz bedeutet. Zumindest theoretisch kann jede seiner Äußerungen nun als Symptom der Krankheit gewertet werden. Und Trudis Umgang mit seiner angeblichen Verfassung schmeckt ihm zu sehr nach Kontrolle (nämlich ihrer) und Entmündigung (seiner). Ihrer Logik zufolge schweiften seine Gedanken zwangsläufig immer zu seiner traumatisierenden Arbeit zurück, und jeder eigenständige Gedanke seinerseits war damit per se schädlich. Sie ersetzte das alles durch ihre Projekte, schöne Dinge, mit denen man sich beschäftigen konnte– die Hochzeit, das gemeinsame Haus, die Möbel, die Kinderplanung, das größere Haus, dieser ganze schon bis zum Tod vorgezeichnete Lebensweg, von dem er Beklemmungen bekam.
    Genau in diesem Moment taucht Dolores wieder auf und verkündet:– Ich werd diese hübsche Lady mal für ein Weilchen entführen, Ray, um ihr ein paar Läden für Hochzeitsmoden zu zeigen. Ich schätze, ihr Jungs habt euch ohnehin einiges zu erzählen.
    – Aye, prima. Lennox registriert Trudis verschmitztes Lächeln und dann Gingers anzügliches Augenzwinkern.
    Sie warten noch ein paar Minuten, nachdem die Frauen weg sind, dann gehen sie ebenfalls und steigen wieder in den Dodge. Sie fahren auf dem Broward Boulevard Richtung Westen, vorbei an einer großen Polizeiwache, und halten schließlich vor dem Torpedo Club auf der 24 th Avenue. Sie parken auf dem Parkplatz hinter dem einstöckigen Betonbau, der von außen wie ein Bunker aussieht. Über dem Vordereingang prangt die Reklame »Friction Dancing«.– Der Laden ist obergeil, meint Ginger zu Lennox.
    Ein riesiger Latino in einem schwarzen T-Shirt, aufgepumpt durch Eisenstemmen und Steroide, steht am Eingang. Seine abweisend grimmige Miene weitet sich

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