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Crime

Crime

Titel: Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh , Pößneck GGP Media GmbH
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schrilles Kreischen, das er mit voller Kraft gegen sein Ohr presst, damit Tianna es nicht hört. Dann verstummt es, und sein Arm ist steif. Seine schlimme Hand hält den Hörer wie ein Schraubstock. Als er ihn vom Ohr nimmt, ist am anderen Ende nur Stille, und er legt ihn mit einem Klicken auf die Gabel.
    Das Mädchen sieht ihn mit brennenden Augen an.– Was ist passiert? Wo ist Momma?
    Was soll er ihr sagen?– Deine Mutter fühlt sich im Moment nicht so gut. Ihr ist ein bisschen schlecht.
    Seine Antwort ernüchtert sie. Ihre Augen werden glasig, und sie sinkt als Häuflein Elend wieder in den Sessel.– Ist esvon den Drogen? Die Resignation macht ihre Stimme müde.– Sie verträgt das Pulver nicht.
    – Was weißt du denn darüber?
    Sie sieht ihn gemessen an und fragt:– Weißnich. Und du?
    – Nichts, seine Stimme schwach und stockend.
    – So wie du schniefst und rotzt, scheinst du aber ne Menge darüber zu wissen, sagt Tianna, und er hasst die welterfahrene Verachtung in ihrem Tonfall.
    Er versucht es ganz locker:– Ich bin erkältet. Ich komm aus Schottland, da ist es nicht so wie in Florida.
    Sie streicht sich wieder die Haare aus dem Gesicht und mustert ihn mit Adleraugen:– Na klar doch.
    Lennox fühlt sich klein und hässlich.– Ist deine Mum vorher schon mal   … so krank gewesen? Er bringt es nicht über sich, »auf Droge« zu sagen.
    – Sie kommt grad vom Entzug.
    – Wer hat sich um dich gekümmert, als sie auf Entzug war?
    – Starry, sozusagen.
    – Hast du keine Oma oder Opa?
    Sie schüttelt den Kopf und senkt den Blick.
    Als er sich an Ronnie Hamil erinnert, fragt er nicht weiter; das Letzte, was manche Kinder wollen, ist Kontakt zu den Großeltern.– Du magst Starry, Johnnie und Lance nicht so besonders, was?
    Tianna sieht ihn grimmig an.– Die sagen, sie wären Mommas Freunde, aber das sind keine Freunde von ihr.
    Das überzeugt ihn von der Notwendigkeit, schleunigst aus der Wohnung zu verschwinden. Er will Lance Dearing oder Johnnie nicht noch mal begegnen.– Worauf hast du Lust? Bist du hungrig? Robyn hat ihm eine Adresse genannt. Wenn es nicht zu weit weg ist, könnte er ihre Bitte erfüllen und das Kind dort lassen. Dann zurück ins Hotel.Mit Trudi versöhnen. Ins Bett gehen. Oder gar an den Strand legen.
    Trudi. Heilige Scheiße .
    – Ich will nicht hierbleiben. Tianna geht es offensichtlich nicht anders als ihm.– Ich will bei Chet bleiben.
    – Wer ist Chet?
    – Onkel Chet. Der ist irgendwie cool, sagt sie, und ihr Lächeln gibt eine Ahnung von der kindlichen Kraft, jede Bitternis zu läutern.
    Lennox sieht auf den Block, auf dem er die Adresse notiert hat. Er kann seine eigene Handschrift kaum entziffern. CHET LEWIS , OCEAN DAWN , GROVE MARINA ; BOLOGNA .
    Eine Telefonnummer hat Robyn nicht angegeben, aber zumindest wusste Tianna, wem ihre Mutter sie anvertrauen wollte, und war damit einverstanden.– Hast du Onkel Chets Telefonnummer?
    – Wahrscheinlich da drüben am anderen Telefon, sie zeigt in Richtung Diele,– auf der großen Tafel.
    Lennox geht zu der weißen Kunststofftafel. Panik lähmt ihn, als sie ihn in ihrer ganzen Nacktheit anstarrt. Vorher war sie völlig vollgekritzelt mit Telefonnummern und Nachrichten gewesen.– Wer hat sie abgewischt?
    Tianna ist ihm gefolgt und sieht erst zu Lennox, dann auf die Tafel.– Weißnich.
    Er denkt an Ally Notman beim Abwischen der Tafel im Büro, die ausholende Bewegung, mit denen er mit dem Schwamm darübergefahren war. Alles gelöscht. Ende der Ermittlungen. Der groß darauf prangende Name BRITNEY für immer getilgt.
    Er hatte geschaudert, als er zugesehen hatte, wie die Tafel ausgewischt worden war. Und hier im Flur dieser Wohnung in Miami überkam ihn ein ähnliches Frösteln.
    Ganz Cop, durchsucht er die Wohnung systematischnach Briefen, Notizen, Rechnungen, Bankauszügen, irgendwas. Alles weg. Lennox weiß, dass niemand, der so desorganisiert ist, derart pingelig sein könnte. Hier hatte jemand ganz professionell Beweise verschwinden lassen, wenn auch hastig, während er mit dem Kind im Bad eingesperrt war. Dearing. Er musste als Letzter von allen gegangen sein. Um alles von der Tafel zu wischen, brauchte er nur Sekunden, um alle persönlichen Sachen in eine Mülltüte zu stopfen, wenige Minuten, wenn er wusste, wo er nachsehen musste .
    Tianna steht ein Stückchen auf Distanz von ihm. Abwartend. Die Arme verschränkt.– Gehn wir zu Chet?
    – Wie weit ist das?
    – Weißnich.
    – Können wir zu Fuß hingehen?
    Nach

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