Crimson - Teuflische Besessenheit (German Edition)
Fehlanzeige!
Als ich die Schranke endlich erreichte, fiel eine drückende Last von mir ab und eine seltsame Ruhe machte sich bemerkbar. Ich schaltete das Radio ein. Der Song, der gerade lief, trieb mir ungewollt ein leichtes Lächeln ins Gesicht, da ich es einfach nicht glauben konnte, in welche Situation ich mich gebracht hatte. Und dann dieses Lied dazu: Louis Armstrong »We have all the time in the World«. Von wegen, Louis, Zeit war genau das, was ich nicht vorrätig hatte in meiner Kühlbox bei diesem blutigen Picknick.
Ich wusste nicht mehr, wo genau mir der Kopf stand. So viele Informationen gleichzeitig schienen mir nicht gut zu tun. Es tat sich regelrecht die Hölle auf, und ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Im Grunde wurde ich jetzt von zwei Parteien gejagt: Erstens von den Chlysten und dann auch noch von diesem unsympathischen Fender. Ich konnte mir denken, dass er wusste, dass ich in dem Gebäude war, das er hatte absperren lassen. Das hatte ihm bestimmt nicht gefallen.
Doch was war mit Elsa? Dieser Gedanke war weitaus dominanter als sämtliche Ereignisse der letzten Wochen. Wo war sie? Die Vorstellung, dass sie mehr oder weniger vor meinen Augen völlig lautlos verschwunden war, trieb mich in den Wahnsinn. Wie war das möglich? War ich derart abgelenkt gewesen?
Mein Mund fühlte sich trocken an und ein widerwärtiger Geschmack klebte an meinem Gaumen. Meine Blicke galten der aufgehenden Sonne, deren sanfte Strahlen die schneebedeckte Landschaft berührten. Wunderschön!
Doch bald merkte ich, wie mir noch ein weiterer Feind im Nacken saß – ein Feind den ich bereits kannte. Und ich fürchtete mich vor ihm: Die Einsamkeit! Aber dieses Mal weitaus erdrückender und bedrohlicher als je zuvor. Der Grund war Elsa. Ich vermisste sie. Dieses Gefühl des Vermissens, verstärkt durch die Tatsache ihres mysteriösen Verschwindens, ließ mich förmlich erschauern. Ich betete, dass es ihr gut ging und nahm mir vor, nicht eher Ruhe zu geben, bis dieser Fall und ihr Verschwinden vollständig aufgeklärt waren. Zum Teufel auch! Selbst wenn es mich mein Leben kosten würde. Was soll’s? Was hatte ich noch zu verlieren?
Meine Müdigkeit wurde mit der Zeit immer gnadenloser. Ein kurzer Sekundenschlaf am Steuer ließ mich hellwach werden. Der Zählerstand am Tacho verriet mir, dass ich noch knapp fünf Meilen vor mir hatte und ich schrie mich selbst an, dass ich mich zusammenreißen sollte. Es schien zu helfen, meine Augen blieben offen.
Allerdings schlug mein Herz plötzlich schneller. Ich dachte an die letzte Flucht aus meinem Büro, als diese ganzen Gestalten aufgetaucht waren. Ich hoffte, dass sie inzwischen verschwunden waren!
Ich bog in die letzte Kurve ein und in nicht allzu weiter Entfernung sah ich einige verschneite Häuser der Amish. Stumme Zeugen jener Schreckensnacht! Mir war natürlich bewusst, selbst wenn die Häuser sprechen könnten, würden sie eher dem Teufel Auskunft geben als mir! Diese scheinheiligen Bastarde! Ein weiteres dunkles Kind, welches die Kirche und ihr irrsinniger Glaube an einen Heiland hervorgerufen hatten. Nicht, dass ich ungläubig war, nein, ich glaubte an Gott, doch dieser Fanatismus, den solche Gruppierungen an den Tag legten, war eine Freikarte für den Scheiterhaufen, um den ganzen Unrat der Kirche und deren Anhänger endgültig vom Erdball zu tilgen. Gebt mir ein Feuerzeug!
Als ich vor meinem Bungalow ankam, erkundete ich von meinem Wagen aus die Umgebung. Nichts rührte sich. An meinem Büro schien mir ebenso nichts Verdächtiges zu sein, keine zerbrochenen Scheiben, die Tür schien völlig in Ordnung. Und das Dach? Niemand befand sich darauf.
Ich parkte den Wagen neben meinem völlig zugeschneiten Chevy und atmete noch einige Male durch, bevor ich ausstieg. Sofort drang eisige Luft in meine Lungen und ich musste husten.
Absolute Stille! Nur der eisige Wind drang an meine Ohren, kein weiteres Geräusch war zu vernehmen. Die Türklinke war schon zum Greifen nahe, und das instinktive Gefühl, dass mich hier etwas Unbekanntes erwarten würde, warnte mich vor jedem weiteren Schritt. Eine Unruhe überkam mich. Ich war davon überzeugt, dass mich hinter dieser verdammten Tür etwas Schauderhaftes empfangen würde.
Als der Schlüssel in das kalte, leicht gefrorene Schloss drang, klemmte es ein wenig. Doch bevor ich den Schlüssel herumdrehte, schaute ich nach dem Streichholz, das ich vor meinem letzten Verlassen meiner Behausung in die Tür ganz oben eingeklemmt
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