Crimson - Teuflische Besessenheit (German Edition)
Fast schon instinktiv suchte ich mir ein Gebäude aus, das etwas weiter von Davids Haus entfernt stand. Ich hatte keine Lust, ihm jetzt zu begegnen. Ich fürchtete mich nicht so sehr davor, ihm noch einmal in die Augen zu sehen, nein, eher hatte ich Angst vor meiner eigenen, unvorhersehbaren Reaktion. Vielleicht hätte ich David aus Reflex umgebracht, genährt vom Hass darauf, wie er Elsa behandelte. Es wäre aber auch möglich gewesen, dass ich ihn als einen Vater anerkannt und ihn als solchen umarmt hätte. Mein innerer Kampf entbrannte ähnlich einem gigantischen Riesenfeuer, das Rom hätte unwiderruflich niederbrennen können, wie es einst Kaiser Nero vorgehabt hatte.
Das Haus türmte sich bedrohlich vor mir auf. Die scheinbar schwarzen Fenster glichen toten Augen, die mir tief in meine Seele blickten. Ihre Betrachtung löste in mir eine Art von Phantomschmerz aus, der sich in meinem Gewissen breitmachte. Ich fühlte mich widerlich dabei, völlig ungefragt in eines dieser Häuser einzudringen, und es glich dem Gefühl, welches ich bei den Freimaurern schon zu oft verspürt hatte: Verrat!
Ich horchte an der hölzernen Tür, schlich ums Haus und beobachtete die umliegenden Gebäude, bevor ich es schließlich wagte, mit dem Ellenbogen ein Fenster einzuschlagen. Es klirr te deutlich zu laut.
Erneut ließ ich die Zeit verstreichen – horchend, wartend. Es rührte sich absolut nichts, und ich wagte endlich, durch das Fenster einzusteigen, das ich nun bestens durch die zerbrochene Scheibe öffnen konnte. Bingo!
Als ich nach der etwas ungeschickten Klettereinlage im Inneren des Hauses stand, klopfte ich mir erst einmal den Staub aus der Jacke, als ich bemerkte, dass es hier weitaus mehr Schmutz gab, als ich vermutet hätte. Ich hatte Schwierigkeiten, mein Niesen zu unterdrücken.
Das fahle Licht des Mondes drang nur spärlich in das Zimmer und ich beschloss, das Risiko einzugehen, meine Taschenlampe einzusetzen.
Der Lichtkegel berührte die kahlen Mauern des Raumes. Es fiel deutlich auf, dass das Zimmer schon lange nicht mehr benutzt worden war. Ebenso fand ich keinerlei Möbel oder sonstigen »amishen Unrat«, den man in ein großes Feuer hätte werfen können.
Ich verließ den Raum durch die hölzerne Tür, die in einen ebenso kahlen Flur führte. Wieder öffnete ich wahllos eine der Türen, und es bot sich mir derselbe Anblick einer kahlen, verstaubten Kammer, in der nur die Verlassenheit zu Hause war.
Allmählich überkam mich der Schauder, doch ich beschloss, mich davon nicht beirren zu lassen und startete noch weitere Versuche bei den anderen Türen, die mich zu den nächsten Gemächern führten. Doch auch hier dasselbe Bild: leere, unbenutzte Stuben. Zum Teufel auch, langsam wurde ich verrückt!
Ich entschied mich, nicht mehr ganz so leise vorzugehen, und rief ein paar Mal durchs Haus, ob sich hier jemand befand. Doch die Antwort war nur das schaurige, dumpfe Echo meiner eigenen Stimme, und ich glaubte, dass mein einziger Weg, der mich möglicherweise zu meinem Ziel führen würde, der durch die Vordertür war. Nichts wie raus hier aus diesem düsteren Geisterhaus.
Direkt vor dem verlassenen Gemäuer wurde ich förmlich von den toten Blicken der anderen Häuser gebührend empfangen, die auf mich wirkten, als wollten sie mich erdrücken. Es war so ein beklemmendes, unbeschreiblich düsteres Gefühl, dass ich mich schon instinktiv an eine der Hausmauern presste, um Schutz zu suchen. Ich konnte mir keine Erklärung dafür zurechtlegen. Vielleicht lag es daran, dass ich nicht sonderlich überrascht war, etwas in dieser Art vorzufinden, und meine Angst einfach noch ein wenig Zeit gebraucht hatte, um mich letztendlich einzuholen. Dennoch wollte ich keine voreiligen Schlüsse daraus ziehen, denn die Beweislast für meine Überlegung war noch nicht schwer genug, um derartige Gedanken zu fassen.
Begleitet von diesem unbekannten Schatten auf meiner Seele, nahm ich mir das nächste Haus vor, drang ebenso durch das Fenster ein, und erblickte im Inneren nur kahle Wände. Auch auf dem staubigen Fußboden konnte ich keine Spuren entdecken, die darauf hingewiesen hätten, dass sich in den letzten Jahren hier jemand aufgehalten haben musste. Ebenso fand ich keinerlei Spuren von Möbelstücken, die vielleicht jahrelang hier gestanden hatten und erst vor Kurzem entfernt wurden. Nichts dergleichen, nur diese finstere Leere. Als ich darüber nachdachte, konnte ich sicher sein, dass ich mich, ohne auch nur den kleinsten
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