Crisis
Arzttasche geworfen«, sagte Jack, um sein Gewissen zu erleichtern. »Ich hoffe, das macht dir nichts aus.«
»Natürlich nicht. Brauchst du etwas? In der Zeit, als ich noch Hausbesuche machte, habe ich eine kleine Apotheke zusammengesammelt.«
»Nein! Ich war neugierig auf den Schnelltest für Herzinfarkt-Biomarker. Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt.«
»Es ist schwer, mit der Entwicklung Schritt zu halten. Gute Nacht.«
»Gute Nacht«, antwortete Jack. Von seinem Sessel aus konnte er den langen Flur einsehen, durch den Craig auf die Treppe zustapfte. Er bewegte sich wie ein Zombie. Zum ersten Mal empfand Jack Mitleid mit ihm.
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Kapitel 10
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Newton, Massachusetts Mittwoch, 7. Juni 2006 06.15 Uhr
Die morgendliche Routine war wieder genauso chaotisch wie am Vortag, und erneut stritten sich Meghan und Christina über irgendein Kleidungsstück. Jack erfuhr nicht genau, worum es ging, aber an diesem Morgen waren die Rollen vertauscht. Nun war es Meghan, die Christina etwas verweigerte, woraufhin Christina in Tränen aufgelöst die Treppe hinaufstürmte.
Alexis war die Einzige, die sich normal verhielt. Sie schien der Kitt zu sein, der die Familie zusammenhielt. Craig war schläfrig und sprach kaum, offensichtlich stand er immer noch unter dem Einfluss des Schlafmittels, das er zusätzlich zu seinem Scotch genommen hatte.
Nachdem die Kinder aus dem Haus waren, wandte Alexis sich an Jack. »Wie sollen wir es heute halten? Willst du mit uns in die Stadt fahren, oder fährst du selbst?«
»Ich muss selbst fahren. Als Erstes will ich zum Bestattungsinstitut Langley-Peerson. Ich muss ihnen die unterschriebenen Papiere bringen, damit die Exhumierung in die Wege geleitet werden kann.« Er verschwieg, dass er hoffte, am späten Nachmittag noch die Gelegenheit zu einer Runde Basketball zu bekommen.
»Und dann kommst du irgendwann ins Gericht?«
»Das habe ich vor«, antwortete Jack, obwohl er im Stillen die Hoffnung hegte, dass Harold Langley ein Wunder vollbringen und Patience Stanhope noch an diesem Morgen aus ihrer ewigen Ruhestätte holen könnte. Dann könnte Jack die Autopsie gleich im Anschluss durchführen, hätte die makroskopischen Ergebnisse schon am Nachmittag, könnte sie Craig und Alexis präsentieren und dann den Shuttle-Flug zurück nach New York nehmen. Er hätte den Donnerstag, um im Büro noch alles zu erledigen, ehe am Samstagmorgen seine Flitterwochen begannen. Außerdem blieb ihm dann noch genügend Zeit, um in aller Ruhe die Flugtickets und die Hotel-Voucher abzuholen.
Jack verließ das Haus vor Alexis und Craig. Er setzte sich in seinen Mietwagen und fuhr in Richtung des Massachusetts Turnpike. Da er schon einmal im Bestattungsinstitut gewesen war, hatte er angenommen, dass es nicht allzu schwer sein würde, den Weg dorthin wiederzufinden. Doch da hatte er sich leider getäuscht. Er brauchte fast vierzig entnervende Minuten, um ungefähr fünf Meilen Luftlinie hinter sich zu bringen.
Obszöne Flüche vor sich hin murmelnd, fuhr Jack auf den Parkplatz des Bestattungsinstituts. Er war voller als am Vortag, und Jack musste ganz hinten parken. Als er um die Ecke des Gebäudes bog, wimmelte es auf der Veranda von Leuten. Er vermutete, dass bald eine Trauerfeier beginnen sollte. Sein Verdacht bestätigte sich, als er die Eingangshalle betrat. Im Aufbahrungsraum rechts von ihm eilten Menschen hin und her, arrangierten Blumen und klappten zusätzliche Stühle auf. Auf dem Katafalk stand ein offener Sarg, in dem der Verstorbene ruhte. Die gleiche fromme Hintergrundmusik wie tags zuvor erfüllte die Räume.
»Möchten Sie sich in das Kondolenzbuch eintragen?«, fragte ein Mann mit leiser, mitfühlender Stimme. In vielerlei Hinsicht sah er aus wie eine deutlich schwerere Ausgabe von Harold Langley.
»Ich suche den Leiter des Instituts.«
»Ich bin der Leiter dieses Instituts. Mr Locke Peerson, zu Ihren Diensten.«
Jack erklärte, dass er Mr Langley suche, und wurde nach hinten in Harolds Büro geschickt. Dort traf er Harold an seinem Schreibtisch an.
»Mr Stanhope hat die Genehmigung unterschrieben«, sagte Jack, ohne Zeit mit einleitendem Small Talk zu verschwenden. Er reichte Harold das Formular. »Jetzt muss die Leiche so schnell wie möglich hierher zurück in Ihren Balsamierungsraum gebracht werden.«
»Wir haben heute Morgen eine Trauerfeier«, entgegnete Harold. »Danach kümmere ich mich darum.«
»Glauben Sie, es besteht die Chance, dass es heute noch geht? Wir
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