Crisis
Jack.
»Nicht gerade riesig, der Stein«, bemerkte Lou. »War in dem Päckchen auch eine Lupe?«
Jack warf mit seiner Serviette nach ihm, und Lou fing sie auf, bevor sie ihm ins Gesicht flog.
»Wahre Freunde sind immer ehrlich zueinander«, lachte Lou und gab ihm die Serviette zurück.
»Er hat genau die richtige Größe«, sagte Laurie. »Ich mag es nicht, wenn Schmuck zu protzig ist.«
»Dann kannst du ja froh sein«, fügte Lou hinzu. »Kein Mensch wird diesen Ring protzig nennen.«
»Wann soll denn der große Tag sein?«, fragte Natalie.
Jack sah Laurie an. »Wie ihr unschwer erkennen könnt, haben wir darüber noch gar nicht gesprochen, aber ich denke, diese Entscheidung werde ich Laurie überlassen.«
»Wirklich?«, fragte Laurie.
»Wirklich«, antwortete er.
»Dann würde ich gerne mit meiner Mutter über den Termin reden. Sie hat schon so oft gesagt, dass sie sich wünscht, ich würde in der Riverside Church heiraten. Ich weiß, dass sie selbst ihre Hochzeit gerne dort gefeiert hätte, aber es ist anders gekommen. Wenn du einverstanden bist, möchte ich sie sowohl beim Termin als auch beim Ort mitreden lassen.«
»Meinetwegen«, sagte Jack. »Wo ist eigentlich dieser Kellner abgeblieben? Ich brauche noch etwas Champagner.«
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(einen Monat später) Boston, Massachusetts
9. Oktober 2005
16.45 Uhr
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Es war ein fantastisches Training gewesen. Erst war Craig Bowman eine halbe Stunde lang im Kraftraum gewesen, um sich in Form zu bringen und aufzuwärmen. Und dann war er zum Basketball-Feld hinübergegangen, wo spontan zusammengestellte Dreier-Teams gegeneinander antraten. Aus purem Glück war er mit zwei guten Spielern in eine Mannschaft gekommen. Weit über eine Stunde lang hatten er und seine Teamgefährten kein Spiel verloren und den Platz schließlich nur aus reiner Erschöpfung aufgegeben.
Nach dem Basketball hatte Craig sich eine Massage gegönnt, gefolgt von einem Dampfbad und einer Dusche.
Als er nun vor dem Spiegel im VIP-Bereich des Männer-Umkleideraums des Sports Club/LA stand und sich kritisch betrachtete, musste er zugeben, dass er so gut aussah wie schon seit Jahren nicht mehr. Er hatte zweiundzwanzig Pfund und zweieinhalb Zentimeter Bauchumfang verloren, seit er vor sechs Monaten Mitglied im Club geworden war. Vielleicht noch auffälliger war das Verschwinden der schwammigen Blässe aus seinen Wangen. An ihre Stelle war ein gesunder, rosiger Glanz getreten. Um etwas moderner zu wirken, hatte er sein sandfarbenes Haar ein wenig länger wachsen und in einem Friseursalon stylen lassen. Er bürstete es nun auf beiden Seiten zurück, statt links einen Seitenscheitel zu tragen, wie er es getan hatte, so lange er zurückdenken konnte. Aus seiner Sicht war die Veränderung seiner gesamten Erscheinung so bemerkenswert, dass er sich wahrscheinlich selbst nicht erkannt hätte, wenn er sich ein Jahr zuvor gesehen hätte. Ganz sicher war er jetzt nicht mehr der langweilige, biedere Arzt von früher.
Craig hatte sich angewöhnt, dreimal in der Woche in den Club zu kommen: montags, mittwochs und freitags. Von den drei Tagen war ihm Freitag der liebste, denn dann war am wenigsten los, und er bot außerdem den psychologischen Anreiz des Wochenendes, das sich mit all seinen Verheißungen vor Craig erstreckte. Er hatte es sich zum Grundsatz gemacht, seine Praxis freitags schon mittags zu schließen und eingehende Anrufe auf seinem Handy entgegenzunehmen. So konnte Leona ihn zum Training begleiten. Als Geschenk sowohl für sie als auch für sich selbst hatte er ihr eine zweite Mitgliedschaft spendiert.
Einige Wochen zuvor war Leona zu ihm in die Wohnung auf dem Beacon Hill gezogen. Ohne ihn zu fragen, hatte sie beschlossen, dass es lächerlich sei, weiter Miete für ihre Wohnung in Somerville zu zahlen, wenn sie ohnehin jede Nacht bei ihm verbrachte. Anfangs war Craig verärgert gewesen, da sie nicht ein einziges Mal mit ihm über einen Umzug gesprochen hatte und er einfach vor vollendete Tatsachen gestellt worden war. Er empfand es als Einschränkung seiner gerade neu gewonnenen Freiheit. Doch nach ein paar Tagen hatte er sich an den neuen Zustand gewöhnt. Er hatte die Macht der Erotik vergessen. Außerdem dachte er bei sich, dass dieses Arrangement ja notfalls auch problemlos wieder rückgängig gemacht werden könnte.
Craig streifte sein neues Brioni-Jackett über. Nachdem er ein paar Mal die Schultern hin- und herbewegt hatte, bis es richtig saß, schaute er noch einmal in den Spiegel.
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