Crisis
gekommen.
»Verdreh jetzt nicht die Augen!«, fuhr Laurie ihn an. »Du hättest ja auch ein bisschen gesprächiger sein und mir verraten können, was du für heute Abend im Sinn hattest. Du weißt, dass ich nichts dagegen habe, mit Warren und Lou zusammen auszugehen.«
Jack blickte wieder zur Seite und biss sich auf die Zunge, um nicht mit einer ebenso scharfen Bemerkung zu antworten. Zum Glück war er sich darüber im Klaren, dass der Abend dann womöglich unrettbar verdorben sein könnte. Er atmete tief durch, beschloss, zu Kreuze zu kriechen, und sah Laurie direkt in die Augen. »Es tut mir leid«, sagte er so aufrichtig, wie er unter diesen Umständen sein konnte. »Ich bin nicht auf die Idee gekommen, dass du gekränkt sein könntest, weil es eine Art Dinner-Party werden sollte. Ich hätte dir vorher Bescheid sagen sollen. Um ehrlich zu sein, ich habe die anderen als Unterstützung eingeladen.«
Sichtlich verwirrt runzelte Laurie die Stirn. »Wieso Unterstützung? Ich verstehe nicht.«
»Das ist jetzt gerade etwas schwierig zu erklären«, sagte Jack. »Gib mir noch eine halbe Stunde oder so, ja?«
»Meinetwegen«, antwortete Laurie, immer noch verwirrt. »Ich kann mir zwar nicht vorstellen, was du mit Unterstützung meinst, aber ich nehme deine Entschuldigung an.«
»Danke«, sagte Jack. Er atmete scharf aus, ehe er seinen Blick wieder auf das Restaurant konzentrierte. »Wo bleibt denn jetzt diese Empfangsdame, und wo ist unser Tisch?«
Es dauerte noch weitere zwanzig Minuten, bis die Gruppe an einem Tisch im hinteren Teil des Essbereichs saß. Bis dahin hatte Laurie scheinbar ihren Ärger vergessen und gab vor, sich zu amüsieren, lachte viel und unterhielt sich angeregt, doch Jack spürte, dass sie es vermied, ihn anzuschauen. Sie saß rechts neben ihm, und so war das Einzige, was er von ihr sehen konnte, ihr fein geschnittenes Profil.
Zu Jacks und Lauries großer Freude erschien der gleiche Kellner mit dem gezwirbelten Schnurrbart an ihrem Tisch, der sie schon bei ihren früheren Besuchen bei Elio’s bedient hatte. Die meisten dieser Abende waren wunderbar gewesen, manche auch weniger, aber dennoch unvergesslich. Ihr letztes Essen dort, das inzwischen ein Jahr zurücklag, hatte zur zweiten Kategorie gehört und den Tiefpunkt ihrer Beziehung markiert, einer Zeit, in der sie für ein paar Monate wieder in getrennte Wohnungen gezogen waren. Bei diesem Essen hatte Laurie Jack gesagt, dass sie schwanger sei, und er war so gefühllos gewesen, sie in flapsigem Ton zu fragen, wer denn der Vater sei. Obwohl Jack und Laurie ihre Beziehung danach wieder hatten kitten können, musste die Schwangerschaft kurz darauf abgebrochen werden. Es war eine Eileiterschwangerschaft gewesen, die eine sofortige Operation erfordert hatte, um Lauries Leben zu retten.
Scheinbar aus eigenem Antrieb, in Wahrheit aber, weil Jack vorher darum gebeten hatte, brachte der Kellner langstielige Champagner-Flöten. Dann öffnete er eine Flasche. Die Tischgesellschaft applaudierte fröhlich, als der Korken mit einem lauten Knall aus der Flasche schoss. Daraufhin füllte der Kellner rasch alle Gläser.
»Hey, Alter«, rief Warren und hielt seinen Schampus in die Höhe. »Auf die Freundschaft.«
Alle folgten seinem Beispiel bis auf Jack, der eine Hand hob. »Wenn ihr nichts dagegen habt, würde ich zuerst noch gerne etwas sagen. Ihr habt euch alle gefragt, warum ich euch heute Abend hierher eingeladen habe, vor allem Laurie. Die Wahrheit ist, dass ich eure Unterstützung brauchte, um etwas durchzuziehen, was ich schon lange vorhabe, wozu mir aber immer der Mut gefehlt hat. Und damit möchte ich einen ziemlich eigennützigen Toast aussprechen.« Jack griff in die Seitentasche seines Sakkos. Mit etwas Mühe gelang es ihm, ein kleines viereckiges Päckchen herauszuzerren, das in charakteristisches glänzend türkisblaues Papier eingepackt und mit einer silbernen Schleife zugebundenen war. Er legte es vor Laurie auf den Tisch und hob sein Glas. »Ich möchte einen Toast auf Laurie und mich ausbringen.«
»Alles klar!«, polterte Lou vergnügt. »Auf euch beide.« Er hob sein Glas. Die anderen taten es ihm nach, nur Laune rührte sich nicht.
»Auf euch beide«, wiederholte Warren.
»Ja, auf euer Wohl!«, schloss Natalie sich an.
Alle tranken, bis auf Laurie, die wie gebannt auf das Päckchen starrte. Sie glaubte zu wissen, was geschah, aber sie konnte es nicht glauben. Wild durcheinanderkämpfende Gefühle ergriffen von ihr
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