Crisis
»Ich glaube, ich weiß, wonach Allan suchen soll! Es ist verrückt, und wenn er es tatsächlich findet, passt es vielleicht nicht zu allen Fakten, die wir kennen, aber es passt zu den wichtigsten, und es würde beweisen, dass Craig Bowman seine ärztliche Sorgfaltspflicht nicht verletzt hat.«
»Und was wäre das?«, fragte Latasha. Unwillkürlich war sie genervt von Jacks Geheimniskrämerei. Um kurz vor fünf Uhr morgens war sie nicht in der Stimmung für solche Spielchen.
»Schauen Sie sich mal dieses merkwürdige Symptom an, das Sie aufgeschrieben haben«, sagte Jack. Er reichte ihr den Notizblock hinüber und deutete mit dem Finger auf den Punkt »Gefühl zu treiben«. »Das sind doch nicht gerade Standardbeschwerden, nicht einmal für einen Hardcore-Hypochonder. Also weist es darauf hin, dass etwas wirklich Seltsames im Gange war, und wenn Allan das nachweisen kann, was mir vorschwebt, würde das entweder bedeuten, dass Patience Stanhope ein unbelehrbarer Sushi-Fan oder vielleicht auch eine durchgeknallte Anhängerin von haitianischem Voodoo war, aber wir wissen es besser.«
»Jack!«, entgegnete Latasha gereizt. »Ich bin zu müde für Scherze.«
»Tut mir leid«, sagte Jack. »Diese vermeintlichen Scherze kommen daher, dass ich Angst habe, ich könnte mit meiner Vermutung tatsächlich richtig liegen. Das ist eine der Situationen, in denen es mir trotz der ganzen Mühe lieber wäre, wenn ich mich irrte.« Er streckte die Hand nach ihr aus. »Kommen Sie! Ich erzähle es Ihnen gleich auf dem Weg in Allans Labor. Das wird jetzt verdammt knapp.«
Kapitel 23
Boston, Massachusetts Freitag, 9. Juni 2006 09.23 Uhr
Vorsichtig bugsierte Jack seinen ramponierten Hyundai hinter einem braunen UPS-Laster an den Bordstein. Es war eine Ladezone an der belebten Cambridge Street vor einem lang gezogenen, mit Arkaden geschmückten geschwungenen Gebäude gegenüber dem Rathaus. Auch wenn er vorhatte, so schnell wie möglich wieder zurückzukommen, vermutete Jack, dass die Wahrscheinlichkeit, einen Strafzettel zu bekommen, bei nahezu hundert Prozent lag. Er hoffte, dass der Wagen nicht abgeschleppt würde, aber falls doch, nahm er sicherheitshalber seine Reisetasche mit, wie auch einen großen Umschlag, in dessen oberer linker Ecke die Absenderadresse des rechtsmedizinischen Instituts aufgedruckt war.
Er stürmte eine Treppe hinauf und kam in einem Hof gegenüber dem Suffolk County Superior Court heraus. Ohne Zeit zu verlieren, rannte Jack zum Eingang. Die Sicherheitskontrollen hielten ihn auf, um seine Tasche, den Umschlag und das Handy zu durchleuchten. Bei den Aufzügen drängte er sich in die nächste Kabine.
Während der Fahrt nach oben warf Jack einen Blick auf seine Uhr. Ihm war durchaus bewusst, dass er in vier Stunden heiraten sollte. Und der Umstand, dass er sich in der falschen Stadt befand, bereitete ihm ziemliche Sorge. Als der Aufzug den zweiten Stock erreichte, bemühte er sich, so höflich wie möglich zu bleiben, während er sich einen Weg nach draußen bahnte. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte er behauptet, dass die anderen Mitfahrer ihn absichtlich behinderten.
Bei früheren Gelegenheiten hatte Jack stets versucht, den Gerichtssaal so leise wie möglich zu betreten, doch diesmal platzte er einfach hinein. Er war der Ansicht, je mehr Aufruhr er verursachte, desto besser. Während er entschlossenen Schrittes den Gang entlang auf die Absperrung zwischen Gerichtsbereich und Zuschauerbereich zumarschierte, drehten sich die meisten Zuschauer nach ihm um, unter ihnen auch Alexis, die in der ersten Reihe saß. Jack nickte ihr zu. Der Gerichtsdiener saß an seinem Platz. Er las etwas, das auf seinem Tisch nicht zu erkennen war, und sah nicht auf. Die Geschworenen saßen genauso unbeteiligt auf der Geschworenenbank wie eh und je und hatten den Blick auf Randolph gerichtet, der am Rednerpult stand und anscheinend gerade mit seinem Schlussplädoyer begonnen hatte. Der Richter saß am Richtertisch und hatte den Blick auf einige Unterlagen gesenkt. Sowohl die Protokollführerin als auch der Gerichtsbeamte waren an ihrem jeweiligen Platz beschäftigt. Am Tisch der Verteidigung sah Jack Craigs Hinterkopf und den von Randolphs Assistenten. Am Tisch des Klägers konnte er Tony, Jordan und Tonys Assistentin erkennen. Alles war so, wie es sein sollte; wie eine altmodische Dampflok nahmen die Räder der Justiz langsam, aber unerbittlich Fahrt auf und rollten auf einen Abschluss zu.
Jack hatte vor, den
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