Crisis
Scotch trinken konnte, ohne etwas zu verschütten.
»Ich erinnere mich an die wenigen Male, als ich ihr in der Praxis begegnet bin. Da schien sie ganz schön anstrengend zu sein«, sagte Leona besänftigend.
»Das ist die Untertreibung des Jahres«, knurrte Craig. »Sie war eine richtige alte Hexe, die etwas Geld geerbt hatte, weshalb sie von mir erwartete, ihre Hand zu halten und mir bis zum Erbrechen ihre Klagen anzuhören. Ich habe mich durch vier Jahre College, vier Jahre Medizinstudium, fünf Jahre Assistenzarztzeit und die Zulassung gekämpft und darüber hinaus noch eine Handvoll wissenschaftlicher Aufsätze verfasst, und alles, was sie von mir wollte, war, ihre Hand zu halten. Nicht mehr, und wenn ich fünfzehn Minuten Händchen hielt, dann wollte sie dreißig, und wenn ich ihr dreißig Minuten gab, dann wollte sie fünfundvierzig, und wenn ich mich weigerte, war sie beleidigt und reagierte aggressiv.«
»Vielleicht war sie einsam«, schlug Leona vor.
»Auf wessen Seite stehst du eigentlich?«, fragte Craig wütend. Er knallte sein Glas auf den Tisch, so dass die Eiswürfel klirrten. »Sie war eine elende Nervensäge.«
»Meine Güte, reg dich ab!«, drängte Leona. Sie sah sich verlegen um und bemerkte erleichtert, dass niemand ihnen auch nur die geringste Beachtung schenkte.
»Fang jetzt bloß nicht an, den Anwalt des Teufels zu spielen«, fauchte Craig. »Dazu bin ich nicht in der
Stimmung.«
»Ich versuche doch nur, dir zu helfen.«
»Wie soll ich mich denn beruhigen? Das ist eine Katastrophe. Mein ganzes Leben lang habe ich dafür gearbeitet, der beste Arzt zu werden. Zum Teufel, ich arbeite immer noch daran. Und jetzt das!« Wütend schlug Craig auf den Umschlag.
»Aber ist das nicht der Grund, warum du diese Berufshaftpflichtversicherung bezahlst, über die du dich immer beklagst?«
Craig starrte Leona aufgebracht an. »Ich glaube, du verstehst das nicht richtig. Dieser Spinner Stanhope diffamiert mich öffentlich, indem er, wie er es nennt, ›rechtliches Gehör‹ verlangt. Der Prozess ist das Problem. Ganz gleich, was kommt. Ich bin hilflos, ein Opfer. Und niemand weiß, wie die Sache ausgeht, wenn man vor Gericht gestellt wird. Es gibt keine Garantie, nicht einmal in meiner Situation, obwohl ich mir für meine Patienten ein Bein ausgerissen habe, vor allem für Patience Stanhope, verdammt noch mal. Und dann die Vorstellung, dass angeblich meinesgleichen über mich urteilen sollen! Das ist doch wohl ein schlechter Witz. Bürogehilfinnen, Klempner und pensionierte Lehrer haben keine Ahnung, was es bedeutet, ein Arzt zu sein und mitten in der Nacht aufzustehen, um Hypochondern das Händchen zu halten. Gottverflucht noch mal!«
»Kannst du es ihnen denn nicht erzählen? Mach es doch zum Bestandteil deiner Aussage.«
Craig verdrehte entnervt die Augen. Manchmal machte Leona ihn wahnsinnig. Das war der Nachteil einer so jungen, unerfahrenen Frau.
»Warum glaubt er denn, es sei ein Behandlungsfehler gewesen?«, fragte Leona.
Craig wandte den Blick von ihr ab und ließ ihn zu all den normalen, attraktiven Menschen schweifen, die sich an der Bar versammelt hatten und fröhlich plaudernd den Abend genossen. Dieser Kontrast machte alles nur noch schlimmer. Vielleicht war es keine gute Idee gewesen, in die Bar zu gehen. Ihm kam der Gedanke, dass es für ihn vielleicht tatsächlich unmöglich war, dank seiner kulturellen Bestrebungen zu einem von ihnen zu werden. Die Medizin und ihre aktuellen Probleme, dieser Arzthaftungs-Schlamassel eingeschlossen, gaben ihn einfach nicht frei.
»Welche Art von Behandlungsfehler sollst du denn gemacht haben?«, formulierte Leona ihre Frage neu.
Craig warf die Hände hoch. »Pass mal auf, Schätzchen! Die Klage ist allgemein gehalten, da steht nur etwas davon, dass ich bei meiner Diagnose und der Behandlung nicht die Fachkenntnis und Sorgfalt angewandt hätte, die ein anständiger, kompetenter Arzt unter den gleichen Umständen aufgebracht hätte … bla bla bla. Kompletter Blödsinn. Um es kurz zu machen, es gab einen unglücklichen Ausgang, Patience Stanhope ist gestorben. Ein auf Körperverletzung und Arzthaftungsrecht spezialisierter Anwalt wird ganz einfach von diesem Punkt ausgehen und sich etwas einfallen lassen. Solche Typen finden immer irgendwas, von dem dann irgend so eine dreckige Prozessnutte von Arzt behauptet, es hätte anders gemacht werden sollen.«
»Schätzchen!«, blaffte Leona zurück. »Sei gefälligst nicht so herablassend!«
»Schon
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