Cromwell, Bernard
weg«, sagte er
abermals, doch Derrewyn schob ihre rechte Hand zwischen seine Schenkel, wo das
Bronzemesser mit der kurzen Klinge steckte, und riss die Waffe mit einer
blitzschnellen Bewegung hoch, sodass sich die Schneide geradewegs in seinen
Bauch grub. Ihr Wächter riss entsetzt die Augen auf, dann schnappte er keuchend
nach Luft, als sie die scharfe Klinge in seinen Eingeweiden herumdrehte und
mit einer ruckartigen Bewegung weiter nach oben führte, durch die Muskelbänder
unter seinen Lungenflügeln und in das Gewirr von Blutgefäßen um sein Herz
herum, sodass der warme, pulsierende Schwall seines Lebensbluts über ihr
Handgelenk und ihre Schenkel strömte. Verzweifelt versuchte der Krieger, sie
von sich zu stoßen, aber er hatte keine Kraft mehr; Derrewyn hörte das Rasseln
in seiner Kehle, sah, wie sich seine Augen trübten, und zum ersten Mal, seit
Lengar nach Ratharryn zurückgekehrt war, verspürte sie aufrichtige Freude. Es
war, als ob Sannas' ruheloser Geist gekommen war, um sie zu erfüllen, und
dieser Gedanke ließ sie ganz still werden; aber dann sank der Tote mit seinem
ganzen Gewicht gegen sie, deshalb zog sie das blutbeschmierte Messer aus
seinem Körper und kippte ihn zur Seite, sodass sein Kopf in das Feuer fiel.
Sein Haar - fettig, weil er sich nach dem Essen die Hände an den Strähnen
abgewischt hatte - knisterte und brannte gleich darauf lichterloh, der
flackernde Lichtschein erhellte den düsteren Raum.
Derrewyn war bereits auf der anderen Seite der Hütte. Sie
eilte zu dem Stapel von Fellen, der Lengar als Bett diente, riss die Pelze zur
Seite und begann, mit der blutigen Messerklinge im Boden zu scharren. Sie riss
die Erde auf, stieß tief hinunter, bis das Messer auf Leder traf, scharrte dann
mit beiden Händen das Erdreich weg, zog den Beutel heraus und trug ihn in das
Licht des Feuers.
Im Inneren des Beutels lagen eine der großen Goldrauten
aus Sarmennyn und zwei der kleineren. Derrewyn hatte gehofft, alles Gold könnte
hier zu finden sein; aber Lengar musste den Schatz aufgeteilt und die übrigen Stücke
irgendwo anders in der Hütte versteckt haben. Einen Moment lang spielte sie mit
dem Gedanken, die Hütte auseinander zu nehmen, die Pelze hinauszuwerfen und den
Fußboden aufzugraben — aber diese drei Rauten würden sicherlich genügen.
Sie zog eines von Lengars Hemden an, band sich Lederstreifen
an die Füße und griff nach Lengars kostbarem Bronzeschwert, das an einem der
Stützpfosten der Hütte hing. Sie nahm den Beutel mit den drei Goldrauten und
eilte zur Hüttentür, wo sie innehielt, um vorsichtig nach draußen zu spähen. Es
war noch immer nicht ganz dunkel, aber sie konnte niemanden sehen; so raffte
sie die Falten des Gewands zusammen und duckte sich unter dem Türsturz
hindurch.
Speerkämpfer bewachten die beiden erhöhten Fußwege, die
durch Ratharryns hohen Schutzwall führten, deshalb rannte Derrewyn zu dem
Graben zwischen den Eingängen. In diesem Sommer hatte es viel Regen gegeben,
und der Grund des Grabens war schlammig; doch sie plantschte durch den Morast
und kletterte dann den hohen Wall hinauf. Sie kroch langsam auf Händen und
Knien, um mit den Schatten zu verschmelzen; und entweder sahen die Wachen sie
nicht oder Lahanna behütete an diesem Abend Derrewyn; jedenfalls erreichte sie
die Krone des Schutzwalls, ohne entdeckt zu werden. Dort blieb sie für einen
Moment stehen und drehte sich in dem Augenblick um, als die Sonne strahlend
hell durch eine Lücke in den dunklen Wolken schien, die den ganzen
südwestlichen Horizont bedeckten. Der Stamm tanzte gerade um die Tempelpfeiler,
während weit in der Ferne, auf dem höher gelegenen Land, der neue Himmelstempel
stand, jetzt wieder leer und verlassen.
Derrewyn fauchte die Sonne an, als ob sie eine Katze wäre.
Lengar verehrte Slaol, folglich war Slaol Derrewyns Feind; sie kauerte zwischen
den Schädeln, die den Schutzwall krönten, und spuckte nach der Sonne, die all
die dunkelvioletten Wolken rot und goldgelb gefärbt hatte. Dann verschwand ihre
Helligkeit im Nu wieder.
Und Derrewyn mit ihr! Sie rutschte an der Außenseite des
Walls hinunter und rannte zwischen den dunklen Bäumen hindurch, bis sie den
Fluss erreichte, wo sie sich nach Norden wandte; als sie an der Insel
vorbeikam, wo sie das erste Mal mit Saban gelegen hatte, erinnerte sie sich
wieder an ihn, aber in ihrer Erinnerung schwang keine Spur von Liebe oder
Zärtlichkeit mehr. Liebe und Zärtlichkeit waren gründlich aus ihrem Herzen
vertrieben
Weitere Kostenlose Bücher