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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stonehenge
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Morgengrauen des folgenden Tages würden sie zum
Meerestempel wandern und am Abend Aurenna in das Feuer schicken.
    In dieser Nacht kam ein starker Wind auf, der an den
Reetdächern der Hütten zerrte und die Bäume peitschte. Saban fühlte sich trotz
seines Pelzes in Trübsal eingehüllt; er hätte schwören können, dass er nicht
eine Sekunde lang schlief, dennoch sah und hörte er nichts davon, wie Camaban
sich mitten in der Nacht von seinem Schlafplatz erhob und heimlich aus der
Hütte schlüpfte.
    Camaban ging zu Malkins Heiligtum, dort betete er zu dem
Wettergott. Er betete lange Zeit, während der Wind an der Palisadeneinfriedung
der Siedlung rüttelte und den kleinen Wellen des Flusses weiße Schaumkronen
aufsetzte. Camaban verneigte sich vor dem Gott, küsste die geschwärzten Füße
des Götzenbildes, dann kehrte er wieder in Haraggs Hütte zurück und schlüpfte
in seinen Umhang aus Bärenfell. Er horchte auf Cagans Schnarchen, hörte Saban
im Schlaf wimmern, schloss die Augen und dachte an den Tempel hoch oben in den
Bergen, den prachtvollen Tempel der Schatten: Er sah ihn im Geist wie durch
Zauberhand in die grünen Hügel von Ratharryn versetzt, und er sah den
Sonnengott über den Hügeln schweben - riesig und strahlend hell und alles
umfassend; da begann Camaban zu weinen, denn er wusste, er konnte die Menschen
glücklich machen, wenn nur die Dummköpfe seine Pläne nicht vereiteln würden.
Leider gab es so viele Dummköpfe, so entsetzlich viele. Aber dann schlief auch
er ein.
    Saban war der Erste, der sich bei Tagesanbruch regte. Er
kroch zum Hütteneingang und sah, dass das gute Wetter vorbei war. Der Wind
peitschte die Baumwipfel, und grauschwarze Wolken zogen tief über den Hügeln
dahin. »Regnet es?«, fragte Camaban.
    »Nein.«
    »Hast du gut geschlafen?«
    »Nein.«
    »Ich habe sehr gut geschlafen«, behauptete Camaban. »Die
ganze Nacht!«
    Saban konnte die Fröhlichkeit seines Bruders einfach nicht
ertragen; deshalb ging er in die Siedlung, wo die gerade erwachten Stammesmitglieder
Vorbereitungen für den Tag und die Nacht trafen, die vor ihnen lagen. Sie
würden Beutel mit Essen und Schläuche mit Wasser zum Meerestempel mitnehmen,
denn die Zeremonie würde den größten Teil des Tages dauern; und nachdem die
Braut in die Flammen gegangen war, würden sie um den Tempel tanzen, bis das
Feuer weit genug heruntergebrannt war, dass Aurennas verkohlte Knochen herausgeholt
und zu Staub zermahlen werden konnten.
    Kerevel, der einen Umhang aus Biberfellen trug und in der
Hand einen massiven Speer mit einer polierten Bronzespitze hielt, befahl seinen
Kriegern, das Tor der Siedlung zu öffnen. Die Krieger hatten ihre Gesichter mit
rotem Ocker bemalt und ihr langes Haar mit Fellstreifen zusammengebunden.
Heute würde keiner fischen gehen. Heute würde der gesamte Stamm zum
Meerestempel wandern. Von überall aus ganz Sarmennyn würden die Menschen
zusammenströmen und sich vor dem Meerestempel versammeln, um die Sonnenbraut
auf ihre Reise zu schicken. Haragg beobachtete die Vorbereitungen eine Weile,
und dann - unfähig, das Ganze noch länger mitanzuschauen - wandte er sich jäh
ab. »Kommt mit mir auf die Jagd«, schlug er Saban vor.
    »Dein Bruder wird mich nicht gehen lassen«, erwiderte
Saban und wies mit einer Kopfbewegung auf die Speerkämpfer, die ihn auf
Scathels Befehl hin bewachten. Heute würde Saban die Geisel des Hohepriesters
werden. Er fragte sich, warum er in der Nacht nicht nach Osten geflohen war -
aber er hatte es Aurennas wegen nicht getan. Da er sie liebte, brachte er es
einfach nicht übers Herz, sie zu verlassen, auch wenn er nicht das Geringste
tun konnte, um ihr zu helfen.
    Haragg und Cagan fuhren in einem Einbaum über den Fluss
und verschwanden in den Wäldern. Einen Moment später trat Scathel aus Kerevals
großer Hütte. Der Hohepriester trug wieder seinen Federumhang, der sich im Wind
blähte und flatterte. Sein Haar war mit getrocknetem roten Schlamm versteift,
während um seinen Hals eine Kette aus den Zähnen von Meeresungeheuern hing. Um
seine Taille lag ein Gürtel, in dem zwei Messer steckten. Leckan, der
nächstälteste Priester, trug einen Umhang, der aus gegerbter Menschenhaut
bestand, und die Köpfe der beiden Männer, denen man die Haut abgezogen hatte,
hingen an Lederschnüren über seinen Rücken hinab, ihr langes Haar im Wind
wehend. Ein anderer Priester trug ein Hirschgeweih auf dem Kopf. Sie tanzten
aus der Hütte, und der wartende Stamm begann, sich in

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