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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stonehenge
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sagen, besteht darin, Samenkörner zu
pflanzen, nicht Speerspitzen. Es machte ihm nichts aus, Kriegerverbände gegen die
Fremdländischen anzuführen, denn sie waren Fremde und Diebe; aber er
verabscheute es, gegen benachbarte Stämme zu kämpfen, weil sie Verwandte waren
und weil sie die Sprache von Ratharryn sprachen und die Götter von Ratharryn
anbeteten. Er blickte Lengar an. »Wo ist der tote Fremdländische?«, fragte er.
    »Im Alten Tempel«, murmelte Lengar widerstrebend.
    »Nimm einen Priester mit«, wies Hengall Galeth an, »und
seht zu, dass ihr die Leiche loswerdet.« Damit verschwand er in seiner Hütte
und ließ Lengar besiegt und gedemütigt stehen.
    Die letzten Nebelschwaden lösten sich auf, als die Sonne
durch die dünne Wolkenschicht brach.  Die moosüberwachsenen Reetdächer dampften
leicht. Fürs Erste hatte sich die Aufregung in Ratharryn gelegt, obwohl es noch
immer die Folgen des Unwetters gab, die den Leuten zu schaffen machte. Der
Fluss strömte oberhalb seiner Ufer dahin, der große Graben, der innerhalb des
kreisförmigen Schutzwalls lag, war überflutet, und die Weizen- und
Roggenfelder hatte der Schlamm zugedeckt. Aber Hengall war immer noch der
Clanführer.
     
    Der gewaltige Erdwall galt als das besondere Kennzeichen
von Ratharryn. Die Leute staunten noch immer darüber, dass ihre Vorfahren einen
solchen Schutzwall errichtet hatten; denn er war fünfmal so hoch wie ein Mann
und bildete einen Ring um die Hütten, in denen annähernd hundert Familien
lebten. Den Wall hatten sie mit Hilfe von Geweihsprossen und Knochenschaufeln
aus Erdreich und Kreide aufgehäuft; der obere Rand war mit den Schädeln von
Ochsen, Wölfen und feindlichen Speerkämpfern besetzt, um die bösen Geister des
dunklen Waldes fern zu halten. Jede Siedlung, selbst die schäbigen Hütten auf
dem höher gelegenen Land, umgab sich mit Schädeln, um die Geister abzuwehren;
aber Ratharryn pflanzte seine Schädel auf den großen Erdwall, der auch dazu
diente, die Feinde des Stammes abzuhalten und ihnen Furcht einzuflößen.
    Die Familien lebten alle im südlichen Bereich der
Einfriedung, während sich im Norden die Hütten der Töpfer und Zimmerleute
befanden, die Werkstatt des einzigen Schmieds des Stammes und die Gruben der
Lohgerber. Im Inneren des Schutzwalls war noch genügend Platz, um die
Viehherden und Schweine unterzubringen, falls ein feindlicher Angriff drohte.
Zu diesen Zeiten pflegten die Stammesmitglieder zu den beiden Tempeln zu
strömen, die im Inneren des Erdwalls aufragten. Beide Heiligtümer bestanden
aus ringförmig angeordneten Holzpfählen. Der größere Tempel hatte fünf Ringe
und war Lahanna geweiht, der Göttin des Mondes, während in dem kleineren mit
nur drei Ringen Arryn, der Gott des Tals angebetet wurde und Mai, seine
Ehefrau, die Göttin des Flusses. Die höchsten Pfähle jener Tempel waren dreimal
so hoch wie Galeth, der größte Mann des Stammes; aber sie wirkten unscheinbar
im Vergleich zu dem dritten Tempel, der südlich des kreisförmigen Schutzwalls
lag. Dieser dritte Tempel hatte sechs Ringe aus Holzpfählen, und bei zweien
der Ringe überspannten die Pfeiler hölzerne Oberschwellen - dieser Tempel war
Slaol, dem Sonnengott, geweiht. Der Sonnentempel befand sich außerhalb der
Siedlung; denn Slaol und Lahanna waren Rivalen, und ihre Tempel mussten ein
Stück voneinander entfernt stehen, damit der eine Gott nicht sehen konnte,
wenn dem anderen ein Opfer dargebracht wurde.
    Slaol, Lahanna, Arryn und Mai stellten die Hauptgötter
von Ratharryn dar; aber die Leute wussten, dass es noch tausend andere Götter
im Tal gab und ebenso viele in den Hügeln und noch zahllose weitere jenseits
der Hügel und Myriaden von Göttern in den Winden. Kein Stamm konnte für jeden
dieser Götter einen Tempel erbauen oder auch nur wissen, wer sie alle waren;
und neben dieser Vielzahl von Göttern trieben außerdem noch die Geister der
Toten ihr Wesen, die Geister von Tieren und Bächen und Bäumen, Geister des
Feuers, Geister der Luft und die Geister von allem, was da kreuchte und
fleuchte, atmete und tötete oder wuchs. Wenn man in der Abendstille auf einem
Hügel stand und aufmerksam horchte, konnte man manchmal das Gemurmel der
Geister hören; das vermochte einen in den Wahnsinn zu treiben, wenn man nicht
ständig in den Tempeln betete.
    Dann gab es noch ein viertes Heiligtum, den Alten Tempel,
der auf dem südlichen Hügel stand und dessen Überreste jetzt mit
Haselnusssträuchern überwachsen und

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