Cromwell, Bernard
später in heißer Asche gebraten werden würden. Das
schrille Quieken der sterbenden Tiere riss nicht ab, und das widerwärtig
riechende Blut rann in hellroten Bächen den Abhang hinunter, wo die hungrigen
Hunde es gierig aufleckten. Im Inneren der Siedlung war der Gestank noch
schlimmer, denn dort kochten Frauen Töpfe voll von dem klebrigen Gift, mit dem
die Krieger ihre Speere für den Angriff auf Cathallo präparieren sollten. Andere
Frauen trafen Vorbereitungen für das abendliche Festmahl. Schwäne wurden
gerupft, Schweinefleisch geröstet und Getreide zwischen Mahlsteinen
zerkleinert. Die Gerbergruben, gefüllt mit Tierkot und Harn, trugen noch zu dem
unerträglichen Gestank bei. Männer befestigten Pfeilspitzen an Schäften und
bearbeiteten Speerklingen mit Hämmern, um die Schneiden zu schärfen.
Aurenna ging zu Galeth' Hütte, um die Kinder zu versorgen,
während Saban auf der Suche nach alten Freunden durch die Siedlung streifte.
Bei Arryns und Mais Tempel, wo er den vom Blitz getroffenen Pfeiler bestaunte,
der zersplittert und verkohlt war, traf er Geil, die älteste Witwe seines
Vaters, die gerade einen Strauß Weidenröschen am Tempeleingang niederlegte; sie
umarmte Saban und brach dann in Tränen aus. »Du hättest nicht zurückkehren
sollen«, schluchzte sie, »denn Lengar tötet jeden, den er nicht leiden kann.«
»Es hat sich gelohnt, zurückzukehren«, entgegnete Saban,
»nur um dich wiederzusehen.«
»Ich werde den nächsten Winter nicht mehr überleben«,
sagte die alte Frau, während sie sich die Tränen mit den Enden ihrer weißen
Haarsträhnen abwischte. Sie starrte auf die Blumen, die sie neben die Eingangspfeiler
gelegt hatte. »Und alle unsere Söhne sterben«, fügte sie voll Trauer hinzu,
dann schniefte sie und hinkte zu ihrer Hütte.
Saban ging in den Tempel und lehnte die Stirn gegen einen
Pfeiler, den er und Galeth vor vielen Jahren aufgestellt hatten. Er war damals
sah einmal ein Mann gewesen. Er schloss die Augen und sah plötzlich ein Bild
von Derrewyn, wie sie nackt aus dem Fluss watete, ihr langes schwarzes Haar
tropfnass. Hatte Mai, die Flussgöttin, diese Vision gesandt? Und was bedeutete
sie? Er betete zu Mai, dass sie seine Familie beschützen möge, und klopfte dann
gegen den Pfeiler, um die Aufmerksamkeit der Göttin auf sein Gebet zu lenken,
als ihn plötzlich ein lauter Ausruf herumfahren ließ. »Saban!« Es war Lengars
herrische Stimme. »Saban!«
Lengar stolzierte zwischen den Hütten hindurch, begleitet
von zwei Speerkämpfern, die offensichtlich seine Leibwächter waren. »Saban!«,
rief Lengar abermals, dann sah er seinen Bruder in dem Tempel und eilte auf ihn
zu. Die Leute in der Nähe wichen zur Seite, um ihm Platz zu machen.
Lengar war in Rage, seine rechte Hand an dem hölzernen
Heft des Bronzeschwertes an seiner Hüfte. »Warum hast du mir verheimlicht,
dass letzte Nacht einer der Steine gestohlen wurde?«
Saban zuckte die Achseln. »Gestohlen von Männern mit
schwarz befiederten Pfeilen«, erklärte er. »Warum sollte ich dir etwas melden,
was du schon weißt?«
Lengar schien entgeistert. »Willst du damit etwa sagen .«
»Du weißt genau Bescheid«, unterbrach Saban ihn.
Lengar brüllte ihn nieder. »Ich habe ein Abkommen mit
Sarmennyn!«, schrie er. »Und dieses Abkommen hatte zum Inhalt, dass sie mir
einen Tempel bringen sollten. Und zwar einen vollständigen - nicht nur einen
Teil davon!«
»Es waren deine Männer, die den Stein gestohlen haben«,
verteidigte Saban sich.
»Meine Männer!«, höhnte Lengar. »Meine Männer haben
überhaupt nichts getan! Du hast den Stein verloren!« Er versetzte Saban einen
Fausthieb vor die Brust. »Du hast ihn verloren, Saban!«
Die beiden Speerkämpfer beobachteten Saban misstrauisch,
für den Fall, dass er mit einem eigenen Wutanfall auf den Zornausbruch seines
Bruders reagieren würde; aber Saban schüttelte nur müde den Kopf. »Du glaubst,
du bist betrogen worden, weil ein Stein fehlt?«, fragte er. »Ein einziger Stein
von so vielen?«
»Wenn ich dir deinen Schwanz abhacke, Bruder, wirst du ihn
dann vermissen? Dennoch ist es nur ein winziges, kümmerliches Stück Fleisch«,
fauchte Lengar. »Sag mir, als diese Männer euch mit ihren schwarz befiederten
Pfeilen beschossen haben, habt ihr da einen von ihnen getötet? Habt ihr einen
Gefangenen gemacht?«
»Nein.«
»Woher weißt du dann, wer sie waren?«
»Ich weiß es nicht«, gestand Saban, aber es benutzten eben
nur Ratharryns Krieger schwarz
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