Cromwell, Bernard
die Speerkämpfer an. »Ich bin Camaban!«, rief er. »Sohn von Hengall,
Sohn von Lock, der von einer fremdländischen Schlampe geworfen wurde, gefangen
genommen bei einem Überfall! Slaol hat mich hierher gesandt. Er hat mich
auserwählt, euer Clanführer zu sein! Mich! Den Krüppel! Das klumpfüßige Kind!
Und wenn irgendein Mann das anfechtet, dann soll er jetzt gegen mich kämpfen,
und ich werde die Augäpfel dieses Mannes mit Nesseln peitschen, seinen Bauch
in einen Kessel voll kochender Pisse verwandeln und seinen Schädel in einer
Scheißegrube verbrennen! Will mich einer von euch Männern zum Kampf
herausfordern?« Keiner der Krieger rührte sich, keiner wagte es, auch nur den
Mund zu öffnen; sie starrten nur schweigend auf die nackte, mit Asche
beschmierte Gestalt, die eine Schimpfkanonade gegen sie losließ. »Slaol spricht
zu mir!«, erklärte Camaban. »Er hat schon immer zu mir gesprochen! Und jetzt
will Slaol, dass dieser Stamm tut, was er sagt, und sein Wille ist auch der
meine! Was Slaol will, das will auch ich!«
Ein Krieger zeigte erschrocken auf den Nordeingang der
Siedlung, und Saban drehte sich um, sah eine Menge von Männern durch den
Schutzwall kommen. Sie waren mit Bögen bewaffnet, und plötzlich begriff Saban,
dass dies die Männer waren, die Ratharryn kurz zuvor angegriffen hatten und
Lengars Krieger, die sich an dem schrecklichen Feuertod von Kereval und seinen
Männern weideten, in Panik versetzten. Die Angreifer waren überhaupt nicht aus
Cathallo gekommen, sondern dies waren Banditen aus den Wäldern, die den
Gerüchten zufolge von einem Toten angeführt wurden — von Camaban. Die
Neuankömmlinge hatten wirres, struppiges Haar und struppige Bärte; sie waren
allesamt Männer, die vor Lengars Gewaltherrschaft geflohen und Zuflucht in den
Wäldern gesucht hatten, wo Camaban während des Sommers mit ihnen verhandelt,
sie erleuchtet und rekrutiert hatte. Jetzt kehrten sie nach Hause zurück,
angeführt von Haragg, dessen kahler Kopf im Mondlicht glänzte. Der Hüne trug
einen Speer und hatte sich das Gesicht mit schwarzen Rußstreifen bemalt.
»Diese Männer gehören zu mir!«, rief Camaban, während er
auf die Banditen wies. »Sie sind meine Freunde und jetzt wieder im Stamm
aufgenommen!« Er hob die Arme und starrte Ratharryns entsetzte Krieger trotzig
an. »Fordert mich einer von euch zum Kampf heraus?« forderte er sie abermals
heraus.
Keiner wagte es, denn sie fürchteten ihn und seine
magischen Kräfte. Sie gingen schweigend zu ihren Hütten, als die Flammen des
gigantischen Scheiterhaufens, auf dem die Männer von Sarmennyn den Tod gefunden
hatten, schließlich erstarben.
»Hättest du ihre Bäuche wirklich in brennende Pisse
verwandelt?«, fragte Saban seinen Bruder in dieser Nacht.
»Ich habe eine Tatsache von Sannas gelernt«, erwiderte
Camaban müde, »nämlich dass Zauberei nur in unseren Ängsten waltet und dass
unsere Ängste in unseren Köpfen existieren - nur die Götter sind real. Aber
jetzt bin ich Clanführer an meines Vaters Stelle, und du, Saban, wirst mir
einen Tempel bauen.«
Die Männer aus Drewenna zogen am nächsten Morgen
heimwärts. Ihr Clanführer erklärte, dass Camaban wahnsinnig sei und dass er
damit nichts zu tun haben wolle; also nahmen seine Krieger ihre Speere und marschierten
über das Grasland davon.
Die Speerkämpfer von Ratharryn beklagten sich darüber,
dass ihre beste Chance, Cathallo zu vernichten, nun dahin sei, nachdem Drewenna
abtrünnig geworden war, und Rallin, so sagten sie, würde Ratharryn nur zu bald
angreifen. Camaban mochte vielleicht ein Zauberer sein, murrten sie, aber er
hatte keine Ahnung von Kriegsführung. Cathallo hatte zudem eigene Zauberer, die
ganz sicherlich im Stande sein würden, Camabans Bannflüchen mit ihrer Magie
entgegenzuwirken; daher sahen Ratharryns Männer nichts als Schande und Niederlagen
voraus.
»Natürlich beurteilen sie die Lage so«, sagte Camaban, als
Saban ihm die verdrießliche, verbitterte Stimmung der Stammesmitglieder
schilderte. Es war der Morgen nach Camabans Auftauchen in Ratharryn, und der
neue Clanführer hatte die Priester und führenden Männer des Stammes
zusammengerufen, um sich mit ihnen zu beraten. Sie saßen mit überkreuzten
Beinen in Arryns und Mais Tempel unweit der rauchenden Trümmer der Festhalle,
aus denen elf verkohlte Pfeiler ragten. »Speerkämpfer sind abergläubisch«,
erklärte Camaban. »Außerdem tragen sie ihren Verstand zwischen den Beinen, was
der Grund ist,
Weitere Kostenlose Bücher