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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stonehenge
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Saban wieder in das Mondlicht
hinaustrat. Keiner nahm jetzt Notiz von ihm. Er und Lewydd waren einfach nur
zwei weitere Speerkämpfer im Kampfgetümmel, wo eine Hand voll von Leuten die
zahllosen Feuer zu löschen versuchten, die auf den Reetdächern der Hütten
ausgebrochen waren, als brennendes Stroh von der Festhalle herüberwehte. Aber
die meisten der angsterfüllten, betrunkenen Menschen suchten nach einem Feind,
und als Ratharryns Krieger endlich die gegnerischen Bogenschützen entdeckten
und auf sie zustürmten, wichen die Angreifer wieder über den Schutzwall zurück
und verschwanden in der Finsternis dahinter.
    »Wer sind sie?«, rief Lewydd Saban zu.
    »Cathallo?«, vermutete Saban. Er konnte sich keinen
anderen Feind vorstellen, denn sicher hatte Rallin — wohl wissend, dass er am
nächsten Tag angegriffen werden sollte — seine Bogenschützen durch die Nacht
geschickt, um Lengars Männer aufzuscheuchen und zu demütigen.
    Die feindlichen Bogenschützen waren inzwischen alle wieder
verschwunden. Sie waren gekommen, um zu verwunden und zu töten, und dann in die
Finsternis zurückgetaucht, aber die allgemeine Panik legte sich nicht. Einige
von Ratharryns Kriegern griffen Drewennas Männer an, weil sie sie irrtümlich
für den Feind hielten, und Drewennas Speerkämpfer wehrten sich, bis Lengar
einschritt und sie anbrüllte, aufzuhören. Saban schlich sich in des Bruders
Nähe.
    Die Kämpfe wurden nach und nach eingestellt. Männer und
Frauen erschlugen die Flammen auf den Hüttendächern mit Umhängen und Fellen
oder rissen das brennende Reet von den Dächern herunter. Verwundete krochen
auf allen vieren oder lagen reglos und blutüberströmt auf dem Boden. Die zwölf
Tempelpfeiler ragten verkohlt und rauchend über dem lodernden Feuer auf, das
noch immer in der Festhalle wütete. Lengar trennte zwei miteinander kämpfende
Krieger; dann fuhr er herum, als einer der Tempelpfeiler krachend niederstürzte,
um einen Regen von Funken und Flammen über die Siedlung zu schicken. In dem
plötzlichen hellen Lichtschein sah er Saban und den Speer in der Hand seines
Bruders. Lengar lächelte wölfisch. »Du willst Clanführer werden, kleiner
Bruder? Du willst mich töten?«
    »Lass mich ihn töten«, sagte Lewydd rachsüchtig. »Lass
mich!«
    »Nein!« Saban schob Lewydd aus dem Weg und tat ein paar
Schritte vorwärts.
    Lengar warf seinen eigenen Speer beiseite und zog sein
Schwert. Er blickte gelangweilt drein, als ob die lästige Aufgabe, Saban zu
töten, ein Kinderspiel für ihn sei. Die Zuversicht und Selbstsicherheit des
Älteren hätten Saban eine Warnung sein sollen — aber er war zu wütend, um auf
der Hut zu sein. Er wollte seinen Bruder einfach nur umbringen, und Lengar
wusste es, genauso wie er wusste, dass Sabans blinde Wut ihn ungeschickt
machen würde, also zu einer leichten Beute. »Nur vorwärts, kleiner Bruder«,
verhöhnte er Saban.
    Saban wog den schweren Speer in der Hand, holte tief Luft
und bereitete sich darauf vor, sich mit einem gewaltigen Satz auf seinen Bruder
zu stürzen; aber in diesem Moment schrie plötzlich ein Mann und wies aufgeregt
zum Südeingang der Siedlung. Sowohl Lengar als auch Saban fuhren überrascht in
die Richtung herum, in die der Krieger zeigte. Beide starrten mit offenem Mund
geradeaus. Und beide vergaßen ihren erbitterten Kampf vorläufig.
    Denn durch die Nacht wandelte ein Toter.
     
    Dritter Teil
     
    DER TEMPEL DER TOTEN
     
    15. KAPITEL
     
    E in Toter schritt im Mondlicht
dahin, und die Leute von Ratharryn stöhnten laut, von Grauen gepackt angesichts
dieses neuerlichen Schreckens, der ihren Stamm heimsuchte.
    Der wandelnde Leichnam war splitterfasernackt und so mager
wie ein Gerippe. Seine Augen bildeten dunkle Löcher in einer bleichen Maske,
seine Haut war gespenstisch weiß, seine Rippen schwarz umrandet, sein
strähniges Haar grau. Hautfetzen und kleine Haarbüschel fielen von ihm ab und
schwebten in der Nachtluft davon, als verwese er bereits während seines
Marsches. Der Mond stand jetzt höher am Himmel, war kleiner, blasser und heller
als zuvor, und ein Speerkämpfer neben Lengar heulte plötzlich in blankem
Entsetzen auf: »Er hat keinen Schatten! Er hat keinen Schatten!« Krieger, die
betrunken gekämpft hatten, flohen jetzt in Panik oder ließen sich auf den Boden
fallen, verbargen ihre Gesichter in den Händen. Allein Lengar wagte es, auf
das tote Wesen zuzugehen, das keinen Schatten warf, und selbst Lengar zitterte
an allen Gliedern.
    Dann sah

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