Cromwell, Bernard
es, als wanderten sie durch ein
weißes Nichts, in dem jede Orientierung unmöglich war. Hin und wieder zeigte
sich die Sonne als eine blasse Scheibe in dem Dunst, aber dann verschwand sie
sofort wieder, wenn die feuchten Nebelschwaden wieder dichter wurden, einige
Männer schossen Pfeile auf Schatten ab, die sich knapp außerhalb ihrer
Sichtweite bewegten, aber es kamen keine Pfeile zurück, und kein verwundeter
Feind schrie auf.
»Wir sollten uns wieder zurückziehen«, sagte Gundur
besorgt.
»Zurück?«, fragte Camaban. Das Blut auf seinem Gesicht
war inzwischen zu einer rissigen Kruste getrocknet.
Gundur wies in den dichten Nebel, wie um anzudeuten, dass
es hoffnungslos war, weiterzugehen; doch genau in diesem Moment traf ein Mann
auf der linken Seite der zerlumpten Kriegerschar auf einen uralten Grabhügel,
einen, der als ein langer Grat erbaut worden war statt als runder Erdhaufen.
Auf diesen strebte Camaban zu und versammelte seine Krieger in dem Vorhof des
Grabes, das von einer halbmondförmigen Mauer aus riesigen Steinen umschlossen
war. »Ich weiß jetzt, wo wir sind«, erklärte Camaban ihnen. »Cathallo liegt in dieser
Richtung« — er zeigte in den Nebel — »und es ist nicht mehr weit.«
»Zu weit in diesem Nebel«, wandte Gundur ein, die
Speerkämpfer knurrten zustimmend.
»Dann werden wir warten, bis sich der Nebel ein wenig
gelichtet hat«, meinte Camaban, »und dem Feind später Schaden zufügen ...«
Er wies ein Dutzend Männer an, zwei der kleineren Steine
von der halbmondförmigen Einfriedung aus großen Felsblöcken wegzuhieven — als
die Steine beiseite geschafft worden waren, kam ein Tunnel, ausgekleidet mit
weiteren Steinen, zum Vorschein. Camaban kroch in den Tunnel, murmelte einen
Bannfluch, um seine Seele vor den Geistern der Toten zu schützen, und begann,
Knochen und Totenschädel nach draußen zu schleudern. Dies waren Cathallos
Vorfahren, die Geister, die ihre Nachkommen in jeder Schlacht behüten würden;
Camaban gab jedoch den Befehl, die Gebeine zu einem Haufen am Fuß der
Steinfassade des Grabes aufzuschichten, und dann erkletterten die Krieger
einer nach dem anderen die Kuppe des Grabhügels und pissten auf ihre Feinde.
Diese Verhöhnung munterte die Männer wieder auf; sie lachten und begannen zu
prahlen, wie sie es in der vergangenen Nacht getan hatten.
Saban war der Letzte, der den Grabhügel erklomm. Seine
Blase war leer, und er fürchtete den Spott des Kriegerverbandes — aber dann
blickte er nach Norden und sah plötzlich jemanden anders Gestalt annehmen im
Nebel. Die Silhouette war ziemlich weit entfernt, und für einen Moment fühlte
er panische Angst, dass es sich um einen Geist handelte, der auf den
Nebelschwaden wandelte. Indessen begriff er plötzlich, dass es jemand war, der
gerade den kreideweißen heiligen Grabhügel erklommen hatte und nach Süden
spähte. Die Gestalt starrte Saban an, und Saban starrte zurück. Ob es Derrewyn
war? Sicherlich war sie es, und er fühlte einen schmerzlichen Stich bei dem
Gedanken, dass sie jetzt seine Feindin sein sollte. Rechts von ihm, ein ganzes
Stück weiter entfernt, wo die großen Steine lagen, ragten die Hügel aus dem
Nebel auf - aber hier gab es nur Derrewyn und Saban, die über das stille weiße
Tal hinweg ihre Kräfte maßen.
»Was gibt es?«, rief Camaban zu ihm hinauf.
»Komm her«, zischte Saban, und Camaban umrundete die
Flanke des Hügels, hastete dann den steilen, grasbewachsenen Abhang hinauf.
Die ferne Gestalt ließ ihren Umhang fallen und begann,
die Arme zu heben und zu senken. »Flüche«, erklärte Camaban, erbittert spuckte
er nach ihr aus.
»Ist es Derrewyn?«, fragte Saban.
»Wer sonst?«, gab Camaban zurück. Derrewyn stand auf
Lahannas Hügel und rief die Göttin an, Cathallos Feinde zu vernichten.
Saban berührte seine Lenden. »Dann wissen sie also, dass
wir kommen?«
»Sie haben den Nebel herabbeschworen«, giftete Camaban,
»in der Hoffnung, dass wir uns darin verirren würden. Aber wir haben uns nicht
verirrt. Ich kenne den Weg von hier aus.« Er drohte der fernen Gestalt zornig
mit der Faust, dann zog er Saban von dem Grabhügel herunter. »Wir folgen einem
Weg Richtung Norden«, tat er kund, »dieser Weg führt durch einen Wald und dann
über einen Bach, bevor er in den geheiligten Pfad einmündet.« Der geheiligte
Pfad würde sie schließlich in Cathallos Tempel führen.
Das Urinieren auf die Gebeine von Cathallos Ahnen hatte
die Stimmung der Krieger beträchtlich gehoben und
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