Cromwell, Bernard
heraufgeschleppt hatten.
»Treibt sie an!«, rief Saban. »Treibt sie an!« Die Ochsen
senkten die Köpfe und stemmten die Hufe in den Boden, der zitternde Dreifuß
ächzte und knarrte, als sich der Stein langsam, ganz langsam aufrichtete und
seine Vorderkante Rillen in den Holzbohlen an der Stirnwand des Loches
hinterließ. Aber je weiter sich der Stein aufrichtete, desto leichter wurde
das Ziehen, weil die Seile, die über den Scheitelpunkt des Dreifußes liefen,
jetzt einen rechten Winkel zu dem Stein bildeten. Saban beobachtete die schwierige
Steinsetzung mit angehaltenem Atem, und immer noch richtete sich der Stein
weiter auf, sein Fuß glitt knirschend über die Holzverkleidung an der Stirnwand
des Loches. Hektisch warfen die Sklaven körbeweise Kreidegeröll und
Kieselsteine in die Grube, um den Stein von hinten zu stützen, sodass er - falls
er tatsächlich kippte und zurückfiel - nicht völlig zusammenbrechen würde.
»Treibt sie an! Treibt sie an!«, schrie Camaban, und die
Stachelstöcke wurden geschwungen, die Zugriemen zitterten, die Ochsen bluteten,
und der Stein bewegte sich rumpelnd aufwärts.
»Langsam jetzt! Ganz langsam!« warnte Saban. Der Pfeiler
stand jetzt fast senkrecht, und wenn die Ochsen weiterhin so heftig zogen,
bestand die Gefahr, dass der Stein nach vorn kippte und aus seinem Bett
herausgerissen wurde. »Nur noch einen einzigen Schritt!«, rief Saban. Ein
letztes Mal wurden die Ochsengespanne angetrieben, und der Stein neigte sich
noch ein Stückchen mehr — dann übernahm sein Eigengewicht den Rest: Der Pfeiler
richtete sich zu seiner vollen Höhe auf, während er mit einem Übelkeit
erregenden Krachen gegen die schützenden Holzbohlen schlug. Saban hielt den
Atem an, aber der Stein blieb, wo er war; nun schrie er den Sklaven zu, die die
verbliebenen Räume um den Stein aufzufüllen und die Füllung festzustampfen.
Camaban hüpfte unbeholfen auf und nieder, und Haragg weinte vor Freude. Der
erste, der höchste Stein des neuen Tempels war aufgestellt.
Die Seile wurden entfernt, das Loch war gefüllt, und
endlich konnte Saban zurücktreten und betrachten, was er vollbracht hatte.
Er erblickte ein Wunder, das sämtliche Wunder von Cathallo
übertraf — ein Wunder, wie es noch kein Mensch auf der ganzen Welt jemals
gesehen hatte.
Vor Saban erhob sich ein Stein, der so hoch wie ein Baum
aufragte.
Das Herz schwoll ihm vor Stolz, als er den Tempelpfeiler
betrachtete, und in seinen Augen standen Tränen. Der Stein hob sich als eine
hohe, schmale, erhaben wirkende Silhouette gegen den grauen Winterhimmel ab.
Er sieht, dachte Saban, absolut erhaben aus. Überwältigend. Seine Glätte und
Form war Ehrfurcht gebietend — er dominierte vollkommen die weite hügelige Landschaft.
Er ragte hoch über dem Mutterstein auf, den Saban bisher immer für so riesig
gehalten hatte, übertraf alle anderen.
»Er ist herrlich«, sagte Camaban mit großen Augen. »Es ist
Slaols Werk«, flüsterte Haragg demütig. Selbst die Sklaven waren beeindruckt.
Auch sie hatten ihren Beitrag geleistet und betrachteten den Steinpfeiler
voller Staunen. In keinem ihrer Stämme, in keinem ihrer Tempel, in keinem ihrer
Länder und in keinem ihrer Träume gab es einen Stein, so groß und vollkommen
geformt und stark. In diesem Moment wusste Saban, dass die Götter Camabans
Vision einfach anerkennen mussten, und sogar Kilda zeigte sich beeindruckt.
»Und du wirst noch einen Stein auf diesen Pfeiler drauflegen?«, fragte sie
Saban an diesem Abend.
»Das werden wir tun«, sagte er, »denn das ist nur ein
Pfeiler eines Bogens.«
»Aber du weißt immer noch nicht, wie?«
»Vielleicht werden die Götter es mir verraten«, raunte er.
Sie standen allein neben dem großen Stein. Die abendliche Dunkelheit senkte
sich herab, ließ den grauen Fels schwarz erscheinen. Saban blickte an dem
hohen Großstein hinauf und war abermals überwältigt, erstaunt darüber, dass er
es jemals geschafft hatte, diesen Riesen zu transportieren, ihn zu formen und
aufzustellen; jetzt stand es endgültig fest, dass er den Plan vollenden würde.
Es gab Männer, die sagten, ein solcher Tempel wäre nicht machbar, und selbst
Camaban wusste nicht, wie man es zu Wege brachte, aber Saban wusste, es würde
ihm gelingen. Und er fühlte eine plötzliche Gewissheit, dass er durch den Bau
des Tempels die Götter besänftigen könnte, sodass sie ihm den Meineid
vergaben, den er auf Lallics Leben geschworen hatte. »Manchmal denke ich«,
sagte er zu Kilda,
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