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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stonehenge
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Pfeiler
zu kurz und stand auf einem lächerlich unförmigen Fuß in einem Loch, das zu
flach war - dennoch erschien ihm der Torbogen prachtvoll, ja, raubte ihm
förmlich den Atem. Er ragte so unglaublich empor, dass es aussah, als stieße
er an die Wolken. Und sein Deckstein — ein Granitblock, der so schwer war,
dass sechzehn Ochsen nötig gewesen waren, um ihn von Cathallo nach Ratharryn zu
schleppen — schien jetzt unter dem Himmel zu schweben, weit außerhalb
menschlicher Reichweite. Er würde dort bis in alle Ewigkeit bleiben, und Saban
erschauerte, als er sich fragte, ob wohl irgendein Irdischer jemals wieder eine
so große Last so hoch in den Himmel heben würde. Als er sich umwandte, blickte
er auf die Sonne, die gerade hinter blassen Wolken am westlichen Horizont
unterging. Slaol würde ihn für seine Arbeit sicherlich damit belohnen, dass er
Lallic am Leben ließ; diese Hoffnung trieb Tränen in Sabans Augen, und er sank
mit gebeugter Stirn zu Boden.
    »Wie viele Tage hat es gedauert?«, wollte Camaban wissen.
    »Etwas länger als einen ganzen Mond«, antwortete Saban,
»aber bei den anderen Decksteinen wird es schneller gehen, denn die Pfeiler
sind kürzer.«
    »Es sind noch vierunddreißig weitere Steine hochzuschaffen!«,
brüllte Camaban. »Das macht drei volle Jahre!« Er schrie seine Enttäuschung in
die Luft — dann wandte er sich ab, um auf die Sklaven zu starren, die damit
beschäftigt waren, die restlichen Pfeiler des Himmelsrings zu behauen und
glatt zu schleifen. »Nicht jeder Stein muss vollkommen geformt sein«, erklärte
Camaban. »Wenn sie annähernd vierkantig sind, dann stell sie auf. Lass die
Außenflächen sein, sie können ebenso gut rau und uneben bleiben.«
    Ungläubig starrte Saban seinen Bruder an. »Du willst, dass
ich was tue?«, fragte er. Jahrelang hatte
Camaban auf Vollkommenheit gepocht, und jetzt war er plötzlich bereit, nur halb
behauene Steine zu akzeptieren?
    »Tu einfach, was ich dir sage!«, brüllte Camaban, dann
fuhr er zu den Sklaven herum. »Keiner von euch wird nach Hause gehen, bis die
Arbeit erledigt ist, keiner von euch! Also arbeitet! Arbeitet! Arbeitet!«
    Man konnte jetzt schon erkennen, wie der fertige Tempel
aussehen würde; denn die letzten Pfeiler wurden aufgestellt und von Westen und
Norden aus betrachtet sah der Kreis bereits vollständig aus. Das Sonnenhaus
wurde vollendet und ragte über dem wachsenden Kreis von Steinen auf; oft trat
Saban hundert oder mehr Schritte zurück, um das zu betrachten, was er
erschaffen hatte, und sich dem Staunen hinzugeben. Er hatte viele Jahre harter
Arbeit gekostet, dieser Tempel, aber er war herrlich! Am allermeisten liebte
Saban das Muster von Schatten, das der Tempel warf - ebenmäßig und geradlinig
- und anders als alle Schatten, die er je zuvor gesehen hatte. Jetzt begriff
er, dass er daran teilhatte, wie das zerbrochene Muster der Welt auf dieser
Hügelflanke Stück für Stück wieder zu einem harmonischen Ganzen zusammengefügt
wurde, und in solchen Augenblicken bewunderte er den Traum seines Bruders. Bei
anderen Gelegenheiten stellte er sich in die Mitte des Heiligtums, und dann
fühlte er sich von den hohen Pfeilern und ihren Schatten regelrecht erdrückt.
Selbst an den sonnigsten Tagen herrschte immer eine gewisse Dämmerung im
Inneren des Steinkreises, die sich drohend auf ihn herabzusenken schien, sodass
er einfach nicht die Furcht loswurde, einer der Decksteine könnte herabstürzen.
Natürlich würde das nicht passieren, denn die Decksteine waren mit Zapfen
befestigt, und die Pfeilerspitzen hatten außerdem noch einen schmalen Rand,
auf dem die Steine fest und sicher ruhten; trotzdem fühlte Saban sich von der
dunklen Wuchtigkeit des Tempels erdrückt, ganz besonders dann, wenn er neben
Haraggs Gebeinen auf dem schmalen Streifen neben dem höchsten Torbogen und dem
Mutterstein stand. Doch wenn er sich von dem Tempel entfernte, den Graben überquerte
und sich dann entschloss, ihn erneut zu betrachten, verschwand die
niederdrückende Düsterkeit.
    Dieser Tempel war nicht klein und schmächtig, so wie die
Steine aus Sarmennyn hier anfangs gewirkt hatten. Er stand genau an der
richtigen Stelle, erschien keineswegs winzig im Vergleich zu dem hohen, weiten
Himmel und den endlosen, grasbewachsenen Hügelflanken, sondern wirkte groß und
erhaben. Besucher, von denen bereits einige aus den fremden Ländern von jenseits
der Meere eintrafen, sanken stets ehrfurchtsvoll auf die Knie, wenn sie die
hoch aufragenden

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