Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stonehenge
Vom Netzwerk:
wurden sie als Kreise erbaut? Die einfachste Antwort
ist, dass sie am Ende einer langen Tradition von kreisförmigen Bauten errichtet
wurden, obwohl das an der eigentlichen Frage vorbeigeht. Manchmal zogen es die
Menschen der Jungsteinzeit vor, Reihen von Steinen aufzustellen, so wie
diejenigen in Carnac in Frankreich oder die kleineren Reihen in Dartmoor.
Gelegentlich schütteten sie mysteriöse Erdwälle auf, die sich meilenweit durch
die Landschaft zogen (der Stonehenge Cursus im Norden des Monuments ist ein
Beispiel dafür); dennoch entschieden sie sich in der überwältigenden Mehrzahl
der Fälle für ein kreisförmiges Heiligtum — wobei die am häufigsten vertretene
Ansicht lautet, dass der Kreis den Himmel symbolisierte, den Horizont oder auch
die Natur des Daseins, den ewigen Kreislauf von Leben und Tod. Dennoch
erscheint es unwahrscheinlich, dass eine so mächtige Tradition ausschließlich
auf Metaphern beruhen sollte; es ist eher wahrscheinlich, dass die Metapher
einen praktischen Zweck untermauerte, der dergestalt gewesen sein könnte, dass
die frühesten Anhänger der henge -Religionen
himmlische Phänomene beobachten wollten, die über den gesamten Himmel verstreut
auftraten. John North vermutet, dass sie mit den langen Hügelgräbern begannen,
jenen eigenartig gratförmig aufgeschütteten Grabhügeln, die man auch heute noch
überall in Großbritannien antrifft, und dass die Erbauer dieser Hügelgräber den
langen Grat des Hügels als einen künstlichen Horizont benutzten, über den sie
Fixsterne, Planeten, die Sonne und den Mond anvisierten. Holzpfeiler dagegen
fixierten ihre Beobachtungen. Aber ein Hügelgrab ist für solche Beobachtungen
nur von beiden Seiten seiner langen Achse aus brauchbar, während ein
kreisförmiger Wall, ein henge, bequem für
jeden Quadranten des Himmels benutzt werden kann und das Innere des henge einen
zweckmäßigen Ort zum Aufstellen von Visierpfeilern bildet; damit begann die
Tradition kreisförmiger Tempel. Als die Tempelbauer Avebury und Stonehenge
errichteten, arbeiteten sie also innerhalb einer Tradition, nur dass sie diese
Tradition zu neuen Gipfeln der Erkenntnisse führten. Sie wollten ganz
zweifellos beeindrucken. Gott mag zwar von einem Küchentisch aus ebenso
angemessen verehrt werden können wie in einer Kirche - aber jemand, der eine
Kathedrale betritt, wird wahrscheinlich eher von Ehrfurcht und Erstaunen
ergriffen werden, denn die Erbauer schufen etwas Fantastisches, das das
Alltägliche und Gewöhnliche weit übertraf; genauso verhält es sich mit
Stonehenge und Avebury. Sie sind Tempel, die das Ehrfurcht gebietende Mysterium
des Unbekannten widerspiegeln sollen. Die Menschen der Jungsteinzeit konnten
den Stand der Sonne bei ihrem Untergang am Tag der Wintersonnenwende effektiv
mit zwei kurzen Holzpfeilern markieren; aber die Pfeiler hätten nicht annähernd
die gleiche Wirkung gehabt wie der Anblick von Stonehenge, wenn man sich dem
Tempel entlang seinem Prozessionsweg näherte und die mächtigen Trilithen wie
dunkle Schemen am Horizont aufragen sähe. Dann würde jener atemberaubende
Augenblick kommen, in dem das Land in den langen, von den Steinen geworfenen
Schatten eingehüllt war, und in der Mitte dieses Schattens würde ein letzter
Strahl der Sonne wie eine Lanze schräg auf den Altarstein fallen. Dieser
riesige Schatten sowie jener letzte fahle Lichtstrahl waren das, was die
Erbauer von Stonehenge vollbrachten.
    Aber genauso wie eine Kathedrale (das Wort stammt aus dem
Lateinischen und bedeutet »Thron«) nicht ausschließlich für die hin und wieder
stattfindende Inthronisierung eines Bischofs erbaut wird, so wurde auch Stonehenge
nicht nur für die größten Augenblicke des Sonnenjahres konstruiert. Es muss
einer Vielzahl von Riten und Zeremonien gedient haben, von denen viele mit der
tausendjährigen Tradition des henge -Bauens
untergingen. Wir wissen nicht, welcher Art diese Riten waren, aber wir können
es vermuten — denn die Wünsche und Forderungen der Menschheit an die Götter
sind sich im Grunde immer ziemlich gleich geblieben. Es gibt Rituale für den
Tod (Beerdigungen), für Sex (Hochzeiten), um Dank zum Ausdruck zu bringen
(Erntefeste), um etwas zu erbitten (Gebetsversammlungen), für Phasen des
Übergangs (Taufe, Erstkommunion oder Konfirmation), um weltliche,
nichtkirchliche Macht zu feiern (Krönungen oder große Staatsereignisse), sowie
die regulären Gottesdienste, die noch immer das Kirchenjahr durchziehen.
Zweifellos spielten

Weitere Kostenlose Bücher