Cromwell, Bernard
damit
gebrüstet, niemals eine Axt in der Hand gehalten zu haben — also soll er gefälligst
im Jenseits eine halten. Er kann auch einmal Bäume fällen, so wie ich es immer
getan habe.«
»Und schließlich wird er in Lahannas Obhut gelangen«,
sagte Derrewyn mit einem zahnlosen Lächeln.
»Es hat ganz den Anschein«, erwiderte Saban.
»Dann soll er ihr ein Geschenk von mir überreichen.«
Derrewyn kletterte in die Grube hinunter und legte Camaban die drei Goldrauten
auf die Brust. Die große kam in die Mitte und die beiden kleineren rechts und
links davon. Ein Rotkehlchen ließ sich auf dem Rand der Grube nieder — Saban
fasste die Ankunft des Vogels als ein Zeichen dafür auf, dass die Götter das
Geschenk annahmen.
Saban half Derrewyn, aus dem Grab herauszusteigen. Er warf
einen allerletzten Blick auf die Gebeine seines Bruders, dann wandte er sich
ab. »Schüttet das Grab zu«, wies er die wartenden Männer an, und so scharrten
sie Erde und Kreidegeröll auf Camabans Leichnam und stampften den Grabhügel
fest, der zusammen mit den Gräbern der übrigen Ahnen auf der grasbewachsenen
Anhöhe oberhalb des Tempels die Jahrhunderte überdauern sollte.
Saban ging nach Hause.
Es war Abend, und die Steine warfen lange Schatten in
Richtung Ratharryn. Sie ragten hoch in den Himmel hinauf, grau und wuchtig und
Ehrfurcht gebietend, wie nichts sonst auf der ganzen Welt! - aber Saban blickte
nicht zurück. Er wusste, dass er etwas Großartiges erbaut hatte und dass die
Menschen in diesem Tempel beten würden, bis die Zeit selbst endete - aber er
blickte nicht zurück. Mit Derrewyn am Arm ging er davon, hinaus aus den langen
Schatten des Tempels.
Es mussten Fischreusen ausgebessert und Waldboden gerodet,
Felder bestellt und Streitigkeiten geschlichtet werden.
Hinter Saban und Derrewyn flammte die untergehende Sonne
im höchsten Torbogen des Tempels auf. Sie strahlte dort für eine kurze Weile,
umrahmte die Steine mit blendend hellem Licht; dann versank sie am Horizont,
und in der einfallenden Dämmerung färbte sich der Tempel so schwarz wie die
Nacht. Der Tag wich der Dunkelheit, und die Geister ergriffen Besitz von den
Steinen. Man sagt, sie herrschen dort auch noch heute.
Historische Anmerkungen
E s liegt natürlich auf der Hand,
dass alle Personen und alle Gottheiten in diesem Roman frei erfunden sind. Das
Stonehenge, das wir heute sehen, ist die Ruine eines offenbar sakralen
Monuments, das gegen Ende des dritten Jahrtausends v. Chr., zu Beginn der
Bronzezeit, in Britannien erbaut wurde; Aufzeichnungen über Könige,
Clanführere, Köche oder Zimmerleute aus jenem Zeitalter gibt es nicht. Dennoch
sind einige der Einzelheiten in diesem Roman den archäologischen Berichten über
diesen Ort entliehen. Tatsächlich hat man einen Bogenschützen mit einem
steinernen Armschutz gefunden, der neben dem Nordosteingang von Stonehenge
begraben lag und allem Anschein nach mit drei Pfeilen aus nächster Nähe
erschossen worden war. Die drei Goldrauten, die goldene Gürtelschnalle, die
Messer, Äxte und rituellen Streitkolben wurden in einem der Grabhügel in unmittelbarer
Nähe des Monuments entdeckt und sind heute im Devizes Museum ausgestellt.
Ratharryn ist der Ort, den wir jetzt Durrington Walls nennen, und sein riesiger
Ringwall stellt eine der großen Leistungen der Menschen der Jungsteinzeit dar,
obwohl er heute nur mehr als Schatten auf dem Boden zu erkennen ist.
Wahrscheinlich gab es zwei Tempel innerhalb des Ringwalls und direkt außerhalb
davon noch einen dritten, der jetzt Woodhenge heißt; alle diese Heiligtümer
lagen in unmittelbarer Nachbarschaft von Stonehenge, das in diesem Roman der
Alte Tempel oder auch der Himmelstempel genannt wird. Cathallo ist heute Avebury;
der lang gezogene Hügel, wo Camabans Krieger auf die Gebeine von Cathallos
Ahnen urinierten, liegt bei West Kennet; der kleine Tempel am Ende der heiligen
Avenue ist das Allerheiligste; und der heilige Grabhügel ist natürlich Silbury
Hill — alle diese Stätten können noch immer besichtigt werden. Drewenna ist
Stanton Drew, Maden ist heute Marden, und Sarmennyn ist der Südwesten von
Wales. In Stonehenge selbst werden die »Mondsteine« jetzt die Station Stones —
Stationssteine — genannt, während der »Sonnenstein« der Heel Stone oder
Altarstein ist. Das Wort »henge« habe ich ganz bewusst nicht in meinem Roman
benutzt, weil es in diesem Zusammenhang keinen Sinn ergeben hätte. Die
Angelsachsen wandten dieses Wort ursprünglich
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