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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stonehenge
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Küchentisch
ebenso wirksam tun wie in der Kirche — aber das ist kein zwingendes Argument
dafür, die Kathedrale von Salisbury abzureißen. Und Kathedralen haben uns
tatsächlich etwas über Stonehenge zu sagen. Wenn Archäologen heute in
viertausend Jahren die Überreste einer Kathedrale entdecken sollten, könnten
sie aus den Ruinen des Gebäudes alle möglichen Dinge schließen; aber als
Erstes fiele ihnen wahrscheinlich ins Auge, dass das Gebäude der aufgehenden
Sonne zugewandt lag — was sie auf die durchaus nicht unlogische Vermutung
bringen könnte, dass die Christenheit einen Sonnengott anbetete. In Wahrheit
hat die Ost-West-Ausrichtung der meisten christlichen Kirchen jedoch nichts mit
der Sonne zu tun. Dennoch würde sich daraus vermutlich die Theorie entwickeln,
dass das Christentum eine Sonnenreligion war (während die Häufigkeit von
Kruzifixen unsere zukünftigen Archäologen vielleicht davon überzeugen wird,
dass die Christen die schreckliche Angewohnheit hatten, ihrem Gott
Menschenopfer darzubringen); und niemals kämen sie auf die große Auswahl
anderer Aktivitäten — Hochzeiten, Krönungsfeiern, Beerdigungen, Messen, Gottesdienste,
Konzerte —, die in dieser Kathedrale stattfanden. Genauso verhält es sich wohl
mit Stonehenge. Wir können zwar die Ausrichtung zur Sonne und zum Mond hin
erkennen (und müssen hoffen, dass wir uns im Gegensatz zu unseren imaginären
zukünftigen Archäologen in diesem Punkt nicht völlig irren); aber wir können
nicht erkennen, welche anderen Aktivitäten zwischen den Steinen stattfanden.
    Stonehenge muss auf alle Fälle ein kultisches Zentrum
gewesen sein, das für eine Vielzahl von religiösen Aktivitäten genutzt wurde,
jedoch trotzdem auf signifikante Ereignisse im Sonnenzyklus ausgerichtet war —
Ereignisse, die, für welche Religion jener Epoche auch immer, wichtig gewesen
sein mussten. Aber Stonehenge ist nicht aus dem Nichts entsprungen. Das
Monument, das wir sehen, ist lediglich die letzte Phase eines sehr langen
Entwicklungsprozesses, der hunderte von Jahren dauerte, und Überreste dieses
Prozesses sind in ganz England verstreut. Die meisten henges sind
kreisförmige Einfriedungen, gebildet durch Wälle und Gräben. Das ist ein recht
einfaches Konzept und lässt darauf schließen, dass es sich um die Abgrenzung
eines geheiligten Ortes handelte; aber es wurde durch den Zusatz von
Holzpfeilern innerhalb des Kreises kompliziert, die mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit für die Beobachtung kosmischer Phänomene benutzt wurden. Im
Laufe der Zeit waren diese Kreise aus Holzpfeilern immer häufiger anzutreffen,
bis es schließlich in ganz Britannien zahlreiche henges dieser Art
gab: Wahre Wälder von Pfeilern, die sich in konzentrischen Kreisen innerhalb
ihrer Erdwälle drängten. Einen solchen Tempel aus Holzpfählen gab es auch in
Stonehenge selbst; ein weiterer dieser Art stand gleich nördlich davon, an
einem Ort, der heute Woodhenge heißt; mindestens zwei weitere befanden sich in
der Nähe von Durrington Walls, und ein vierter, Coneybury Henge (das
»Totenhaus«) stand nur eine Meile südöstlich von Stonehenge.
    Noch später wurden dann einige der Holzpfeiler durch
Steine ersetzt, und diese Steinkreise sind das, was wir heute noch sehen. Sie
reichen vom Norden Schottlands bis zum Westen von Wales und zum Süden Englands.
Einige sind Doppelkreise, einige haben Straßen, die auf ihren Mittelpunkt
zulaufen, andere haben »Buchten« wie diejenigen bei Avebury; keine zwei davon
sind gleich; dennoch stechen zwei von ihnen, lediglich zwanzig Meilen
voneinander entfernt, obwohl grundverschieden voneinander, durch ihre lang
Komplexität hervor: Avebury und Stonehenge. Es überrascht daher nicht zu
erfahren, dass diese Monumente den Gipfel der Tradition des Tempelbaus im
Süden von Britannien darstellen (im Norden und Westen sollten noch weitere tausend
Jahre lang neue Tempel erbaut werden), und diese Tradition ist leicht zu
verstehen. Die Menschen der Jungsteinzeit erbauten ihre Tempel größtenteils in
Form von Kreisen und benutzten sie, um astronomische Phänomene zu beobachten,
die in enger Verbindung zu ihrem religiösen Glauben standen. Der Unterschied
zwischen, sagen wir, den Rollright Stones in Oxfordshire und Stonehenge in
Wiltshire braucht nicht betont zu werden — der eine Tempel mutet ziemlich
simpel an, und der andere ist ein exquisit konstruiertes, Ehrfurcht gebietendes
Bauwerk — dennoch sind aber beide im Grunde gleich.
    Warum

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